Full text: Die Logik der Dichtung

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Die logischen Grundlagen 
bildung geschaffen, sich dabei unwillkürlich der Aristotelischen Bestimmung 
der Dichtung angeschlossen, d.h. hier den Begriff der Dichtung auf die 
‘mimetischen’ Dichtungsarten beschränkt hat. Nur vereinzelt ist bemerkt 
worden 13 , daß man in Bezug auf die Lyrik nicht in demselben Sinne wie in 
Bezug auf eine erzählende oder dramatische Dichtung von einem Verhältnis 
der Dichtung zur Wirklichkeit reden kann. Und indem man sich dies nicht 
mit voller phänomenologischer Deutlichkeit zum Bewußtsein brachte, re 
flektierte man auch nicht darüber, warum und in welchem Sinne dies für die 
epische und dramatische Dichtung möglich und sogar naheliegend ist, ja zu 
ihrem Wesen selbst gehört. Die traditionell gewordene Dreiteilung des 
Dichtungssystems in die drei einander auf gleicher Ebene nebengeordneten 
Gattungen hat verhindert, sich des urphänomenalen Erlebnisses bewußt zu 
werden (und ihm damit theoretischen Ausdruck zu geben), daß ein Roman 
oder Drama und ein lyrisches Gedicht nur auf gewissermaßen künstliche 
Weise unter den Oberbegriff Dichtung zusammengeordnet werden können. 
Aristoteles hat diese Künstlichkeit auf das zurückgeführt, was zu seiner 
Zeit Epos und Elegie gemeinsam war: das Metrum, die distichische Vers- 
form. Die neuere Poetik und Literaturtheorie hat die alle Dichtungsarten 
zum Kunstgebiet Dichtung vereinigende Gemeinsamkeit in ihrem Material, 
der Sprache, gesehen. Dabei ist sie zwar grundsätzlicher und allgemeiner, 
aber auch weniger problembewußt verfahren als Aristoteles und hat eben 
deshalb weder die Wirklichkeitsproblematik noch auch die der Dichtung 
genau erfaßt. Aber wie wir es als Problem schon in der Einleitung aufstellten, 
ist es in der Tat das Sprachmaterial der Dichtung, das letztlich die Begriffs 
bildung Dichtung und Wirklichkeit erhellt und dadurch den Begriff und das 
System der Dichtung selbst erkennbar werden läßt. 
Es sind denn auch einige bedeutsame Versuche, das Problem der Dich 
tung von der Sprache her zu erfassen, unternommen worden, und nicht von 
der bloß dichterischen, sondern von der dichtenden Sprache her. Einer der 
ersten, der dies Problem energisch in Angriff genommen hat, ist Hegel. Der 
schon in der Einleitung erwähnte Satz seiner Ästhetik, der ihm den prä 
gnantesten Ausdruck gibt, lautet vollständig: »Es ergibt sich dann auch die 
Poesie 14 15 als diejenige besondere Kunst, an welcher zugleich die Kunst sich 
aufzulösen beginnt und für das philosophische Erkennen ihren Übergangs 
punkt. .. zur Prosa des wissenschaftlichen 14 Denkens erhält /. 18 Mit diesem 
Satze Hegels befinden wir uns bereits in jenem Gebiete der Dichtungstheorie, 
13. so GStorz: Über die Wirklichkeit von Dichtung (Wirkendes Wort, 1. Sonderheft ’32, 94f.) 
14. Poesie bedeutet zur Hegelzeit Dichtung überhaupt und ist nicht auf die Lyrik beschränkt. Zum 
Begriff‘wissenschaftlich’ s. Anm. 18. 
15. Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik. Hrsg. v. Hotho, Berlin 1843 III, 232
	        
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