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sondern auch erlaubt werden, einzelne Stücke, die sie als Muster benützen
wollen, auf kurze Zeit und gegen Sicherheitsleistung für Zurückgabe in
unverdorbenem Zustand in ihre Werkstätten zu nehmen. Die Muster von
Geflechtwaren sodann könnten für die Zentralleitung des Wohlthätigkeits-
Vereins zum Gebrauch für die Industrieschulen von Interesse sein, und endlich
die lackierten Holzwaren könnten mehreren Gewerbetreibenden, namentlich
in Esslingen, dienlich und im übrigen wie die Teppichmuster zu behandeln
sein. Den nächsten Vorteil der Mustersammlung erblickte der Ausschuss
darin, dass sie den Sinn und Eifer für geschmackvollere und sorgfältigere
Arbeit zu wecken geeignet sei.
»Was jetzt hauptsächlich ins Auge zu fassen sein möchte,« berichtet
der Ausschuss weiter, »ist Vorbereitung für einen — wie wir hoffen nicht
sehr fernen — besseren Zustand, Vorbereitung durch Erhaltung und Be
lebung der bestehenden Industrie durch Förderung gründlicher Bildung,
welche den Sinn und die Fähigkeiten für Industrie in grösserem Umfang
entwickelt und durch das Bemühen der h. Zollvereins-Regierungen, den bis
her einzelnen Warengattungen zugestandenen Zollschutz auch den übrigen
Artikeln zu teil werden zu lassen, um den Absatz nach aussen auf gleiche
Weise, wie es von den Staaten geschieht, mit deren Erzeugnissen die deutsche
Industrie zu konkurrieren hat, zu erleichtern und zu sichern.« —
In die gleiche Zeit fällt auch der Vorschlag des Professors der Tech
nologie, Dr. Volz an der Universität Tübingen, dahin gehend, es sollen,
da es den Gewerben des Landes hauptsächlich an der rechten Geschmacks
bildung fehle, von der Gesellschaft für Beförderung der Gewerbe in Ver
bindung mit den Lokalgewerbevereinen Muster von Fabrikaten angeschafft
werden, welche nach wechselndem Turnus das Land zu durchwandern hätten
und nach zurückgelegtem Turnus an ebenfalls wechselnden Orten zu ver
steigern wären; dabei wurden zugleich einzelne Gegenstände zu solchen
Musteranschatfungen empfohlen.
Der Ausschuss der Gesellschaft für Beförderung der Gewerbe berichtete
hierauf am 6. September 1845,*) dass darüber kein Zweifel bestehe, dass die
Anschauung trefflicher Muster von grösstem Nutzen für den Gewerbetreiben
den sei, selbst in dem Falle noch, wenn es ihm an gründlicher theoretischer
Vorbildung fehle, und dass Zeichnungen nie dasselbe gewähren, dass man
sich aber von dieser Anschauung guter Vorbilder so lange nur einen halben,
vielleicht zum Teil gar keinen Nutzen versprechen könne, als der Be
schauende nicht zugleich auf die Vorzüge und Schönheiten des Gegenstandes
aufmerksam gemacht oder seine Meinung, es liege hier etwas Unerreichbares
vor, nicht glücklich bekämpft werden könne. Von guten Mustern lasse sich
nur dann eine glückliche ausgedehnte Wirksamkeit erwarten, wenn sie von
zweckmässigen, berichtigenden und anregenden Erläuterungen Solcher begleitet
*) Anm. Wir gehen auf diesen Bericht näher ein, weil er zeigt, wie schon damals die Klagen
des Gewerbes und die Ratschläge, wie denselben abzuhelfen wäre, dieselben waren, wie heute.