Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

Monatsschrift des Württembg. Vereins für Rauhende in Stuttgart. 
Nr. 3 
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Dresden=Berlin, den 21. Februar 1901. 
Den geehrten Vorständen der Einzelvereine teilen wir hierdurch ergebenst mit, dass die erste Lieferung des vom Ver 
bände unternommenen, von Gerhardt Kühtmann, Dresden, verlegten Werkes: 
„Das Bauernhaus im Deutschen Reiche und in seinen Grenzgebieten“ 
vor Kurzem erschienen ist. 
Das 10 Lieferungen mit je 12 Bildtafeln von 48/34 cm Grösse umfassende, 100 Folioseiten Text mit eingedruckten Ab 
bildungen enthaltende Gesamtwerk wird den Mitgliedern der Einzelvereine, jedoch nur bei Bezug durch die Vereine selbst, zum 
Vorzugspreise von 30 Mark (Ladenpreis bei Subskription 60 Mark, später 80 Mark) durch die Verlagsbuchhandlung geliefert. Die 
Bestellungen sind durch die Vereine unmittelbar an den Verleger zu senden. 
Wir richten daher an die Vorstände der Einzelvereine die sehr ergebene Bitte, eine Bezugsliste auslegen und die Mit 
glieder besonders auf das Werk hinweisen zu wollen. Wir hoffen auf eine möglichst starke Beteiligung der Verbandsmitglieder, 
damit das mit so grossen Mühen und Mitteln unternommene schöne Werk in den weitesten Kreisen Verbreitung finden möge. 
Der Vorstand des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine: 
Der Vorsitzende: Der Geschäftsführer: 
gez. Waldovy. gez. Eiselen. 
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Ueber Karolingische Pfalzen. 
Vortrag, gehalten in der dritten ordentlichen Versammlung am 12. Januar 1900 von Herrn Kunstmaler Max Bach. 
uralte Name Palatium ursprünglich wohl Waideplatz | 
ist im Laufe der Zeit fast in alle Sprachen des modernen J 
Jpg!)!] Europas übergegangen und bezeichnet in der Form 
Palast und Pfalz einen königlichen Wohnsitz. In Rom j 
hiess der Hügel, auf welchem die Kaiserpaläste gestanden sind, 
der „palatinische“ und schon im sechsten Jahrhundert bezeichnete J 
man die Burg Theuderichs in Ravenna gleichfalls mit dem 
Namen Palatium. Auch in Deutschland haben sich aus der 
Zeit des Kaisers Konstantin Reste eines Palastes erhalten und 
zwar zu Trier. Es ist eine regelmässige in sich abgeschlossene 
Anlage, jedoch ohne Peristil; in der Hauptachse liegt zunächst 
die dreischiffige Aula regia oder Basilica mit halbkreisförmiger 
Nische, ein Vorsaal und dann das grosse durch drei Exedren 
ausgezeichnete Triclinium oder Speisesaal. An diese Haupt 
räume Schliessen sich rechts und links grosse und kleinere 
Säle und Nebenräume an, deren Bestimmung nicht mehr zu 
ermitteln ist. Das Aeussere des Baues war sehr einfach, 
ganz aus Kalk und Backsteinen ausgeführt und verputzt. Das 
Triclinium hatte hohe zweifach überein anderstehende Bogen 
fenster in den Absiden, deren Mauern noch bis zu 61 Fuss 
erhalten sind. 
Ungefähr gleichzeitig erbaute Konstantin der Grosse in 
der neuen Hauptstadt des römischen Reichs zu Konstantinopel 
einen umfangreichen Palast, von welchem zwar keine Reste 
mehr übrig, der aber von den byzantinischen Schriftstellern 
öfter beschrieben und erwähnt wird. Die ganze grosse Anlage 
zog sich von der Sophienkirche bis zum Marmara-Meere, dabei 
lag ein grosses Stadion ähnlich wie in Rom. Den Uebergang 
zum mittelalterlichen Palastbau bilden dann die Kaiserpaläste 
von Spalato und Ravenna (Theuderich d. Gr.), deren 
Fa^adenschmuck aus Blendarkaden besteht, die von Wandsäulen 
auf vorspringenden Gonsolen getragen werden. Von hohem 
Interesse sind die Ravennatischen Details, welche mit den her 
gebrachten klassischen Formen schon vollständig gebrochen 
haben. 
Ueber die Merovingischen Pfalzen hat man nur 
schriftliche Nachrichten; dieselben bestanden gewöhnlich aus zwei 
Teilen, deren jeder einen Hof hatte. In dem einen Theil der villa 
urbana lag das Hauptgebäude, die Wohnung des Königs, daran 
schloss sich der grosse Festsaal, in welchem die grossen Ver 
sammlungen und dergl. abgehalten wurden. Ringsum standen 
die Wohnungen der Beamten und des Gefolges. An diesen 
Hof schloss sich ein zweiter an, die sogenannte villa rustica; 
in derselben befanden sich die Wohnungen der untergeordneten 
Beamten und des Oekonomie-Personals, dann Ställe und Vor 
rathskammern, häufig auch eine Kapelle. Das Ganze war durch 
einen Graben eingeschlossen und verpalissadiert. Die Gebäulich 
keiten bestanden meist nur aus dem Erdgeschoss und die An 
lage war so getroffen, dass der Zugang immer nur vom Hof 
aus geschehen konnte. Gregor von Tour sagt, dass den Ge 
bäuden entlang Portiken oder Säulengänge von Holz angebracht 
und mit grellen Farben bemalt waren. 
Noch im vorigen Jahrhundert war ein derartiger Bau in 
Frankreich grösstenteils erhalten und zwar zu Verberie bei 
Compiegne. Der bekannte französische Architekt Viollet-le-Duc | 
gibt im VII. Band seines Dictionnairs im Eingänge des Artikels j 
Palais eine Beschreibung dieser Pfalz, welche Carlier in seiner | 
Geschichte des Herzogtums Valois (Paris 1764) uns aufbehalten | 
hat. Hier wird besonders der grosse Saalbau erwähnt, welcher ,| 
als das Hauptgebäude anzusehen ist das an einem grossen J 
Hof gelegen, den Abschluss des Ganzen gegen Westen bildete. | 
Dieser Saalbau hiess in latinisiertem Deutsch Mallobergium, 4 
seine Bestimmung als Gerichtsstätte anzeigend. Der ganze 
Palast hatte von Westen nach Osten eine Länge von 240 Toisen, I 
an der Ostseite bildete die Kapelle den Abschluss, deren Bau 1 
Karl dem Grossen zugeschrieben- wird und die noch im vier- 1 
zehnten Jahrhundert seinen Namen getragen haben soll. Zwischen 1 
beiden befand sich eine lange Reihe von Gebäuden verschiedener I 
Art und Grösse; den Mittelpunkt aber soll ein prachtvolles - 
zweistöckiges Gebäude von grosser Höhe eingenommen haben, ^ 
dessen Errichtung ebenfalls Karl dem Grossen zugeschrieben j 
wird. Diese Pfalz war eine der vielen, welche die Könige im J 
Reiche besassen — im Ganzen waren es .deren etwa 150 
und welche sie nötig hatten, da sie nicht regelmässig in einer | 
Residenz lebten. Sie wurden als villae angesehen, welche die 
Mittelpunkte des landwirtschaftlichen Betriebs des Hofes bildeten, | 
wo umfangreiche Vorräte aufbewahrt wurden. 
Von den Pfalzen Karls des Grossen haben sich noch j 
wesentliche Reste erhalten und zwar zu Aachen, Ingelheim 1 
und Nymwegen. 
Aachen erscheint erstmals urkundlich aus dem Dunkel Ht 
der Geschichte im Jahre 753 unter König Pipin als Aquis | 
granum und als königliche Pfalz (palatium regiuml, wo der 3 
König nicht blos residiert, sondern auch grosse Kirchenfeste J 
feiert. Wo aber damals die Könige sich aufhielten und Feste II 
feierten, da hatten sie auch ein königliches Gefolge um sich H 
und empfingen fremde Gesandtschaften, so dass wir uns den . 
Ort „Aha“ nicht zu unbedeutend denken dürfen. Schon die 1 
Römer hatten hier die warmen Quellen benützt und umfang-■ 
reiche Badeanlagen angelegt, die an der Südostecke des Markt- I 
hügels liegen. Die Pfalz lag auf dem Ausläufer eines von j 
Westen herkommenden Bergrückens an der Stelle des jetzigen | 
Marktplatzes, wo man sich die villa urbana oder den oberen 1 
Pfalzhof zu denken hat. An der Stelle des Rathauses lag das W 
Hauptgebäude, der Festsaalbau, und dahinter erstreckte sich der -j 
untere Hof bis zur Palatialkapelle dem jetzigen Dom. 
Es unterliegt keinem Zweifel, dass an der Stelle des Rat- 
hauses in karolingischer Zeit jener Festsaal stand, welcher bis 1 
auf Rudolph von Habsburg zur Veranstaltung des Krönungs- 1 
mahles diente, dann aber in Verfall kam und um die Mitte 
des 14. Jahrhunderts von der Stadt erneuert und zum Rathaus t 
umgebaut wurde. Die erwähnten Grundmauern liegen im J 
Kellergeschoss des Rathauses, und zwar unter und zwischen 
dem karolingischen Mauerwerk. Sie lassen sich als merovingisch- i 
fränkisch dadurch erkennen, dass der Mörtel aus nur mittel- t 
massig gelöschtem Kalk und Aachener Grünsand besteht, 
während der karolingische Mörtel eine Zusammensetzung von ' 
gut gelöschtem Kalk, scharfem Sand, kleinen Kieseln und
	        

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