ISEE2xEEE&i
mrmmmw
Jahrgang 1904.
23. September 1904.
Heft 7 und 8.
I n h a 11: Baurat Theophil Frey f. — Protokolle der VI. und VII. ordentlichen Versammlung vom 23. April bezw. 11. Juni 1904. -—
Das Elektrizitätswerk und die Wasserreinigungsanlage auf dem Verschubbahnhof Heilbronn. — Kundmachungen. —
Personal -Nachrichten.
Baurat Theophil Frey f.
Am Mittwoch, den 3. August, ist Baurat Theophil Frey,
59 Jahre alt, aus dem Leben geschieden. Das tragische Ge
schick, das ihn schon seit Monaten bedrohte, hat sein Werk
vollbracht. Nachdem sich schon vor l‘/ 2 Jahren bei dem un
ausgesetzt tätigen Mann, der sich nie eine längere Erholung
gönnte, die ersten Anzeichen eines tieferen
Leidens in Form eines Schlaganfalls ein
gestellt hatten, von dem er sich nur lang
sam erholte, begab er sich zuletzt noch
nach Liebenzell, um hier in der Ruhe und
dem Tannendunkel des allzeit von ihm so
geliebten Schwarzwalds Genesung zu suchen,
die er aber nicht mehr finden sollte; ein
erneuter Schlaganfall machte seinem verdienst
vollen Leben ein rasches Ende.
Viel zu frühe ist er der Familie, den
Freunden und Kollegen, seinem beruflichen
Wirken und dem Vaterlande für immer ent
rissen worden: ein schmerzlicher Verlust für
alle, die ihn kannten, mit denen er im ge
schäftlichen, kollegialen oder freundschaft
lichen Verkehr stand und die vielen, welche
sich an seinen Architektur-Schöpfungen er
freuten.
Der äussere Lebensgang des Verstorbenen
ist mit wenigen Worten erzählt.
Als Missionarssohn geboren, besuchte
er in Korntal das Knabeninstitut bis zum
16. Lebensjahre, hierauf studierte er vier
Jahre Architektur am Stuttgarter Polytech
nikum unter den Professoren Bäumer und
besonders unter Altmeister v. Leins. Er
wandte sich sodann nach England, wo er
in dem Atelier des Kirchenarchitekten Street zwei Jahre haupt
sächlich mit Kirchenbauten sich beschäftigte. Eine beachtens
werte Ausstellung von dort mitgebrachten Plänen und Skizzen
im Württembergischen Kunstverein (Anfang der 70er Jahre) gab
beredtes Zeugnis von seiner Tätigkeit in England. Von dort
nach Stuttgart zurückgekehrt, arbeitete er unter Leins zusammen
mit Reinhardt beim Bau der Johanneskirche bis zu deren Voll
endung im Jahre 1876. Mitte der 70er Jahre begann seine
Tätigkeit als selbständiger Architekt und sein segensreiches
Wirken im Württembergischen Verein für christliche Kunst. Sein
erstes Hervortreten geschah mit dem Bau der Wesleyhanischen
Methodistenkirche in der Sofienstrasse, an der seine Studien
in England deutlich zum Ausdruck kamen. Frey war eine
feinfühlende Künstlernatur, die bei seinen Privatbauten und ins
besondere bei den vielen Kirchenbauten in Stadt und Land in
wohltuender Weise zum Ausdruck kam. Sein bedeutendstes
Werk in hiesiger Stadt ist die Pauluskirche,
bei deren Vollendung im April 1898 er zum
Baurat ernannt wurde. Als ein weiteres,
bedeutsames und dem vorgenannten kaum
nachstehendes Werk ist die von ihm erbaute
Petruskirche im Stuttgarter Vorort Gablenberg,
von ihm in der Monatsschrift des Vereins
Nr. 8 vom Jahre 1903 beschrieben. Seit
Jahren war Frey der Berater der Stutt
garter Gesamtkirchengemeinde, als welcher
er die umfassende Restauration des grossen
Stiftskirchenturms und früher des Innern der
Stiftskirche mit grossem Geschick und feinem
Geschmack unter Anlehnung an die vor
handenen Stilformen durchführte. Ebenso
stammen von Frey die Erweiterung der Leon
hardskirche durch einen Anbau für eine
Sakristei auf der Ostseite, die Restauration
der Hospitalkirche und die durchgreifende
Wiederherstellung der St. Dionysiuskirche in
Esslingen a. N., welch letztere beiden Arbeiten
gegenwärtig ihrer Vollendung entgegengehen.
An einer Reihe von Konkurrenzen bei Kirchen
bauten nahm Frey mit Erfolg teil, u. a. auch
bei der Garnisonkirche in Ludwigsburg. Welche
Bedeutung dem Baukünstler im Kirchenbau
zukommt, davon mag die jüngste Konkurrenz
der Christuskirche in Mannheim zeugen, aus
welcher er als Sieger mit dem ersten Preis hervorging, so
dass ihm auch die Ausführung des Neubaues übertragen
wurde. Neben dieser ausgedehnten Tätigkeit in der Künstler
werkstatt und auf dem Bauplatz hat sich Frey im Württem
bergischen Verein für Baukunde, dem er seit 1894 als Mitglied
angehörte, im christlichen Kunstverein, in dem er lange Jahre
als Ausschussmitglied wirkte, im Architektenklub, dessen
Vorstand er lange Jahre hindurch war, und in anderen Vereinen
verdient gemacht.
Was ihn zu diesen Aufgaben und Stellungen befähigte,
war das reiche Mass an eigenem, soliden Wissen und Können,
Baurat Theophil Frey f.