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deren viele in der Schweiz ausgeführt worden, fast alle 1 m-spurig,
mit Steigungen 6i§ 60 °/o (Lauterbrnnnen-Grütsch), ja selbst 62°/o
(Stanserhorn), und mit Steighöhen zwischen 32 m (in der Stadt
Bern) und 674 m (Lauterbrnnnen-Grütsch).
Das Seil besteht meist aus 6 Litzen zu 12 bis 24, etwa
2 mm starken Drähten vom besten Stahl, mit oder ohne Hanfseele,
aus der bekannten Fabrik von Felten und Guilleaume in Mül
heim a. Rh. Der Seildurchmesser beträgt 25—40 mm, das Ge
wicht pro Meter 2—5 kg; an den Seilenden sind Bügel befestigt,
welche in Haken unterhalb der Wagengestelle eingehängt werden.
Damit das Seil auf der Bahn nicht schleife, wird es in Abständen
von 8—16 m durch gußeiserne, zwischen den Fahrschienen festge
lagerte Reibungsrollen von 30—50 cm Durchmesser getragen, welche
in geraden Linien senkrecht, in Kurven, die übrigens möglichst zu
vermeiden sind, entsprechend schräg gestellt werden. Die obere Um
leitrolle erhält etwa das Hundertfache der Seildicke zum Durchmesser;
ihre 'Rille wird meist mit Hartholz oder Leder ausgefüttert. Der
Bahnkörper muß in den starken Steigungen gemauert werden, wie
bei der Pilatusbahn.
Besonders wichtig, ja für die Sicherheit unbedingt notwendig,
sind gute Bremscinrichtungen, besonders für den Fall eines Seil
bruchs. Die gewöhnlichen Reibungsbremsen an den Laufrädern der
Wägen würden in solchem Falle, auf Steigungen von 15°/» an, ihren
Dienst versagen, weil selbst die festgestellten Räder auf der so geneigten
Bahn abgleiten. Man hat daher Zahnradbremsen eingeführt und zu
diesem Zwecke der ganzen Bahnlänge nach eine Zahnstange zwischen
den Fahrschienen befestigt, genau wie bei den eigentlichen Zahnrad
bahnen. Fast alle Seilbahnen sind mit solchen, nur zur Bremsung
dienenden Zahnstangen ausgestattet, von Riggenbach'scher oder Abr'scher
Konstruktion, welche meist in den Geleismitten liegen, das Seil seitlich
daneben. Unter den Bremsen müssen sich auch automatische Fall
oder Zentrifngalbremsen befinden, welche bei etwaigem Seilbruche
sofort in Thätigkeit treten und die Wägen zum Stillstand bringen,
wobei aber eine Verankerung der Wägen gegen Aufsteigen nach
Figur 1 oder 3 nicht entbehrt werden kann.
Nur ausnahmsweise sind diese Seilbahnen zweispurig ihrer
ganzen Länge nach: so dieGütschbahn in Luzern (Spurweite Im,
Bahnlänge schräg gemessen 160 m, Höhe 79 m, Steigung fast
gleichförmig mit 52"/»). Der Durchmesser der Umleitrolle (2,76 m)
stimmt dort mit der Entfernung der beiden Seilstränge überein und
ihre Ebene liegt in der Geleisrichtung, so daß die Umleitung sich
möglichst einfach gestaltet. Diese Doppelspurigkeit ist jedoch insofern
ein großer Luxus, als die Begegnung der Wagen immer an derselben
Stelle, nämlich in der Mitte der Bahnlänge stattfindet, so daß ein
einziges Geleis mit Ausweiche daselbst vollständig genügt (Fig. 6).
Die Anlage einer solchen Ausweiche ist wegen der Spaltungen und
mehrfachen Durchschneidungen der Fahrschienen und Zahnstangen,
bei A, B, C, Figur 6, allerdings nicht ganz einfach, und man hat
daher bisweilen als Mittelweg eine dreischienige Anlage (Fig. 1)
gewählt, wobei die Mittelschiene von beiden Wägen benützt wird,
so nach Grütsch-Alp, nach Beatenberg u. a. Alle Kreuzungen in der
Ausweiche fallen dann weg und die gewöhnliche Spurkranzführung be
dingt keinerlei Unterbrechung der Schienen und Zahnstangen durch
Spurkranzrinnen. Allein die Ersparnis im Vergleich mit der Zwei-
spur-Anlage ist dann nicht groß, und man ist daher zu der Anord
nung Fig. 6 zurückgekehrt, jedoch mit veränderter Führung, indem
die in der Ausweiche außen laufenden Räder beiderseitige Spur
kränze, die inneren Rüder aber gar keine solchen erhalten, sondern
als glatte, etwas breitere Walzen ausgebildet sind, Fig. 8. Spur
kranzlücken sind dann nur bei A, Fig. 6 erforderlich, während jene
Walzen die Kreuzungen der Schienen unter sich und mit den Zahn
stangen ohne Lücken überschreiten können, und nur dafür gesorgt
werden muß, daß die Oberfläche der Zahnstangen in gleicher Höhe
mit den Schienenköpfen liegt. Der Geleisquerschnitt außerhalb der
Ausweiche sicht dann wie Figur 8 aus und die Seilstränge werden
nach Figur 9 von der großen Umleitrolle über 2 Ablenkungsrollen
geführt.
Die bewegende Kraft ist bei den meisten Seilbahnen der
beschriebenen Art das Gewicht von Wasser, welches an der Gipfel
station in einen unter dem Gestell des abwärts zu führenden Wagens
angebrachten Behälter eingelassen wird (Wasserballast). Die dazu
erforderliche Wassermenge hängt ab vom Verhältnis der Gewichte
beider Wagen und vom Längenprofil der Bahn: sie wird bei ge
gebenem Längenprofil am größten, wenn der abwärts gehende Wagen
leer, der andere vollbesetzt ist, während im umgekehrten Falle gar
kein Wasser erforderlich sein kann, ja selbst ein etwaiges Ueber-
gewicht abgebremst werden muß. Im allgemeinen ist der Bedarf
an Kraft bezw. Wasser nicht während der ganzen Fahrt der gleiche,
sondern ändert sich von Punkt zu Punkt nach Maßgabe des Längen
profils; es muß dann die oben einzunehmende Wassermenge nach
dem Meistbedarf bemessen und während der Fahrt der jeweilige Ueber-
schuß abgebremst, oder auch, wie dieß z. B. an der Lauterbrunnen-
Grütschbahn geschieht ein Teil des Wassers unterwegs abgelassen
werden.
Als Beispiel dieser Aenderungen diene der einfachste Fall, wo
die Steigung konstant, somit das Längenprofil gradlinig ist.
Der größte Kraftbedarf findet dann statt bei Beginn der Fahrt, wo
die Massen in Bewegung zu setzen sind und außer dem unteren
Wagen auch das die ganze Bahnlänge einnehmende Seil mit herauf
gezogen werden muß. Während der Fahrt wird der Kraftbedarf
stetig geringer, weil das Eigengewicht der über die Umlaufrolle ge
gangenen Seilstrecke günstig wirkt und die Länge dieser Strecke immer
zunimmt, während das schädliche Eigengewicht der anderen Seilstrecke
entsprechend geringer wird, bis endlich der kleinste Kraftbedarf am
Ende der Fahrt eintritt.
Um diese Verschiedenheiten auszugleichen und an allen Punkten
der Fahrt die Kraft mit dem Widerstände in Uebereinstimmung zu
bringen, hat man verschiedene Mittel versucht. Einmal das schon
erwähnte, aber nur ausnahmsweise vorkommende Ablassen von Wasser
unterwegs, sodann die Anwendung eines sogenannten Au Igle ich -
seiles, welches, dem Zugseile gleich schwer, die beiden Wagen nach
unten mit einander verbindet und über eine Umlcitrolle am unteren
Bahnende geführt ist, so daß aus dem offenen Seil ein geschlossenes
wird und die Eigengewichte der beiden Seilstrecken an jedem Punkte
der Fahrt sich ausgleichen (Beatcnberg u. a.). Ein drittes Mittel
ist die Wahl eines anderen, dem Ausgleich von Kraft und Wider
stand entsprechenden Längenprofils, welches sich theoretisch be
stimmen läßt, und, wie man zum Voraus leicht erkennt, eine nach
außen flach konkave Kurve bildet. Diese Kurve ist angenähert
parabolisch und um so stärker gekrümmt, je größer das Eigengewicht
des Seiles im Verhältnis zum Wagengewicht. Ein so bestimmtes
Längenprofil kann daher nur für eine gewisse Wagenbelastung theo
retisch genau sein, für andere aber nur als Annäherung gelten, was
übrigens für die Praxis wenig ausmacht. Bei den meisten neueren
Bahnen hat man sich diesem theoretischen Profil möglichst zu nähern
gesucht, soweit es die Geländebildung und die verfügbaren Mittel
gestatteten.
Bei Bemessung der Betriebswassermenge muß auf die Be
lastung der beiden Wägen Rücksicht genommen werden, zu welchem
Zwecke die jedesmalige Zahl der Fahrgäste und das Gewicht der
Gepäckstücke von der unteren Station der oberen mitgeteilt wird.
Auf der Luzerner Gütschbahn (s. oben) wird statt dessen der Wasser
bedarf direkt bestimmt, indem man bei offenen Bremsen beider Wägen
das Wasser in den oberen Wagen einläßt, bis die Bewegung be-
ginnnt und dann sofort abschließt. In allen Fällen wird die Ge
schwindigkeit, deren Größtwert auf starken Steigungen zu 1, auf
schwächeren zu 1 bis 2 Sekundenmeter festgesetzt zu werden pflegt,
mittelst der Wagenbremsen, meist Spindelbremsen am unteren Ende
des Abwärtswagens, durch den Schaffner auf der dortigen Platt
form reguliert.
Der eben beschriebene Betrieb mit Wasserballast hat manche
Uebelstände. Es ist nicht immer leicht, die nötige Wassermenge an
der Gipfelstation zu vereinigen, sei es, daß das Wasser aus großer
Entfernung herbeigeleitet (Beatenberg u. a.) oder daß es von unten
hinaufgepumpt tverden muß (Biel-Magglingen am Jura-Abhang,