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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart.
No. 2
Protokoll der zweiten ordentlichen Versammlung am 5. Dezember 1903.
Vorsitzender: Zügel. Schriftführer: Laistner.
Anwesend: 34 Mitglieder und ein Gast.
Nach Eröffnung der Sitzung begrüsst der Vorsitzende zunächst
als Gast den Herrn Vermessungsinspektor Bechtle, teilt sodann
mit, dass Herr Regierungsbaumeister Karl Bessert in Stutt
gart durch Beschluss des Vorstandes als ortsanwesendes Mit
glied in den Verein aufgenommen worden ist, und gibt hierauf die
Einläufe bekannt.
Hebergehend auf die Frage der Verlängerung des mit
der Süddeutschen Verlags-Anstalt in München ab
geschlossenen Vertrags über Herstellung der Monats
schrift des Vereins teilt der Vorsitzende mit, dass die Ver
lags-Anstalt zwei Wünsche zum Ausdruck gebracht habe: erstens
bittet sie, die bisherigen Bestimmungen über die Aufnahme bild
licher Darstellungen in die Vereinsmitteilungen dahin abzuändern,
dass der Verlag für Illustrationen jährlich höchstens bis zum
Betrag von 100 Mk. aufzukommen habe; und zweitens wäre es
ihr erwünscht, wenn der Vertrag nicht bloss auf ein, sondern
auf zwei bis drei Jahre verlängert werden könnte.
Nun ist im Laufe des heutigen Tages eine Zuschrift der Gesell
schaft „Württb. Bauzeitung“ eingegangen, worin das Er
suchen gestellt wird, diese neugegründete Zeitung ab 1. Januar
1904 zum Organ des Vereins zu wählen. In der vor Beginn der
Versammlung abgehaltenen Vorstandssitzung wurde hierüber so
wohl als über die Wünsche der Süddeutschen Verlags-Anstalt Be
ratung gepflogen, die zu dem Ergebnis führte, dass eine Kündigung
des Verhältnisses zur Süddeutschen Bauzeitung unmittelbar vor
Schluss des Vertragsjahres ohne zwingenden Grund umsoweniger
angängig sei, als der Verlag dieses Blattes dem Verein bisher
stets in anerkennenswertester Weise entgegengekommen ist.
Der Vorstand kommt hienach zu dem Antrage, die Versamm
lung wolle den Vertrag mit der Süddeutschen Bauzeitung zunächst
auf ein Jahr verlängern, und dem vom Verlag gewünschten Maximal
satz von 100 Mk. ihre Zustimmung erteilen.
An der nachfolgenden Debatte über diesen Antrag beteiligen
sich Lauser, Neuster, Mayer, Laistner, Landauer
und W o 11 z. Lauser tritt wiederholt aufs wärmste für Lösung des
Verhältnisses zur Süddeutschen und Anschluss an die Württb. Bau-
zeitung ein, während Neuster, von mehreren der anderen Redner
unterstützt, den Standpunkt des Vorstandes vertritt, der in erster
Linie durch eine gewisse Verpflichtung gegenüber der Süddeutschen
Bauzeitung begründet sei.
Schliesslich wird der Antrag des Vorstandes nahezu einstimmig
gutgeheissen.
Hierauf berichtet der Vorsitzende über das Ergebnis seiner
Umfrage in Betreff der Beteiligung anderer Vereine
am internationalen Verband der Schiffahrtskon
gresse. Die meisten der befragten Vereine nehmen eine ab
lehnende Stellung ein. Der Vorstand schlägt daher vor, die Ver
sammlung wolle von einer Beteiligung des Vereins gleichfalls Um
gang nehmen.
Dieser Vorschlag wird genehmigt.
Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bilden Mittei
lungen des Vorsitzenden über die neue topographische
Karte von Württemberg im Massstab 1:25000. Diese
Mitteilungen, die ein anschauliches Bild von der Herstellungsweise
dieser Karte und ihrer vielseitigen Verwendbarkeit geben und ihren
grossen Wert für die verschiedensten technischen Zwecke er
kennen lassen, werden mit lebhaftem Interesse und allseitigem Bei
falle entgegengenommen.
Hierauf macht Gebhardt an der Hand reichhaltigen Plan
materials Mitteilungen über den Neubau des Erhard-Ludwigs-Gym-
nasiums in Stuttgart.
Auch diese Ausführungen finden den lebhaftesten Beifall der
Versammlung.
Zum Schlüsse gibt Lauser, anschliessend an seinen früheren
Bericht und unterstützt durch eine grosse Zahl prächtiger Pläne,
weitere Mitteilungen über neuere Hochbauten in Sachsen, die gleich
falls mit reichem Beifalle gelohnt werden.
Der Vorsitzende dankt den letztgenannten beiden Rednern noc!
im Namen des Vereins und schliesst hierauf die Sitzung.
Neue katholische Kirche in Untertürkheim.
Architekt: J. Cades in Stuttgart.
Fig. 1. Grundriss.
Am rechten Hange des Neckartals in mässiger
Höhe über dem Ort Untertürkheim erhebt sich seit
kurzer Zeit inmitten grünen Rebgeländes die neue
Kirche der katholischen Gemeinde dieses Orts.
Gleich den benachbarten Kirchen zu Obertürkheim
und Wangen bildet dieses Gotteshaus im harmo
nischen Zusammenklang mit der reizvollen Um
gebung ein Landschaftsbild, wie man es sich an
mutiger nicht denken kann. Architekt G a d e s,
dem schon eine Reihe katholischer Kirchen in
Württemberg ihre künstlerische Entstehung ver
dankt, ist auch hier wieder seiner Aufgabe in ge
lungener Weise gerecht geworden. Das Bauwesen darf wie die von
ihm vor wenigen Jahren erbaute St. Elisabethkirche in Stuttgart
als ein Kompromiss zwischen gotischer Konstruktion und romani-
Fig. 2. Längenansicht.