Full text: Die Logik der Dichtung

Die epische Fiktion 
begegnet, nach und nach im Schreiben selber in sie verliebt. »Das Lieblichste «, rief er aus, 
»das Heimlichste, Wahrste und Beste, was ich wußte, hab ich gegeben und nicht einen 
Buchstaben ändere ich an dem ganzen Stück.« Hiermit schleuderte er das Manuskript zor 
nig auf den Tisch und ging rasch in den Garten fort, und es war ihm in einiger Entfernung, 
als hörte er die Schauspieler hinter sich lachen. (Eichendorff: Dichter und ihre Gesellen) 
Beispiel 2 : 
Das Wirtshaus war äußerlich sehr ähnlich dem Wirtshaus, in dem K. wohnte. Es gab 
im Dorf wohl überhaupt keine größeren äußeren Unterschiede, aber kleinere Unterschiede 
waren doch gleich zu merken, die Vortreppe hatte ein Geländer, eine schöne Laterne war 
über der Tür befestigt. Als sie eintraten, flatterte ein Tuch über ihren Köpfen, es war eine 
Fahne mit den gräflichen Farben. Im Flur begegnete ihnen gleich, offenbar auf einem be 
aufsichtigenden Rundgang befindlich, der Wirt; mit kleinen Augen, prüfend oder schläf 
rig, sah er K. im Vorübergehen an und sagte: » Der Herr Landvermesser darf nur bis in den 
Ausschank gehen.« »Gewiß«, sagte Olga, die sich K’s gleich annahm, »er begleitet mich 
nur.« K. aber, undankbar, machte sich von Olga los und nahm den Wirt beiseite. Olga 
wartete unterdessen geduldig am Ende des Flurs. »Ich möchte hier gerne übernachten« 
sagte K. »Das ist leider unmöglich« sagte der Wirt. »Sie scheinen es noch nicht zu wissen. 
Das Haus ist ausschließlich für die Herren vom Schloß bestimmt. . .« (Kafka: Das Schloß) 
Beispiel} : 
Als Duschka in den Mittagsstunden des folgenden Tages bei Jekaterina Iwanowna an 
klopfte und nach dem Diakon fragte, war sie so ernst und sah so verwacht aus, daß es der 
sogleich auffiel; und noch ernster wurde sie, als sie hörte, der Vater Diakon sei schon am 
frühen Morgen weggegangen - über Land — und komme erst am späten Nachmittag wie 
der. Am Abend gehe er abermals aus. »Wann wird dieser spätere Nachmittag sein ?« fragte 
Duschka halb sich selbst und halb Jekaterina Iwanowna, und dann entschied sie, sie werde 
es gegen sieben Uhr noch einmal versuchen. 
Als sie vor Beginn des Nachmittagsunterrichts noch einmal nach Hause ging, gewahrte 
sie schon von der Straße her, daß Ilja am Fenster seines Zimmers stand. Und kaum hatte 
sie die Tür hinter sich geschlossen, als er bei ihr anklopfte und eintrat. Sie meinte, er sehe 
blasser aus als sonst, und sein Gruß war eilig. »Hast du ihn gesehen«, fragte er. »Nein«, 
er war ausgegangen - über Land ... Sie hatte gehört, daß er sie duzte ...»Ich fahre heute 
weg « sagte er. Sie blickte ihn erschrocken an. (Edzard Schaper: Der letzte Advent) 
Diese Texte, die nicht zu knapp sein durften, um das in Frage stehende 
Phänomen sicht- und erlebbar zu machen, sind aufs Geratewohl gewählt. 
Jedermann weiß, daß sie für alle erzählende Dichtung paradigmatisch sind, 
wie verschieden auch immer Stil, Inhalt und sogar das literarische Niveau 
sein mögen. Schon jeder dieser drei Texte zeigt einen anderen Stil der Ver 
bindung von Bericht und Dialog. Alle aber sind darin übereinstimmend, 
daß der jeweilige Stoff (des betreffenden Romanausschnittes oder -Zusam 
menhanges) teils berichtend, teils gesprächsweise mitgeteilt ist. Wir könnten 
uns natürlich die Mühe machen, das ‘statistisch’, etwa in zwei Rubriken 
geordnet, nachzuzeichnen. Aber es bedarf dessen nicht. Unmittelbar sehen 
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