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Sämtliche Fassaden sind mit ornamentalem Schmuck versehen, ins
besondere die Kanzleistrassenfassade, die Risalite und der Mittelbau der
Schlossstrassen- und Lindenstrassenfassade, sowie die kleinen Risalite der
Hospitalstrassenfassade. In erster Linie sind hier die Schlusssteine der
grossen Erdgeschossfenster der Kanzleistrassen- und Lindenstrassenfassade
hervorzuheben, auf welchen verschiedene Masken angebracht sind und zwar
in der Kanzleistrasse vom Kuppelbau der Schlossstrasse ausgehend: Wald-,
bau, Weinbau, Fischerei, Jagd, dann Merkur, Ceres, Wappen Württembergs,
Vulkan, Minerva, hierauf Luft, Wasser, Erde, Feuer. Der Schlussstein über
dem Eingangsportal zum Kuppelbau Schloss-Lindenstrasse erhielt eine Po
mona, während die Masken der Lindenstrassen-Schlusssteine die verschiedenen
Baustile und zwar den ägyptischen, griechischen, römischen, romanischen,
gotischen Stil, den Renaissance- und Zopfstil versinnbildlichen.
Einen weiteren Schmuck erhielt das Gebäude durch die Portraitmedaillons,
welche sich an der Schauseite der Kanzleistrasse (über den kleinen Fenstern
des ersten Stocks), und an den vier Risaliten der Schloss- und Lindenstrasse
(über den kleinen Fenstern des Erdgeschosses), sowie an den kleinen Risa
liten des Hospitalstrassenflügels befinden. Es sind Portraits von Württem-
bergern, welche sich auf den verschiedenen im Hause vertretenen Gebieten
ausgezeichnet haben, und zwar an der Kanzleistrassenseite: List, Cotta,
Goppelt, v. Varnbüler, Etzel, Leins, an der Schlossstrassenseite: Weit
brecht, Bruckmann, Deffner, Kessler, an der Lindenstrassenseite:
Meebold, Zahn, Walcker, Schiedmayer, Weckherlin, Walz,*) am
Hospitalstrassenflügel: Hahn und Gmelin, an den Nebenseiten des Kanzlei-
strassenflügels: Syrlin (Schlossstrassenseite) und Böblinger (Hospital-
strassenseite). Diese Portraits, sowie die oben erwähnten Schlusssteinköpfe
sind von Bildhauer Gäckle unter Mitwirkung von Professor Neckelmann
aufs sorgfältigste modelliert und ausgeführt worden.
Prächtige Vasen füllen die Nischen des Kanzleistrassenflügels und des
Eckbaues der Schloss- und Lindenstrasse, Kandelaber diejenigen des Hospital
strassenflügels. Reich ausgebildete Wappenschilder mit den Emblemen der
verschiedenen Handwerke zieren die vier Giebelrisalite, den Mittelbau der
Schloss- und Lindenstrassenfassade, wo sie im zweiten Obergeschoss zum
Teil als Schlusssteine, zum Teil über den Fenstern angebracht sind. Diese
Arbeiten, wie auch die Kapitale, Stirnziegel und die übrigen ornamentalen
Dekorationen sind von den Stukkateuren Rothe & Hilliger hier modelliert
und in Stein ausgehauen worden.
Als Bekrönung hat das Hauptgesims des Kanzleistrassenflügels zwölf
2,76 m hohe Standbilder aus Heilbronner Sandstein erhalten, welche auf
entsprechendem Sockel vor der Attika dieses Bauteils aufgestellt sind. Sie
wurden von sechs Stuttgarter Künstlern geschaffen, und zwar: Bergbau und
Landwirtschaft von Bildhauer Bausch, Gewerbe und Kunstgewerbe von
*) Vergl. »Die Meisterbildnisse an dem neuen Landes-Gewerbemuseum. Von Oberstudienrat
Dr. J. Hartmann« im Gewerbeblatt aus Württemberg 1895, Nr. 51 u. 52; I896, Nr. 21.