Nr. 6
Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukünde in Stuttgart.
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Auf einer 1 km langen Versuchsstrecke wurden buchene
mit Teeröl imprägnierte Schwellen verlegt, deren ausgedehntere
Anwendung auf Grund der bei den französischen Bahnen und
den Reichseisenbahnen in Elsass-Lothringen gemachten günstigen
Erfahrungen auch in Würtemberg beabsichtigt ist. Jede einzelne
Schwelle ist mit 35 kg karbolsäurehaltigem Teeröl imprägniert
und kostet eine solche Schwelle rund 7 Mark.
Die Bettung auf der ganzen Strecke besteht aus Kies.
Die Geleiseanlage der Zwischenstationen ist nach der
selben Type ausgeführt.
Ausser einem durchgehenden Hauptgeleise ist ein Kreuzungs
geleise von 550 m nutzbarer Länge und ein Verladegeleise vor
handen. Die Stellung der Weichen ist durch eine Weichenver
riegelungsanlage gesichert.
Die Hochbauten der vier Stationen Hemigkofen —
Langenargen—Eriskirch—Fischbach sind bis auf dieGüterschuppen,
die aus Holz erstellt wurden, in Backstein unter Verwendung von
Cementkunststeinen für die Fenster- und Thür-Einfassungen aus
geführt. Im Erdgeschoss befinden sich die Dienst- und Warte
räume, im ersten Stock die Wohnung des Stationsvorstehers
und im Dachstock eine Wärterwohnung. Der Güterschuppen
ist auf allen Zwischenstationen an das Stationsgebäude angebaut,
damit der Dienst im Schuppen von dem Stationsbeamten neben
seinen übrigen Funktionen leicht besorgt werden kann. Bei
kleinerem Verkehr hat sich diese Anlage für den Betrieb sehr
bewährt.
Die Wärterhäuser enthalten im Erdgeschoss ein Wohn
zimmer, eine Küche und eine kleine Kammer, sowie einen Stall
anbau, im Dachstock ein heizbares Schlafzimmer und eine weitere
Kammer, sowie einen Futterraum über dem Stall.
Das Erdgeschoss besteht aus verputztem Backsteinrohbau,
das Obergeschoss aus verschindeltem Fach werkbau. Die Kosten
eines Wärterhauses betragen rund 7000 Mark.
Der Bahnhof Friedrichshafen, dessen Geleiseanlage
seit dem Bau im Jahre 1847 unverändert geblieben war und
daher für den gesteigerten Verkehr sich längst als unzulänglich
erwiesen hatte, musste aus Anlass der Ausführung der Boden
seegürtelbahn einem durchgreifenden Umbau unterzogen werden.
Die Einführung der Bahn von Ueberlingen nach Friedrichshafen
machte den Abbruch der vorhandenen Lokomotivwerkstätte und
einen völligen Neubau derselben erforderlich.
Eine Verbreiterung der Bahnhofanlage war mit Rücksicht
auf den Stadtbauplan und die bereits bebauten Strassen nicht
möglich. Es mussten daher die Geleise derart angeordnet werden,
dass vor dem Verwaltungsgebäude die Personenzugsgeleise zu
liegen kamen, denen sich die Güterzugsgeleise in der Richtung
gegen Ulm anschliessen. Beide Geleisegruppen sind durch eine
doppelte Weichenstrasse getrennt, welche einerseits mit dem
Geleise zum Hafen und zum Trajektbahnhof, sowie zu den Ver
ladegeleisen für den Lokalverkehr, andererseits mit den Geleisen
des Werkstättebahnhofs verbunden ist Für sämtliche Weichen
ist zentrale Weichenstellung eingerichtet, die einen Aufwand von
rund 200000 M. erforderte.
Das Verwaltungsgebäude des Bahnhofs Friedrichshafen
wurde durch Flügelanbauten erheblich vergrößert und im Innern
vollständig umgebaut. Die alte, enge und düstere Bahnsteig
halle wurde abgebrochen und durch ein leichtes eisernes Bahn
steigdach ersetzt. Bei dem Umbau des Bahnhofs und der Ver
legung der Lokomotivwerkstätte mussten 23 Gebäude neu
erstellt werden, während 19 Privat- und Bahngebäude abge
brochen wurden. Von den neu erstellten Hochbauten sind be
sonders hervorzuheben die 20 ständige Lokomotiv-Remise mit
zwei je 41 m hohen Schornsteinen für die zentrale Rauch
abführung, die neue Montierungswerkstätte mit 10 Reperatur-
ständen, die Schmiede, die Kesselschmiede, das Magazinsgebäude,
das Verwaltungsgebäude für die Werkstätten-Inspekt on, zwei
Dienstgebäude mit 12 Wohnungen für Unterbedienstete, das
Dienstgebäude neben dem Verwaltungsgebäude mit Aufenthalts
und Uebernachtlokalen für das Zugspersonal, sowie die Wagen
reparaturwerkstätte mit Schreinerei. Die Beleuchtung des Bahn
hofs und der Werkstätten erfolgt mittelst elektrischem Licht und
zwar die Aussenbeleuchtung mittelst Bogenlampen, die Innen
beleuchtung mittelst Glühlampen. Die Arbeitsmaschinen der
Lokomotivwerkstätte werden sämtlich elektrisch angetrieben.
Die vorhandene Zentrale für die elektrische Beleuchtung musste
infolgedessen vollständig umgebaut werden.
Die Wasserversorgung des Bahnhofs Friedrichshafen erfolgt
soweit es sich um Trinkwasser handelt, aus der städtischen
Wasserleitung. Das Nutzwasser (Lokomotivspeisewasser, Wasser
für die Dampfkessel etc.) wird dem Bodensee entnommen,
dessen Wasser sich für diesen Zweck sehr gut eignet. Die
Wasserentnahme erfolgt am Hafen, von wo es mittelst elektrisch
angetriebenen Pumpen zu einem auf dem Stadtbahnhof aufge
stellten Wasserturm gefördert wird, von dem aus die Verteilung
erfolgt. Das Hochreservoir ist ein eisernes Inze-Reservoir mit
250 kbm Inhalt.
Die Kosten der Bodenseegürtelbahn von der bayerischen
bis zur badischen Landesgrenze, einschliesslich des Umbaues
des Bahnhofs Friedrichshafen und der Verlegung der Lokomotiv-
werkstätten werden betragen 5 600000 M.
Die Bauarbeiten beim Umbau des Bahnhofs und der Werk
stätten Friedrichshafen allein werden einen Aufwand von
2800000 M. erfordern, wovon 1000000 M. auf die Hoch
bauten entfallen.
Mit dem Bau der Bodenseegürtelbahn wird in Württem
berg der Bau der Haupteisenbahnen seinen vorläufigen Abschluss
gefunden haben, da die noch zu erstellenden Bahnen wohl
sämtlich als Nebeneisenbahnen zur Ausführung kommen werden.
Im Oktober d. Js. wird die Eröffnung der Strecke Fried
richshafen—Ueberlingen erfolgen und damit der Schienenstrang
um den ganzen Bodensee gezogen sein. Die neue Verbindung
wird dazu beitragen, den Verkehr an dem Bodensee neu zu
beleben, die durch die Bahn berührten Gemeinden wirtschaftlich
zu heben und den schönen Ufern des schwäbischen Meeres
neue Freunde zuzuführen.
G
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Die Germania-Linoleum werke in Bietigheim.
Vortrag des Herrn Architekten Manz in der Hauptversammlung vom 18. Mai 1901.
as Unternehmen wurde gegründet durch die Firmen
Heilner in Stuttgart und Nairn in Kirkcaldy (Schottland).
Die neuen Bauten lehnen sich in ihrer Einrichtung an
diejenigen der Nairn’schen Werke an, die zu den
grössten in der Linoleumindustrie gehören, zum Teil nach
eigenen Patenten arbeiten und sich besonders durch die Her
stellung von Linoleum in grosser Breite auszeichnen. Für die
Wahl des Bauplatzes in Bietigheim war bestimmend die Möglich
keit eines Geleiseanschlusses an die Staatsbahn, die Aussicht
auf Gewinnung von Grundwasser, sowie die ebene Gestaltung
des Geländes. Demgemäss ist die Erschliessung des Grund
wassers und der Bau des Anschlussgeleises den übrigen Bauten
vorausgegangen. Die Sicherung des Wassers, die mit erheb
lichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, ist nach Angaben von
Prof. Fraas in Stuttgart, die sich aufs beste bewährt haben,
erfolgt. Das Vorhandensein des Anschlussgeleises ermöglichte,
den Fabrikbau sehr rasch zu betreiben. Zeitweilig wurden täglich
bis zu 70 Eisenbahnwagen mit Baumaterial zur Stelle gebracht.
Die Fabrik bildet einen Komplex von Bauten der verschiedensten,
teilweise beträchtlichen Grösse. Die Besonderheit der Linoleum
fabrikation hat eigenartige Anordnungen und Konstruktionen
bedingt. Hervorzuheben sind u. a. die grossen, aufrechtstehenden
Oelkessel, aus denen das Oel in langgestreckte Räume geleitet
wird, wo es im langsamen, monatelangen Prozess tropfenweisen
Abfliessens dicke, trockene Häute bildet. Aus der zerriebenen
Masse dieser Häute und deren Mischung mit Cement und Kork
mehl wird der Linoleumstoff hergestellt. Das gewöhnliche
Linoleum wird sodann in einem grossen Kalander erzeugt, der
stündlich bis zu 600 laufende Meter Linoleum zu liefern im
stande ist. Das Bedrucken geschieht teils mittelst Maschinen,
teils mit der Hand. Das durchgehend gefärbte Linoleum (inlaid)
erhält seine Zeichnung durch gefärbte Zusätze unter hohem Druck.