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Monatsschrift des Württembg. Vereins für Badkünde in Stuttgart.
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ein bestimmter Arbeitsbezirk, ungefähr 400 im Vorjahre ergänzte
Flurkarten umfassend, zugewiesen. Die Sektion wird von einem
Vermessungsinspektor in ihrer ganzen Tätigkeit einschliesslich
Berechnung und Zeichnung geleitet und kontrolliert und besteht
in der Regel aus 1 Nivelleur (für die Nivellements H. Ordnung)
und 6 bis 9 Aufnahmeabteilungen, deren jede sich wieder aus
1 Topographen und 1 Assistenten zusammensetzt. Im ganzen sind
36 bis 38 Techniker und ungefähr 20 Messgehilfen auf dem Felde.
Im Winter nach der Aufnahme werden die auf dem Felde un
vollendet gebliebenen Ausrechnungen fertig gemacht, die Polygon
züge und Höhenpunkte vollends in die Karten eingetragen, die
noch ausstehenden Ergänzungen der Situation und die Einzeichnung
topographischer Einzelheiten vorgenommen. Die letztgenannten
Einzeichnungen erstrecken sich auf alle einzelstehenden Häuser,
auf Quellen, bemerkenswerte einzelne Bäume, ferner auf Gräben,
kleine Dämme, Wegzeiger, Kilometersteine usf. Bei den
Waldungen wird zwischen Laub- und Nadelholz unterschieden.
Terrainfalten, wie Klingen u. dergl., werden, zum Teil den Wün
schen der militärischen Behörden entsprechend, besonders auf
fallend hervorgehoben. Die Wege werden, wie dies in topo
graphischen Karten notwendig geschehen muss, breiter gezeichnet,
als sie sind. Die Erbreiterung geht bis zum 10 fachen.
Die Horizontalkurven werden unter Beachtung der einskiz
zierten topographischen Einzelheiten konstruiert. Ihr Vertikal
abstand beträgt je nach der Neigung des Terrains 10, 5, 2,5 und
1,25 m (früher 1 m). Sie werden in verschiedenen Stärken, voll
und gestrichelt, ausgezogen.
Die früheren Aufnahmen der Eisenbahn- und Forstverwaltung
werden soweit als irgend möglich benützt, nachdem sie zuvor
nachgeprüft sind.
Die Reinkarten im Massstab 1:2500 werden mit Rücksicht auf
die nachfolgende 10 fache Verkleinerung überzeichnet, und aus
diesen Reinkarten werden durch photographische Reduktion auf
den Massstab 1:25 000 die Stichvorlagen für den Kupferdruck
hergestellt, wobei für die verschiedenen Bestandteile jeder Karte
— Netzlinien, Situation, Schichtenlinien, Schrift, Wegklassifikation
— sowie aus Rücksicht auf die Anwendung dreier Druckfarben
jeweus mehrere photographische Bilder genommen werden müssen.
Die Stichvorlagen im Massstab 1:25 000 werden durch die
Veiuiessungsinspektoren im Gelände nachgeprüft, sowohl was die
Höhendarstellung als was die übrigen Einzeichnungen betrifft.
Bezüglich der Genauigkeit der Höhendarstellung besteht die Be
stimmung, dass eine Kurve in ganz steilem Terrain höchstens um
10 m und in fast ebenem Terrain um nicht mehr als 50 m, horizontal
gemessen, unrichtig gefunden werden darf.
Die Vervielfältigung mittels des Kupferstichs geschieht in
drei Farben, nämlich schwarz für die Situation, blau für die Ge
wässer und braunrot für die Horizontalkurven.
Die Herren sehen im Saale die zwei neuesten, erst in den letzten
Tagen erschienenen Blätter der topogr. Karte, Nr. • 45 Backnang
und Nr. 46 Murrhardt, ausgestellt. Diese schönen Blätter
und mit ihrem Reichtum an Einzelheiten sind wohl
geeignet, den hohen Stand zu zeigen, welchen das
Kart» »werk erreicht hat. Dass eine solche Vollkommenheit nicht
schon in den ersten Anfängen möglich war, dass es jahrelanger
Arbeit und Anstrengung bedurft hat, um auf die jetzige Stufe zu
kommen, wird jeder einsehen, der topographische Arbeiten kennt.
So erscheint es also auch nicht als etwas Aussergewöhnliches, dass
einige der zuerst erschienenen Kartenblätter sich allmählich ver
besserungsbedürftig gezeigt haben, wenn auch eigentliche Fehler,
namentlich bezüglich der Höhendarstellung, nirgends nachgewiesen
worden sind. Mit der Neuausgabe der erwähnten ersten Blätter
ist bereits der Anfang gemacht.
Die topographische Karte im Massstab 1:25 000 wird, wenn
sie vollendet ist, 184 Blätter zählen. Auf ein Blatt kommen je
nach der nördlichen oder südlichen Lage 102 bis 106 Flurkarten.
Vom Jahre 1892 bis heute sind 43 Blätter erschienen, die in der
Hauptsache dem nordwestlichen Teile des Landes, zum kleineren
Teile der Bodenseegegend angehören.
Um das Kartenwerk auf dem laufenden zu halten, ist ein
Fortführungsdienst eingerichtet, bei dem die technischen Staats
behörden und die Bezirksgeometer mitwirken und dem das Vor
handensein der Flurkarten sehr zu statten kommt.
Die mit den Höhenaufnahmen ausgestatteten Flurkarten waren
von jeher ein willkommenes und wertvolles Hilfsmittel für inge
nieur-technische und andere Arbeiten. Diese Verwertung ist in
ueuester Zeit dadurch ausserordentlich erleichtert worden, dass
die Vervielfältigung der Karten nicht mehr auf die Handarbeit
allein angewiesen ist,sondern dass bei irgend nennenswertem Bedarf
Abdrücke auf mechanischem Wege hergestellt werden. Proben
solcher vervielfältigten Höhenflurkarten sind ausgehängt: zwei
Blätter von Heilbronn, das eine mit offenem Terrain, das andere
mit städtischer Bebauung.
Wie leicht und rasch Württemberg durch dieses sein Ur-
material, die 2600 teiligen Karten, welche die Grundlage der ge
samten Landestopographie bilden, auftretenden Bedürfnissen der
Terraindarstellung gerecht werden kann, hat sich vor wenigen
Jahren gezeigt, als es sich darum handelte, in kürzester Zeit
eine Höhenkarte der Gegend von Kochendorf für die Anlage des
neuen Salzwerks herzustellen. In den D/s Monaten vom 16. Mai
bis 1. Juli 1899 haben sechs Topographen mit ihren Assistenten
unter der Leitung eines Inspektors eine Fläche von 52 qkm auf
genommen und bis zur photographischen Reduktion auf den Mass
stab 1:10 000 vollständig bearbeitet. Je mehr das Kartenwerk
fortschreitet, umsomehr wird sich zeigen, wie gross ‘die Er
leichterung und Kostenersparnis ist, die es den verschiedensten,
Zwecken zu bieten im stände ist.
Wenn ich die Art und Weise geschildert habe, wie, dank dem
Vorhandensein der Katasterkarten, die württembergische topo
graphische Karte hergestellt wird, so möchte ich in aller Kürze
noch des Messtischverfahrens gedenken, das die dem Chef des
Generalstabs der Armee unterstellte preussische Landesaufnahme
bei ihren Höhen: ufnahmen anwendet, und das u. a. in der Nr. 181
des Stuttgarter Neuen Tagblattes vom 6. August d. Js. gedrängt
geschildert ist. Das Verfahren besteht im wesentlichen darin, dass
die Situation und die Höhenpunkte vermittels Kippregel und
Distanzmesser unmittelbar auf Messtischblättern im Massstab
1:25 000 bestimmt werden. Diese Karten sollen nicht nur für
militärische, sondern auch für technische Zwecke bestimmt sein.
Die Zahl der aufgenommenen Höhenpunkte beträgt hiebei unge
fähr 20 auf das Quadratkilometer, während in Württemberg 2—300
Punkte auf 1 qk n kommen. Wenn man hiezu noch den Umstand
in Betracht zieht, dass auch in sonstiger Hinsicht die direkte Auf
nahme im kleine i Massstab von 1:25 000 nicht das leisten kann,
was die Aufnähn e in 1:2500 leistet, so ist es schwer zu glauben,
dass die mit dem Messtischverfahren erzielten Karten an Güte den
aus den grossen Katasterkarten hervorgegangenen Höhenkarten
gleichkommen.
Der als Au orität bekannte Leiter der braunschweigischen
Landesvermessung, Herr Professor Dr. Koppe, hat ge
schrieben, die reue Landestopographie von Württemberg biete
das Bild einer einheitlichen, auf genauer Grundlage aufgebauten
und weiter geleimten Arbeit, die in dieser Hinsicht und in Bezug
auf Genauigkeit einzig dastehe. Der grosse Massstab 1:2500
der Originalaufn »hme gestatte die leichte Anpassung an alle Be
dürfnisse. Und über die neuen vervielfältigten Höhenflurkarten
hat Dr. Koppe erst vor einem Monat geschrieben, dass an ihnen
unsere Ingenieure die helle Freude haben müssen, und dass es
unverständlich sei, wie im Gegensatz hiezu eine militärische Auf
nahme in zehnmal kleinerem Massstabe empfohlen werden könne.
Es ist sicher nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, Württem
berg habe an seinen Flurkarten schon so, wie sie bisher waren,
einen Besitz, dessen Wert gar nicht hoch genug angeschlagen
werden kann. Es wird wohl kaum jemand in Württemberg sein,
der diese Karte missen möchte. Man kann sich nicht vor
stellen, welche Arbeitserschwerung nur z. B. für die Eisenbahn -
und die Strassenbauverwaltung mit dem Fehlen der Flurkarten
verbunden wäre. Diesem Nutzen gegenüber kann der mit der
Aufbewahrung und Fortführung der Karten verbundene Aufwand
nicht ins Gewicht fallen.
Wenn nun Württemberg schon an seinen bisherigen Flur
karten einen grossen Schatz besitzt, so wird es durch die Ver
wertung der Karten zu den Höhenaufnahmen den Wert dieses
Schatzes bedeutend erhöhen und ein Kartenwerk erhalten, das allen
Anforderungen der Wissenschaft und Technik entspricht, und von
keinem andern Kartenwerk übertreffen werden wird.
Ich glaube, dass die Erkenntnis der Vorzüge unserer Landes
topographie nicht aufgehalten werden kann. Die Einsicht in den
Vorsprung, den eine Aufnahme auf Karten grossen Massstabes
mit nachfolgender Reduktion auf den kleinen Massstab vor der
direkten Aufnahme im kleinen Massstab hat, ist ja allein schon
etwas, was ausschlaggebend sein muss. Unser topographisches
Personal steht in wissenschaftlicher Ausbildung und prak
tischer Schulung keinem anderen Personal nach. Dass die Leitung