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BAUZEITUNG
NE. 12
schimmernde Töne
eigentlich noch weit
besseren Reiz als das
„echte“ Grün. Zu
dem geht alles Grün
der Anlagen vortreff
lich in der Farbe
damit zusammen, der
wilde Wein zum
Beispiel ganz wun
derschön sowohl in
seinem Sommer- wie
in seinem Herbst
gewand. Der Geist
des Ockers macht
aber vor den Türen
nicht Halt, er ver
brüdert sich nur
mit „Lehmgelb“ und
„Steingrau“, um
durch die Treppen
ausgänge bis in die
„Säle“ zu dringen, wo ihn höchstens die schwächlich ge
brochenen Rosa- oder Resedatöne ahlösen. Und die Möbel?
Nußbaumimitation und Eichenimitation, wenn man das
Ergebnis wilden Herumfahrens mit einem Pinsel voll Ruß
auf einem dunkleren oder helleren Grunde so nennen kann
Wie selten, daß man das Holz in seiner natürlichen
Schönheit sehen läßt oder aber es mit einem ruhigen und
schönen Earbentone ehrlich zndeckt!
Möge man dort, wo die Macht ist, unsre bescheidene
Anregung nicht unbeachtet lassen. Worauf wir hinaus
wollen, das ist hier so gut wie anderswo nicht nur ästhe
tische, sondern auch ethische Kultur, sofern die Beachtung
aller Seiten des Berufes zur ethischen Kultur gehört,
In unserm Falle: des ärztlichen Berufes, denn das ruhige
Behagen, das eine harmonisch schöne Farhenstimmung
verbreitet, auch wenn man nicht weiß, woher sie kommt,
gehört zur Hygiene. Wenn erst mehr Krankenhäuser
so ausgestattet sind, wird man kaum mehr begreifen
können, daß man den bisherigen Unfug so lange ertrug.
Und noch eins: warum ist ein plastisches Kunstwerk in
unsern Krankenhäusern geradezu eine Seltenheit? Gesetzt,
daß sich’s um eine fromme Stiftung handle: wo, beispiels
weise, kann ein schöner segnender Christus stärker wirken
als am Ende eines langen Wandelganges im Kranken
hause? Und wenn Gestalten aus dem biblischen Kreise
nicht am Platze scheinen, warum stiftet so selten ein
Kunstfreund irgendeine andre Skulptur einem Kranken
hause dorthin, wo die Erholungsuchenden mit guter Muße
lange und immer wieder in ihrer Nähe verweilen würden?
Ernste und vielleicht mehr noch heitere plastische Figuren
und Gruppen gehören in die Gänge und in die Gärten
unsrer Anstalten. Es brauchten auch keine Original
werke, es könnten sogar fürs erste ganz wohl Abfor
mungen in billigem Material sein. Aber Abformungen
guter Werke, z. B. die bemalten Kopien nach den Reliefs
von Deila Robbia, die jetzt gut und billig zu haben sind.
Nicht etwa die bei Piepenbrinks so beliebten Zwerge
oder Rehe oder Pilze aus Ton, wie ich aller Vorsicht
halber ja noch betonen möchte. W. R.
DAS LAGERHAUS IN STUTTGART-OSTHEIM
ARCHITEKT: PROF. THEODOR FISCHER-STUTTGART
Das Eisenwarenfabriklager Ostheim wurde von Professor
Theodor Fischer in Stuttgart erbaut und nach dessen Ent
wurf und Plänen durch die Firma Luipold & Schneider,
Zivilingenieure, technisches Bureau und Unternehmung für
Eisenbetonbau Stuttgart und Lindau, in Eisenbeton
konstruktion ausgeführt. Der Bau dient als Lager für
Eisenwaren. Das Erdgeschoß enthält die Bureaus und
den Packraum mit Verladerampe. Die Waren lagern inGe-
fächern, welche bis
unter die Decke rei
chen. Die äußere Ge
staltung des Baues
entsprang dem in
neren Zwecke. Die
Stockwerkshöhen
wurden so niedrig
bemessen, daß die
obersten Gefächer
unter der Decke noch
bequem zu erreichen
sind. Bei dem System
der Fächer war die
Lichtfragebesonders
schwierig; dieselbe
wurde durch die
laternenartige An
ordnung der Fenster
zweckmäßig gelöst.
Deren Anbringung
dicht unter der Decke
ermöglichte es, einerseits die Außenwände für Wandfächer
auszunutzen, und anderseits begünstigte sie den Licht
einfall. Das eigenartige, zweimal zurückgesetzte Dach
gestattete dessen größtmöglichste Ausnutzung und, ohne
die zulässige Gebäudehöhe zu überschreiten, konnten in
demselben zwei Stockwerke untergebracht werden. Daß
es dem Architekten gelang, trotz der Raumausnutzung
das unästhetische, bei Fabrik- und Lagerbauten leider
besonders üblich gewordene flache Dach mit der Platt
form zu vermeiden, dürfte ein besonderes Verdienst sein.
Die äußere Behandlung des Baues besteht aus Putz. Die
Bauzeit betrug D/a Monate, der Kubikmeter umbauten
Raumes stellte sich auf 14 M. (Schluss folgt)
DIE BAUGEWERBLICHE AUSSTELLUNG IM
LANDESGEWERBEMUSEUM ZU STUTTGART
Das „Gewerbeblatt aus Württemberg, herausgegeben
von der Kgl. Zentralstelle für Handel und Gewerbe“
teilt über diese Ausstellung folgendes mit:
„Neben einer Reihe andrer Sonderausstellungen wurde
von der Zentralstelle in den letzten Wochen auch eine
solche für das Baugewerbe im Landesgewerbemuseum
eingerichtet. Die Ausstellung, welche dauernd ist, wurde
nach den Entwürfen von Prof. Paul Schmohl, dem
Vorstand der /Beratungsstelle für das Baugewerbe', aus
geführt. Diese hat die Ergänzung und Weiterführung
der Ausstellung zu besorgen; auch wird von ihr jederzeit
bereitwilligst Auskunft erteilt über die ausgestellten
Materialien und Konstruktionen.
Wie bei allen derartigen Ausstellungen, so war es auch
hier nicht möglich, nur völlig Neues, noch nie Dagewesenes
zur Vorführung zu bringen. Ganz besonders ist es nicht
möglich, solchen Architekten und Baumeistern hier Neues
vorzuzeigen, die das Feld ihrer Tätigkeit in der Groß
stadt haben und für die es eine Leichtigkeit ist, sich mit
dem Neuesten, was auf ihrem Gebiet geboten wird, be
kannt zu machen. Für sie ist die Ausstellung auch nicht
gedacht, sondern für diejenigen Baumeister und sonstigen
Baugewerbetreibenden, die abseits von der Großstadt
ihren Beruf ausüben und für die es schon Schwierig
keiten bereitet, über neue Materialien und deren Ver
wendung zuverlässig unterrichtet zu werden, ja für die
es oft geradezu unmöglich ist, neue Konstruktionen
während der Ausführung, das heißt in einem Stadium, in
welchem der Gang der Konstruktion klar zu erkennen ist,
zu besichtigen. Meist lernen sie Neuerungen nur durch
Anpreisungen der Fabrikanten kennen, die ja naturgemäß
einseitig sind. Was die äußeren Gebäudeformen und die
technische Behandlung des hier verwendeten Materials
anlangt, so ist auf Reisen in größeren Städten allerdings
Lagerhaus Stuttgart-Ostheim. Architekt Professor Th. FiscHBR-Stuttgart. Eisenbeton-
konstruktionen und Bauausführung: Civilingenieure Lüipold & ScHNBiDEK-Stuttgart