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Ingenieure hier nicht durchführbar, da oft kleine Gemeinden, deren
finanzielle Leistungsfähigkett sehr beschränk! ist, die Auftraggeber feien
— Die Versammlung erklär! sich mit dieser Fassung einverstanden.
Eingelaufen sind eine Austrittserklürung von Eugen Albert,
Architekt, sowie die Mitgliederverzeichnisse eines Teils der Verbands-
vcreine; ferner
1. Die Mitteilungen des „Vereins zur Förderung des Straßen-
bahnwesens", Wien,
2. Proeeeding8 ok the engineem cliib of Philadelphia und
3. The engineering magazine, New-York.
Von diesen monatlich erscheinenden Veröffentlichungen werden
dem Verein Freiexemplare regelmäßig zukommen und sollen dieselben
auf Vorschlag des Vorsitzenden durch Weise's Hofbuchhandlung in
Zirkulation gesetzt werden. Listen zum Einzeichnen der Teilnehmer
werden in Umlauf gesetzt.
Nach Erledigung des geschäftlichen Teils hält Baudirektor
Professor v. Hänel seinen Vortrag über Bergbahnen in der Schweiz.
Dieser Vortrag, für welchen der Vorsitzende im Namen des
Vereins seinen Dank ausspcicht, wird in einem der nächsten Hefte
zum Abdruck kommen.
Mitteilungen über die Wiederherstellung der vom Hochwasser am 5. und 6 Juni 1895
im Eyachthat zerstörten Wehrantagen.
Bortrag, gehalten am 8. Januar 1898 von Baurat Canz.
Die Wasserstände der Eyach sind sehr wechselnde; während bei
Hochwasser in kurzer Zeit große Wassermengen abzuführen sind, sinkt
der Wasserstand bei Balingen bei Niederwasser auf etliche 100
herab. Obgleich dieser Umstand für die Anlage von Wassertriebwerken
nicht besonders günstig ist, so haben sich doch im Eyachthal von den
Quellen des Flusses an bis an die Landesgrenze bei einer Thallänge
von ca. 23 km 21 Wassertriebwerke angesiedelt, teils Fabriken,
worunter eine größere Spinnerei und eine Pappefabrik, größtenteils
aber Mahlmühlen und Sägwerke von mehr oder minder guter Ein
richtung und Größe.
Das zum Betrieb dieser Werke nötige Gefälle wurde durch
feste Holzwehre geschaffen, welche aus auf einander gesetzten, mit eisernen
Schrauben zusammengehaltenen Holzbalken mit senkrechtem Abfall
gegen das Unterwasser bestanden. Die Höhe dieser Wehre betrug
bis 4 m. Die Länge der Wehrkrone war teilweise bis zu 50 m
angewachsen, da einzelne Wehre wegen der öfteren Veränderungen des
Flußbettes immer wieder verlängert werden mußten. Grundablässe
waren nicht verhanden, die Stauung konnte deshalb bei Hochwasser
und etwaigen Reparaturen der Wehre nicht aufgehoben werden, was
zu häufigen Ueberschwemmungen der anstoßenden Geländeteile Ver
anlassung gab
Der Unterhaltungszustand der Wehre — besonders die Wasser
dichtigkeit derselben — ließ zu wünschen übrig, es ging viel Wasser
verloren, was in trockener Zeit, in welcher die Eyach sehr wenig
Wasser führt, für die Werkbesitzer sehr mißlich war.
Durch die Ueberschwemmung am 5. und 6. Juni 1895 wurden
nun sämtliche Stauanlagen im Eyachfluß und an der Schlichem stark
geschädigt, teils vollständig weggerissen, teils durchgebrochen oder vom
Wasser umgangen, so daß alle Werkbetriebe bis auf 3 zum Stillstand
verurteilt waren. Gleichzeitig wurden die Kanaleinlaßfallen zerstört,
die Kanäle mit Schlamm und Schutt angefüllt, die Mühlgerinne
weggerissen und fortgeschwemmt, die Wasserräder aus den Lagern ge
hoben und teilweise weggeschwemmt, die Unterkanäle verschüttet. An
vielen Mühlen wurde die innere Einrichtung durch Verschlemmen
vollständig verdorben, Mauern wurden eingedrückt, kurz überall zeigte
sich ein trostloses Bild der Verwüstung. Da die Werkbesitzer infolge
der Lage ihrer Wohnsitze nahe beim Wasser außerdem noch namhaften
Schaden durch Beschädigung der Ufer, Grundstücke und Gebäude,
Verlust an Vieh und Mobilien erlitten hatten, so waren viele der
selben vollständig ruiniert und nicht mehr im stände, aus eigener Kraft
sich wieder selbständig zu machen.
Auf Anregung des Herrn Präsidenten v. Leibbrand wurden
die staatlichen Kulturingenieure durch das Kgl. Ministerium des
Innern beauftragt, die Werkbesitzer im Eyach- und Schlichemthal
über die Wiederherstellung ihrer Anlagen zu beraten, im Falle ein
Besitzer hiezu bereit und in der Lage wäre, die baldige Wiederauf
nahme des Wcrkbetriebs zu ermöglichen. Bei offenbarem Unver
mögen des Geschädigten, die Betriebsaufnahme ans eigenen Mitteln
bewerkstelligen zu können, sollte auf das Eingehen der Anlage hin
gewirkt werden.
Es wurden nun zunächst da, wo es die Verhältnisse erlaubten,
Notwehre und provisorische Einlaßfallen hergestellt, die Kanäle wurden
ausgeräumt, die Gerinne ausgebessert und erneuert, die beschädigten
Widerlager der Wasserräder ausgemauert u. s. f., so daß es den
meisten Werken möglich war, schon nach 14 Tagen den Betrieb in
unständiger Weise wieder aufzunehmen. Im ganzen wurden von
den staatlichen Kulturingenieuren 30 Wasserwerksbesitzer in dieser
Weise beraten.
Auf ein Gesuch der beschädigten Werkbesitzer an das Kgl. Mini
sterium erhielten die staatlichen Kulturingenieure den weiteren Auftrag,
Pläne und Kostenvoranschläge, sowie die Gesuche um die Geneh
migung neuer Stauanlagen für diejenigen Wassertriebwerke herzu
stellen, deren Besitzer im stände wären, die durch die Ausführung ent
stehenden Kosten zu tragen. Bei den hienach vorgenommenen Ver
handlungen erklärten 12 Werkbesitzer, ihren regelmäßigen Betrieb
wieder aufnehmen zu wollen und vollständig neue Wehre herzustellen,
3 Werkbesitzcr begnügten sich mit der Ausbesserung der früheren
Anlagen und 6 Werkbesitzer erklärten, von der Wiederaufnahme des
Betriebs aus Mangel an Mitteln vorerst abstehen zu wollen.
Inzwischen hatten aber die überall eingeleiteten Sammlungen
für die Ueberschwemmten des Eyachthals namhafte Summen ergeben.
Seitens des zum Zweck der Leitung der Hilfsaktion aufgestellten Hilfs-
komites konnte den geschädigten Wafferwerksbesitzern mit Rücksicht
auf ihre großen Verluste eine ausnahmsweise Unterstützung in Aus
sicht gestellt werden Es entschlossen sich daher nachträglich noch
5 Werkbesitzer zur Wiederaufnahme ihres Betriebs in vollem Umfang,
so daß im ganzen 17 Betriebe in Betracht kommen und 18 Stau
anlagen im Eyachthal neu zu projektieren waren.
Von allen Werkbcsitzern wurde dringend um thunlichste Be
schleunigung gebeten, um der Sorge um den Bestand der Notwehre
bald überhoben zu sein. Da den staatlichen Kulturingenieuren die
Bewältigung einer Aufgabe, wie die Anfertigung der Projekte für
eine so große Anzahl von Stauanlagen in der verlangten kurzen
Zeit neben ihren laufenden Dienstgeschäften nicht möglich war, so
wurde durch den Herrn Präsidenten v. Leibbrand ein weiterer
Techniker, Professor Maurer, beigezogcn und die Geschäftseinteilung
derart getroffen, daß zu bearbeiten hatten: Baurat Canz 8 Stau
anlagen, Bauinspektor Moerike 7 Anlagen und Professor Maurer
3 Anlagen im Eyachgebiet, wozu für den letztem später noch eine
weitere Anlage kam. Ein Werkbesitzer verzichtete jedoch in der Folge
auf die Wiederherstellung seiner Wasserkraft.
Nach dem Wunsche des Herrn Präsidenten sollten entsprechend
den besondern Verhältnissen der Eyach als Gebirgswasser in öffent
lichem Interesse bewegliche Stauanlagen, welche bei Hochwasser rasch
und sicher geöffnet werden können, projektiert werden. Es sollte bei
geöffnetem Wehr das zum Abzug der Hochwasser dienende Flußprofil,