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„Aeußern den feingebildeten und gewandten Redner und in ihrem
„Inhalte neben erschöpfender Behandlung des Stoffes eine reiche
„Fülle neuer und eigenartiger Gedanken, sein lebhafter Geist, sein
„bahnbrechendes neuschaffendes Genie trat auf allen Gebieten zu
„Tage. Die jüngeren Vereinsmitglieder und Kollegen hingen mit
„ganz besonderer Freude und Begeisterung an dem geistvollen und
„stets gefälligen Meister, das erfolgreiche Wirken und Schaffen,
„welches der Verstorbene in seiner amtlichen Stellung bei der
„K. Straßen- und Wasserbau-Verwaltung ausübte, spiegelte sich auch
„in seinen Vorträgen wieder. In den Jahren 1875—1885 war
„es die Umgestaltung des Straßenwesens in Württemberg, welches
„nach den verschiedensten Seiten hin seine Beleuchtung fand. Die
„späteren Vorträge betrafen mehr die Konstruktion größerer Brücken,
„insbesondere solcher aus Stein und mit sehr flacher Sprengung,
„bezüglich deren Ausführung er eine neue sinnreiche Methode in An-
„wendung brachte. Von den unter seiner Leitung ausgeführten Brücken
„sind die bekanntesten: die Nagoldbrücke bei Teinach, die Enzbrücke
„bei Höfen, die Murrbrücke bei Marbach, die Donaubrücke bei
„Munderkingen (ganz in Beton hergestellt) und die mit Recht als
„das Werk seines Lebens bezeichnete König Karlsbrücke bei Cannstatt.
„An seinen Brückenbautcn bewundern wir sowohl den kühnen
„und sichern Konstrukteur als auch den bildenden Künstler mit
„feinem Geschmack, in seinen Werken sehen wir nirgends bloß die
„nüchterne Form, das starre Ergebnis der Theorie, er wußte ihnen
„architektonischen Schmuck und einen monumentalen Charakter zu
„verleihen. Daß er auch im Wasserbau Hervorragendes geleistet,
„davon giebt das Eyachthal dauerndes Zeugnis, dessen Hochwasser-
„schäden er in der raschesten und glücklichsten Weise beseitigte.
„Selbst über sein Wirken bei dieser Aufgabe zu berichten, hat ihm
„leider seine Krankheit verboten.
„Seine Thätigkeit als Landtags-Abgeordneter und als hervor-
„ragendeS Mitglied der Finanzkommission der Abgeordnetenkammer
„brachte dem Vereine einen sehr interessanten Vortrag über die
„„Jubiläumssüule" auf dem Schloßplätze, sowie eine wirksame
„Unterstützung in den Bestrebungen nach Besserstellung der Techniker.
„Endlich hat er auch für den Verband Deutscher Ingenieure
„und Architekten als Mitglied des Vorstandes Ersprießliches ge-
„leistet, indem er die Gründung der Verbandszeitschrift gefördert
„und den Verband bei verschiedenen besonderen Gelegenheiten, u. a. bei
„der Enthüllung des Denkmales für den ff Dombaumeister v. Schmid
„in Wien würdigst vertreten hat.
„Vollendet ist das Bild, das der Allverehrte in seinem Leben
„und Wirken der Mitwelt und seinen Standesgenossen geboten,
„vollendet wird es auch in den Vereinigungen seiner Standesge-
„nossen fortleben als ein Sporn, gleich ihm das Höchste zu erreichen.
Die Versammlung ehrt tiefbewegt das Andenken an den Ver
storbenen in der üblichen Weise.
Hierauf hielt Fabrikant Tesdorpf den in Heft 3 der Monats
schrift abgedruckten Vortrag: „Astronomische Betrachtungen über das
Endliche und das Unendliche im Universum."
Reicher Beifall folgte diesem Vortrag und die Versammlung
blieb in gehobener Stimmung noch längere Zeit unter lebhaftem
Gespräch bei einander.
Wesichligung der Glockengießerei von K. Kurtz
in Stuttgart
am 31. März 1898.
Für die neue evangelische Kirche in Heidenheim, welche unter
der Leitung des Hofbaudirektors Berner im Bau begriffen ist, waren
die Glocken in der Gießerei von H. Kurtz fertig gestellt und im
Fabrikhofe auf einem provisorischen Glockenstuhl aufgehängt.
Auf die Einladung des Vereins-Vorstandes hatte sich eine
Anzahl Mitglieder mit ihren Damen zur Besichtigung eingefunden,
wohnten dem mit prächtiger Tonwirkung verbundenen Probelüuren
bei, besichtigten die verschiedenen Fabrikräume und folgten dabei mit
großem Interesse den vom Fabrikanten gegebenen Erläuterungen
der Herstellungsweise der Glocken. Besonders wurden auch die muster
haft glatten Oberflächen und die auf das sauberste ausgeführten
Verzierungen der direkt aus dem Gusse hervorgegangenen und keiner
Nacharbeitung unterzogenen Glocken bewundert.
Dem Fabrikbesuche folgte ein zwangloses Beisammensein der
Gesellschaft mit dem Herrn Kurtz in einer benachbarten Restauration.
Iiünfte ordentliche Mersammtung am 2. April 1898.
Vorsitzender: Mayer. Schriftführer: Hofacker.
Anwesend: 38 Mitglieder.
Der Vorsitzende macht Mitteilung von dem eingelaufenen Dank
schreiben der Witwe des Präsidenten von Leibbrand und setzt die
von den auswärtigen Vereinen eingelaufenen Beileidschreiben in
Umlauf.
An Stelle des verstorbenen Präsidenten von Leibbrand wird
gemäß 8 9 der Statuten Baurat Beger, welcher bei der Ausschuß-
wahl nach den gewählten Ausschußmitgliedern die meisten Stimmen
erhalten hatte, in den Ausschuß berufen. Derselbe nimmt die Be
rufung an. Von den Verbandsangelegenheiten wird zunächst die
Feststellung einer Geschäftsordnung für die Preisgerichte und einer
Richtschnur für das Verfahren des Preisgerichts bei öffentlichen Wett
bewerbungen beraten.
Der vorliegende Entwurf, zu dessen Prüfung eine Kommission,
bestehend aus Berner, Eisenlohr, Walter, Neckelmann ernannt war,
wurde am 11. März von Neckelmann und dem Vorsitzenden geprüft. —
Der letztere schlägt vor, demselben die Zustimmung des Vereins zu
erteilen, die endgiltige Beschlußfassung habe auf der Abgeordneten-
versammlung in Freiburg i. B. zu erfolgen.
Walter entschuldigt sich, daß es ihm nicht möglich gewesen sei,
der Sitzung beizuwohnen, er finde gegenüber der seitherigen Uebung
keine neuen Gesichtspunkte in dem Entwurf.
Mayer bemerkt dazu, daß bei der Beratung in Rottenburg a. d.T.,
bei welcher die Grundsätze festgestellt worden sind, das Bedürfnis
sich herausgestellt habe, eine Richtschnur für das Verfahren der
Preisgerichte aufzustellen und diese den Grundsätzen anzuhängen.
Es könne sich nicht darum handeln, dabei etwas neues zu schaffen,
die Richtschnur habe nur das festzulegen, was sich bisher als Regel
ausgebildet und bewährt hat. Er glaube, daß der Entwurf der Richt
schnur heute gutgeheißen werden könne. — Es ergreift niemand das
Wort hiezu und ist demnach der Vorschlag von Mayer angenommen.
Im Weitern ist die Frage der Revision der Honorarnorm zur
Berechnung für Arbeiten des Architekten und Ingenieurs zu be
raten. Es sind 2 Kommissionen gewählt worden und zwar:
a) für Architekten, bestehend aus den Herrn Eisenlohr, Heim, Lambert,
Walter, Pantle, Böcklen, Feil; t>) für Bauingenieure, bestehend aus
den Herrn Lueger, Laißle, Ehmann, Maurer Für Maschinen
ingenieure ist keine besondere Kommission gewählt worden, da in
dem vorliegenden Entwurf der neuen Norm die für Arbeiten des
Maschineningenieurs seither giltige Norm unverändert aufgenommen ist.
Zu dem von Eisenlohr erstatteten Referat, betreffend die Archi
tekten, giebt die Versammlung ihre Zustimmung.
Zu dem Referat der Kommission für die Bauingenieure, in
welchem Maurer die Ansicht der Kommission dahingehend zum Aus
druck bringt, daß die Vorschläge für die Gebührenberechnung viel zu
hoch gegriffen seien, schlägt Mayer vor, als Aeußerung des Vereins
dem Verbände gegenüber das Ergebnis beider Kommissionsberatungen
in der Weise zusammenzufassen, daß der Verein erklären möge, das
System, auf welchem die neue Norm aufgebaut sei, habe sowohl bei
den Architekten als auch bei den Ingenieuren Zustimmung gefunden;
bezüglich der Honorare sei der Verein, soweit sie die Arbeit des
Architekten betreffen, der Ansicht, daß für unsere verhältnismäßig
einfachen lokalen Gebäude diese erhöhten Sätze vorläufig mit Vor
sicht zu gebrauchen sein werden, daß aber doch ab und zu auch hier
Bauaufgaben gestellt werden, für welche die neuen Sätze nicht zu
hoch gegriffen seien; soweit dagegen die Honorarsätze die Arbeiten
des Ingenieurs betreffen, seien sie seitens der Privatpraxis treibenden