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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Radkünde in Stuttgart.
Nr. 6
den Verein um den Vorzugspreis von 30 M. bezogen werden
kann und dass der Vorstand vorbehältlich der Zustimmung
der Versammlung beschlossen habe, Pautle zu weiteren Bauern
hausaufnahmen (im fränkischen Gebiet) einen Kredit bis zu
200 M. zu gewähren, in der Annahme, dass dieser Betrag
ganz oder zum Teil aus den vom Reich bewilligten Mitteln
wieder • ersetzt werden könne, schlimmstenfalls aber der Verein
das Ganze auf seine Kasse übernehmen müsse.
Die Versammlung stimmt dem zu. Hierauf erhält Pautle
das Wort zu den auf der Tagesordnung stehenden „Mitteilungen
über die zur Zeit in Stuttgart im Bau begriffenen Arbeiter-
Protokoll der Hauptversammlung
Vorsitzender: von Euting.
Nach Eröffnung der Versammlung gibt der Vorsitzende
zunächst die Protokolle der beiden letzten Sitzungen (16. März
und 13. April) in Umlauf und teilt anschliessend hieran die
neuesten Einläufe mit. Von diesen sind hervorzuheben: Die
Anzeige der Gründung einer Architektengilde in Hannover,
nebst Satzungen und Mitgliederverzeichnis und der von der
Kgl. Ministerialabteilung für den Strassen- und Wasserbau ein
gegangene Verwaltungsbericht über das Strassenbauwesen pro
1897/99, für welchen genannter Behörde der Dank des Vereins
ausgesprochen werden wird.
Auf die eigentliche Tagesordnung der Hauptversammlung,
die Beratung der Beschlüsse der Bremer Abgeordnetenversamm
lung vom September v. Js. über die Vereinszeitschrift, über
gehend, gibt der Vorsitzende einen kurzen Ueberblick über die
ganze bisherige Entwickelung der Angelegenheit, insbesondere
über das derzeitige Verhältnis des Verbandes zum Hannover
schen Vereine und bemerkt hiezu, dass angesichts der zu ge
wärtigenden pekuniären Inanspruchnahme des Vereins der
Vorstand sich für verpflichtet gehalten habe, die Sache der
Beschlussfassung einer Hauptversammlung zu unterstellen.
Nachdem nun neuerdings der Verbandsvorstand zwei auf
die nachträgliche Gutheissung der Bremer Beschlüsse bezügliche
Fragen den Einzelvereinen zur Beratung zugewiesen habe, sei
der Vorstand der Ansicht, dass der Verein zwar seine Miss
billigung über die offenbar nicht im Einklang mit den Satzungen
stehende Geschäftsbehandlung des früheren Verbandsvorstands
aussprechen, in Rücksicht auf die Lage der ganzen Angelegen
heit aber doch die gestellten Fragen in bejahendem Sinne be
antworten sollte. Namens des Vorstands beantrage er daher,
das nachstehende Schreiben an den Verbandsvorstand gut
zuheissen :
„Auf die Anfrage des Verbandsvorstands vom 20. Februar
d. Js. beehren wir uns, folgendes zu erwidern.
1. Nach unserer Ansicht sind die Bremer Beschlüsse
der Abgeordneten-Versammlung vom 1. September 1900 zu
Punkt 9 der Tagesordnung die Verbandszeitschrift betreffend
unzweifelhaft ungiltig, weil die Bestimmungen des § 22 der
Satzungen des Verbandes nicht eingehalten worden sind.
Dass die Dringlichkeit des Gegenstandes von der Ab
geordnetenversammlung bei einer etwaigen ausdrücklichen
Abstimmung hierüber anerkannt worden wäre, ist nicht
beweisbar.
2. Der Gegenseitigkeitsvertrag zwischen dem Verband und
den Vereinen zu Sachsen und Hannover vom 12.Dezember 1897
besteht noch zu Recht.
Da der Vertrag vom Verband gebrochen worden ist,
haben die beiden Vereine einen Entschädigungsanspruch
gegenüber dem Verband. Für die Entschädigung trifft der
§ 10 des Gegenseitigkeitsvertrages nicht zu.
3. Da die Bremer Beschlüsse ungiltig sind, ist auch der
Vertrag mit der Deutschen Bauzeitung ungiltig. Aber auch
ohne diesen Umstand ist der Vertrag schon deshalb formell
ungiltig, weil er vom Geschäftsführer des Verbandes nicht
unterzeichnet ist. —
Wenn wir die in mehrfacher Beziehung ganz unbe
friedigende Behandlung der Angelegenheit durch den früheren
Verbandsvorstand bedauern müssen, so sind wir doch aus
Zweckmässigkeitsgründen geneigt, auf den durch die Bremer
Beschlüsse eingeschlagenen Weg fortzuschreiten. Wir wollen
also zu Frage 1 die Dringlichkeit und die Bremer Beschlüsse
Wohnhäuser“. Diese interessanten Mitteilungen werden von der
Versammlung mit lebhaftem Beifalle aufgenommen, dem der
Vorsitzende noch den Dank des Vereins anfügt.
Mayer gibt im Anschluss an das Vorgetragene noch einige
Erläuterungen und wirft sodann einen kurzen Rückblick auf
die Entwickelung der Arbeiterwohnungsfürsorge im allgemeinen,
besonders betonend, dass Württemberg in dieser Frage seit
Jahrzehnten schon stets mit an der Spitze marschiert sei.
Da weitere Redner sich nicht zum Worte gemeldet haben,
so schliesst der Vorsitzende die Sitzung.
vom 18. Mai 1901, abends 8 Uhr.
Schriftführer: Laistner.
nachträglich als zu Recht bestehend anerkennen. Ebenso
wollen wir bei Frage 2 die Dringlichkeit anerkennen und
dem Antrag wegen Versehung des Vertrags mit der Deutschen
Bauzeitung mit dem Genehmigungsvermerk zustimmen.
Nach unserer Ansicht ist es in Verfolgung der Bremer
Beschlüsse notwendig, den Gegenseitigkeitsvertrag auf den
31. Dezember 1902 zu kündigen.
Endlich fügen wir noch an, dass es ein unläugbares
Bedürfnis ist, dass über die Verhandlungen der Abgeordneten-
Versammlungen, wie früher, genaue Protokolle geführt werden.“
Mayer dankt dem Vorsitzenden für seine bisherigen Be
mühungen in der schwebenden Angelegenheit und bedauert
das nicht geschäftsordnungsmässige Vorgehen des früheren Ver
bandsvorstandes und den Mangel einer wenigstens alles Wesent
liche enthaltenden Protokollführung. Er gibt in Erwägung,
ob dieser Mangel in dem vorgeschlagenen Schreiben nicht
gleichfalls hervorgehoben werden soll.
Mörike hält es für durchaus angezeigt, dass dem Bedauern
des Vereins über die Geschäftsbehandlung des früheren Verbands
vorstandes Ausdruck gegeben werde.
Von Hänel bemerkt, es wolle ihm scheinen, dass angesichts
der jetzigen Sachlage der Vorschlag des badischen und olden-
burgischen Vereins auf Einberufung einer ausserordentlichen
Abgeordnetenversammlung der richtige sei.
Der Vorsitzende erwidert hierauf, dass aus Zweckmässig
keitsgründen wohl die vorgeschlagene Lösung die empfehlens
werteste sei. Da niemand weiter das Wort verlangt, so wird
zur Abstimmung geschritten und hiebei das Schreiben des
Vorstandes mit 25 gegen 3 Stimmen gutgeheissen.
Nachdem noch der Bericht des Ausschusses für die Aus
stellung deutscher Ingenieurwerke in Paris in Umlauf gegeben,
begrüsst der Vorsitzende die inzwischen erschienen Herren
Architekt Manz und Direktor Heilner vom Germania-Linoleum
werk in Bietigheim, ersteren als neueingetretenes Mitglied,
letzteren als Gastherr, Manz erhält hierauf das Wort zu dem
weiter auf der Tagesordnung stehenden Vortrag über die
Linoleumfabrik in Bietigheim.
Die interessanten Ausführungen des Redners werden mit
lebhaftem Beifalle aufgenommen.
Der Vorsitzende spricht demselben noch besonders den
Dank des Vereins aus und dankt weiterhin Herrn Heiler für
dessen freundliche Einladung der Vereinsmitglieder zur Be
sichtigung der nunmehr in vollem Betriebe stehenden Bietig-
heimer Werke. Damit Schliessen die Verhandlungen.
Inzwischen ist die in vorstehendem Protokoll behandelte |
Angelegenheit durch Schiedsgerichtsspruch erledigt. Der Ver-
bandsvorstand teilt hierüber in einem an die Einzelvereine ge- R
richteten Schreiben vom 23. Mai d. Js. folgendes mit:
„Am 15. Mai d. Js. hat in Hannover das Schiedsgericht .]
in der Streitsache des Vereins zu Hannover gegen den I
Verband und den Sächsischen Ingenieur- und Architekten-11
verein in der Zeitschriften-Angelegenheit getagt, wobei der /
Verband durch den unterzeichneten Vorsitzenden und den ]!
Geschäftsführer, sowie durch seinen Rechtsbeistand vertreten j
war. Das Schiedsgericht hat nach Anhörung der Parteien I
folgenden Einigungsvorschlag gemacht:
1. Der Gegenseitigkeitsvertrag wird als aufgelöst be
trachtet.