Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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selben konstruiert und ausgeführt worden sind. (Die Vorträge der 
obengenannten Herren werden in der Monatsschrift zum Abdruck ge 
langen.) 
Der Vorsitzende dankt den Rednern für ihre interessanten und 
eingehenden Mitteilungen, gedenkt dabei der Verdienste des Präsidenten 
v. Leibbrand um die rasche Durchführung der Wiederherstellungs 
arbeiten und giebt dem Bedauern Ausdruck, daß derselbe leider durch 
Krankheit verhindert sei, dem heutigen Abend anzuwohnen. 
Trotz der vorgerückten Stunde schließt sich an die Vorträge 
noch eine lebhafte Diskussion, an der sich die Herren Laißle, Kölle, 
Roller, v. Euting, Lueger und Gugenhan beteiligen. 
Der Hauptpunkt der Diskussion, bezüglich dessen die Anschauungen 
auseinander gehen, bildet die Größe der Niederschlagsmenge, welche 
der Berechnung der Durchflußweite der neuen Brücken, sowie der 
Querschnittsbestimmung für die Eyach-Korrektion zu Grunde gelegt 
wurden. Seitens der K. Ministerialabteilung für den Straßen- und 
Wasserbau wurde auf Grund der an Ort und Stelle unmittelbar 
nach der Hochwasser-Katastrophe angestellten Erhebungen für die 
Strecke von Pfäffingen bis Lautlingen eine abzuführende Nieder 
schlagsmenge von 8,6 cdm pro qkm und Sekunde, für den unteren 
Teil der Eyach eine solche von 3 cdm angenommen. 
Lueger hält das Maß von 8,6 cdm für viel zu hoch und 
ist der Ansicht, daß diese große Abflußmenge nur dadurch entstanden 
sei, daß infolge des Wolkenbruchs vor den Brücken Bäume und Holz 
angeschwemmt wurden, welche einen großen Aufstau und nach der 
Zerstörung der Brücke die abnorm hohe Flutwelle verursacht haben. 
v. Euting und Gugenhan widersprechen den Ausführungen 
Luegers und suchen nachzuweisen, daß die angenommenen 8,6 cdm 
ohne den Einfluß des Aufstaus zum Abfluß gekommen seien. Bei 
der Beschaffenheit der nicht bewaldeten, nur mit steilen Grashängen 
bewachsenen Berge des Einzuggebiets der Eyach sei weder mit einer 
starken Versickerung, noch mit einer erheblichen Verdunstung zu rechnen; 
es fließe vielmehr nahezu das ganze Niederschlagswasser ab. 
Gugenhan weist noch darauf hin, daß bei der Korrektion 
der Dreisam im badischen Schwarzwald eine Niederschlagsmenge von 
6,5 cdm pro qkm angenommen worden sei, obwohl dort ein großer 
Teil des Niederschlagsgebiets bewaldet ist. 
Laißle ist gleichfalls auf Grund seiner Erfahrungen der 
Meinung, daß die Niederschlagsmenge von 8,6 cdm bei Wolken 
brüchen wohl möglich ist, und weist darauf hin, daß in Stuttgart 
schon Niederschlagsmengen von über 10 cdm beobachtet worden sind. 
Lueger erbittet sich noch Auskunft darüber, welche Maßregeln 
gegen das künftige Anpflanzen von Bäumen im Hochwassergebiet 
getroffen seien, da das Vorhandensein der Bäume bei der letzten 
Katastrophe sich als besonders verderblich herausgestellt habe. 
v. Euting erwidert hierauf, daß an der Eyach die sämtlichen 
im Hochwassergebiet des Flusses befindlichen Bäume entfernt worden 
seien. Von der Aufsichtsbehörde sei weiter die Bestimmung getroffen, 
daß jedes Jahr eine sogenannte Bachschau stattfindet, welche neben 
anderem darüber zu wachen hat, daß an der Korrektion selbst keine 
Bäume mehr gepflanzt und etwa vorhandene Gesträuche entfernt werden. 
Schluß der Sitzung 11 1 / 4 Uhr. 
Gesellige Wereinigung am 29. Januar 1898, 
verbunden mit der Besichtigung des Hotels Marquardt. 
Am Abend des 29. Januar fand sich eine große Zahl von 
Mitgliedern in Begleitung vieler Damen im Hotel Marquardt ein, 
um dasselbe unter der liebenswürdigen Führung des Besitzers und 
des Herrn Baurat Weigle zu besichtigen, wobei nicht nur mittelst 
der eleganten Aufzüge die einzelnen Stockwerke bis hinauf zu den 
höchsten, sondern auch die Souterrain-Räumlichkeiten und die aus 
gedehnten Weinkeller besucht wurden. Großes Interesse boten oie 
künstlerische Ausstattung und die Beleuchtungs-Einrichtungen der 
Säle und sonstigen für die Gäste bestimmten Gelasse dar, sowie die 
im Souterrain befindlichen Wäscherei-Einrichtungen, die für Personen- 
und Lasten-Aufzüge und für die Beleuchtung dienenden elektrischen 
Maschinen u. a. m. 
Nach der Besichtigung blieb die Versammlung noch mehrere 
Stunden im Frühstücksaal des Hotels bei lebhafter Unterhaltung in 
gehobener Stimmung beisammen. 
Dritte ordentliche Wersammkung am 5. Februar 1898. 
Vorsitzender: Mayer. Schriftführer: Hofacker. 
Anwesend: 37 Mitglieder. 
Der Vorsitzende teilt die Aufnahme der folgenden Herren in 
den Verein mit: 
Schreyer, Regierungs-Baumeister, Assistent an der technischen 
Hochschule, 
Nüßle, Regierungs-Bauführer in Balingen, 
Schmohl, Bauinspektor in Biberach, 
und als außerordentliches Mitglied Schumayer, Studierender der 
technischen Hochschule. 
Zur Aufnahme vorgeschlagen von Baudirektor v. Hänel ist 
Regierungs-Baumeister Schmohl in Balingen. 
Der Vorsitzende wirft einen kurzen Rückblick auf den Besuch 
des Hotel Marquardt durch den Verein am 29. Januar und spricht 
den Herren Baurat Weigle und Professor Ernst für die dabei 
bewiesenen freundlichen Bemühungen den Dank des Vereins aus. 
Eingelaufen sind 2 Hefte der Mitteilungen des Vereins zur 
Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens in Berlin; ferner von 
Zivilingenieur E. A. Ziffer in Wien Mitteilungen über den Aus 
flug der Mitglieder des internationalen permanenten Straßenbahn- 
Vereins nach Brüssel, Ostende und Blankenberge; endlich vom Aus 
schuß der Studierenden der technischen Hochschule zu Hannover eine 
Flugschrift „Die Technikerfcage, eine Titelfrage" (s. Heft 10, 1897). 
Der Vorsitzende macht die Mitglieder auf die nunmehr erfolgte 
Gründung der Verbandszeitschrift aufmerksam (stehe Heft 9, 1897) 
und ladet zum Abonnement auf dieselbe und zur Lieferung von 
bauwissenschaftlichen Beiträgen für dieselbe ein. 
Bezüglich des Wettbewerbs für die in San Francisco zu er 
bauende Universität verweist der Vorsitzende auf das in Nr. 102 der 
deutschen Bauzeitung Enthaltene und macht auf die im Lokal auf 
gehängten Photographien des Lageplans und das aufgelegte Programm 
aufmerksam. 
Die Mitglieder v. Egle, v. Schlierholz, v. Bok und 
v. Schübler haben die vor einiger Zeit von ihnen ausgesprochene 
Absicht, den aus dem Kriegsjahre 1870/71 stammenden Fonds zur 
Unterstützung von im Kriege verwundeten oder erkrankten Architekten 
und Ingenieuren, welcher seither von v. Bok verwaltet war, nun 
mehr dem Verein für Baukunde zur ferneren Verwaltung zu über 
geben, jetzt ausgeführt. Die darüber ausgestellte Uebergabe-Urkunde 
wird verlesen und es spricht der Vorsitzende den genannten Herren 
für die vorzügliche Verwaltung und die Uebergabe des Fonds an 
den Verein herzlichen Dank aus. 
Die aus den Herren v. Hänel, Neuffer und Reiling be 
stehende Kommission empfiehlt in ihrem Referat, den gegen eine 
Trennung des Studiums der Aspiranten des Eisenbahnbaufaches und 
derjenigen des Wasserbaues gerichteten Ausführungen des Professors 
Dietrich in Charlottenburg beizutreten und zwar sowohl vom all 
gemeinen, als auch vom speziell Württembergischen Standpunkte aus. 
Die Versammlung erklärt sich mit dem Inhalt dieses Referats 
einverstanden. 
Hierauf hält Baudirektor v. Bach einen Vortrag über die 
Frage der wahren und der scheinbaren Zugfestigkeit, insbesondere 
des Zements; der Vorsitzende bringt dem Redner dafür den Dank 
des Vereins zum Ausdruck. 
Ein Sonderabdruck des Vortrags, der Zeitschrift des Vereins 
deutscher Ingenieure entnommen, geht den Vereinsmitgliedern, soweit 
sie nicht zugleich Mitglieder des Jngenieurvereins sind, zu.
	        

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