Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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im Namen v. Egle's, von etwa beabsichtigten weiteren Glückwunsch 
besuchen wegen dessen Gesundheit-verhältnissen absehen zu wollen. 
Einen weiteren Gegenstand der Tagesordnung bildet der Bericht 
der aus den Herren Kölle, Lueger, Dobel, Maurer und Gsell 
bestehenden Kommission für Behandlung der Verbandsfrage betr.: 
„Die Ausstellung von Normalien für Hausentwäsferungen." 
Dieser Bericht konnte in der letzten Versammlung des abge 
laufenen Vereinsjahres nicht mehr zur Erörterung gestellt werden, 
weshalb die Angelegenheit sich bis heute verzögert hat. 
Die Kommission ist übrigens in diesem vom Vorsitzenden ver 
lesenen Berichte zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich empfehle, auf 
dem schon im Oktober 1896 eingenommenen Standpunkte zu ver 
harren, wonach eine Notwendigkeit, Normalien für Hausentwässerungen 
aufzustellen, nicht vorliege. 
Da aus der Versammlung eine Einwendung sich nicht erhebt, 
so wird der Bericht in der Fassung der Kommission an den Verbands 
vorstand übermittelt werden. 
Nunmehr erhält Lauser das Wort zu seinem Vortrage über: 
• „Die Entwicklung griechischer Stelen- und Akroterien-Formen, die 
Anwendung der Polychromie und die Verwertung dieser antiken 
Vorgänge zu einer großen Marmorbekrönung auf ein Familien 
grab des hiesigen Pragfriedhofs." ■ 
Der Vortrag ist allerseits mit großem Interesse verfolgt und 
mit lebhaftem Beifalle aufgenommen worden. 
Der Vorsitzende dankt dem Redner für seine anregenden Aus 
führungen sowohl als für die Mühe, die er durch die Herstellung 
der zugehörigen Zeichnungen und Bilder, sowie durch die Beibringung 
von Modellen, auf sich genommen hat. 
Da weitere Erörterungen sich an den Vortrag nicht knüpfen 
und mit diesem die Tagesordnung erschöpft ist, so erfolgt gegen 
9 s /4 Uhr der Schluß der Versammlung. 
Ueber die hydrologischen Beobachtungen und Messungen in Württemberg 
Aus dem Vortrag des Bauinspektors Gugeuhan, gehalten im Württembergischen Jngenieurverein am 12. Januar 1899. 
(Mit einer Figurentafel.) 
Systematische hydrologische Beobachtungen wurden, wie in ganz 
Europa, so auch bei uns in Württemberg, erst in dem zu Ende 
gehenden Jahrhundert eingeführt. Ihre Einführung und Ausdehnung 
steht im engsten und ursächlichen Zusammenhang mit den drei haupt 
sächlichsten Hochwasserverheerungen dieses Jahrhunderts, in der Art, 
daß durch die Ueberschwemmungen der Jahre 1817 und 1824 der 
erste, durch die Hochwasser von 1851 und 1853 der zweite und 
durch die Hochwasser von 1880 und 1882 der dritte kräftige Anstoß 
zur Ausbildung eines regelmäßigen Beobachtungsdienstes gegeben 
wurde. 
Die Grundlage für die richtige Beurteilung der Maßnahmen 
gegen Hochwasserverheerungen im besonderen und für eine rationelle 
Wasserwirtschaft im allgemeinen, bildet aber eine genaue Kenntnis 
der bestehenden Verhältnisse an den einzelnen, in ihrem Verhalten 
oft ganz verschiedenen Flußläufen. Die zur Erkenntnis der hydro 
logischen Verhältnisse erforderlichen Beobachtungen zerfallen in 
meteorologische und hydrographische. 
Das Hochwasser vom Jahr 1824, welches das größte Hochwasser 
dieses Jahrhunderts war, gab den Anlaß zur Gründung eines frei 
willigen, meteorologischen Vereins, dessen Mitglieder regelmäßige 
Beobachtungen, vornehmlich über Luftdruck und Lufttemperatur machten. 
Vom Jahr 1854 an wurde dieser Verein mit staatlichen Zuschüssen 
bedacht. Seit dem Jahr 1874 untersteht der meteorologische Dienst 
einer, dem Kgl. statistischen Landesamt angegliederten, meteorologischen 
Zentralstalion, welcher gegenwärtig auf unserer 19500 qkm großen 
Landesfläche 109 Beobachtungsstationen unterstellt sind. 
Was die Art und Weise der Messung des Niederschlags anbe 
langt, so wird dabei diejenige Höhe in Millimetern zu ermitteln 
gesucht, bis zu welcher das Regenwasser, oder das von Schnee und 
Hagel herrührende Schmelzwasser den Boden bedecken würde, wenn 
alles beisammen geblieben, also nichts verdunstet, in den Boden ein 
gedrungen oder abgeflossen wäre. 
Zur Ermittlung der Niederschlagsmengen sind Regenmesser der 
Konstruktion Hellmann-Walther eingeführt, welche aus einem blechernen 
Auffanggefäß von 200 qcm — V»o qm Auffangfläche bestehen, und 
bei denen die eingefallenen Meteorwasser durch einen Trichter in ein 
Sammelfläschchen geleitet werden. Der jeweilige Inhalt des Sammel 
fläschchens wird in ein Meßglas abgelassen, dessen Teilstriche die 
Regenhöhe in Millimeter abzulesen gestatten. Ein Millimeter Regen 
höhe entspricht einem Liter auf den Quadratmeter. 
Der gesamte Jahresniederschlag nimmt mit steigender Meeres 
höhe des Beobachtungsories rasch zu. Die mittlere Niederschlagshöhe 
beträgt in Württemberg in 20 jährigem Durchschnitt etwa 850 mm. 
Die Niederschlagsverteilung hat sich in diesem Zeitraum, wie 
Figur 1 zeigt, so gestaltet, daß im westlichen Teil des Landes, auf 
der Hornisgrinde und dem Ruhestein, das Maximum der Niederschläge 
mit etwa 2200 mm Jahresniederschlag eintritt; ein zweites, schwächeres 
Maximum von etwa 1500 mm wird im Südosten des Landes, am 
schwarzen Grat bei Jsny, beobachtet. Teilmaxima von 1000 und 
1100 mm treten auf allen höheren Punkten des Nordrandes der 
Mb und des Albuches, des Mainhardter Waldes und des Strombergs 
auf, während sich die Minima der Niederschläge in ungefährer 
Jahreshöhe von 500 bis 600 mm neckar- und donauaufwärts weit 
ins Land herein erstrecken. 
Ungleich wichtiger als die Jahresniederschläge sind für die Praxis 
die Tagesniederschläge. Schon bei allgemeinem Landregen von 40 
bis 50 mm Gesamthöhe des täglichen Regenfalls pflegen Ueber 
schwemmungen einzutreten. 
Die folgenschwere Hochwasserkatastrophe in der Gegend von 
Balingen im Jahr 1895 wurde dadurch verursucht, daß, nachdem am 
4. und 5. Juni je 40—50 mm Regen gefallen und der Boden 
vollständig gesättigt und wenig aufnahmefähig war, am 6. Juni 
gar 80 mm Regen niederging. 
Für Württembergische Verhältnisse muß, vorzugsweise im Sommer 
für mittelgroße Niederschlagsgebiete mit einer täglichen Niederschlags 
höhe von 100 mm gerechnet werden, Für kleinere Gebiete können 
bei lokalen Sturzregen Niederschlagsmengen bis 150 mm und mehr 
eintreten. Erfahrungsgemäß sind aber die gefahrbringenden Wasser 
anschwellungen zumeist weniger von der täglichen Regenhöhe abhängig, 
als vielmehr von der Menge der in kürzerer Zeit niederfallenden 
Wassermassen. Das K. statistische Landesamt hat daher neuerdings 
angeordnet, daß bei stärkeren Regen künftighin die Dauer des heftigen 
Niederschlags notiert und die Regenmenge sofort nach dem Aufhören, 
bezw. Nachlassen erhoben werden soll. 
Als größter, in kürzerer Zeit fallender Niederschlag gilt bei uns 
ein solcher von 37 mm in der Stunde mit drei- bis vierstündiger 
Dauer. Es wurden jedoch auch in noch kürzerer Zeit erheblich mehr 
beobachtet 
Die Regel, daß 12 mm Schneehöhe gleich 1 mm Wasserhöhe 
sei, ist, wegen der wechselnden Dichtigkeit des Schnees, nur für ober 
flächliche Schätzungen verwendbar. 
Der Meteorologie würden nun auch Beobachtungen über Ver 
dunstung und Versickerung obliegen. Die Größe der Verdunstung 
und Versickerung ist aber abhängig von der Oberflächengestaltung, 
von der Bodenbearbeitung, von den Anpflanzungsverhältnissen und 
den Vegetationszeiten, von der Wärme und von Frostperioden, von
	        
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