Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

7. APRIL 1906 
BAUZBITUNG 
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Skizzen zu den Häuschen der Mitglieder der Barm- 
städter Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe. Nach 
„Olbrichs Ideen“, Verlag Baumgärtner in Leipzig 
Anstrengung in sich zusammengesunken ist, oder wenn 
er mit dem Ausdruck verhaltener Kraft zu neuer An 
strengung bereit steht. 
Auch Tiere hat er gebildet, abgetriebene Arbeitsgäule, 
die in ihrem trübseligen Verfall eine stumme Anklage 
gegen ihre Bedrücker erheben. 
Charakteristisch für Meunier sind die Stoffe, die er der 
Bibel entnahm. Er hat uns eine ergreifende Darstellung 
von der Rückkehr des verlorenen Sohnes und eine Statue 
des Schmerzensmannes gegeben. Da ist nichts von der 
traditionellen glatten Schönheit. In seinem Christus schil 
dert er den unseligen Menschen, der durch die Verständ 
nislosigkeit und Grausamkeit seiner Nächsten zu den un 
erhörtesten körperlichen und seelischen Leiden verurteilt ist. 
Die Gefühlsskala der Werke des Meisters ist nicht 
universell umfassend. Aber innerhalb der selbstge 
zogenen Grenzen hat er das Höchste geleistet. In seinen 
Werken liegt eine der Antike verwandte Einfachheit 
und Würde. Da ist alles groß geschaut. Alles Zu 
fällige, das den gewollten Eindruck nicht verstärken 
hilft, ist vernachlässigt. Nie hat er sich zum tendenziösen 
Schaffen hinreißen lassen. Die Darstellung wächst 
gleichsam aus dem Stoff heraus als dessen allein denk 
bare Erscheinungsform. Welch wunderbare künstlerische 
Logik liegt nicht in seinem „Beiter an der Tränke“. 
Das Wuchtige, Aufstrebende, das der Gruppe ihren 
Charakter gibt, hat der Künstler so einfach erreicht, 
indem er das Pferd mit den Vorderbeinen tiefer stellte 
und den Kopf zum Wasser hinunterbeugen ließ. Da 
durch wurde der Reiter veranlaßt, sich zurückzulehnen, 
um nicht vornüberzufallen. Die größte Natürlichkeit 
ist hier zur höchsten Kunst geworden. 
Hoffen wir, daß es Meunier beschieden war, seine 
beiden letzten und größten Werke zu vollenden. Vor 
allem sein Lebens werk, das Denkmal der Arbeit, an 
dem er schon seit langen Jahren geschafft hat. Dann 
mögen seine erzgegossenen Riesengestalten von hohem 
Sockel herab den Vorübergehenden erzählen von dem 
Künstler, der so ganz Mensch war, und von dem Menschen, 
der so ganz Künstler war. 
Wertung der Techniker in Württemberg 
Unter dieser Ueberschrift brachte die „Südd. Bau 
zeitung“ am 3. März d. J. einen Artikel, der sich mit 
den anläßlich des Geburtsfestes des Königs an mittlere 
Baubeamte verliehenen Auszeichnungen beschäftigt und 
in dem auf die hiebei zutage getretene gesellschaftliche 
Stellung der geprüften Bautechniker hingewiesen wird. 
Nun ist leider zuzugeben, daß es den mittleren Bau 
beamten, trotz ihres jahrelangen Bestrebens, bisher noch 
nicht gelungen ist, sich eine ihrer Ausbildung und ihren 
Leistungen angemessene Stellung im Staate zu verschaffen, 
wie dies bei den übrigen mittleren Beamtenständen längst 
der Fall ist. Wie hat man sich nun diese beschämende 
Tatsache zu erklären? Aus zweierlei Ursachen. Ein 
mal sind diese ßaubeamten die jüngsten im Staatshaus 
halt ständig nötig gewordenen Kräfte (Mitarbeiter), 
während die andern mittleren Beamtenstände teilweise 
schon auf ein ehrwürdiges Alter zurückblicken. Zum 
andern hält man in Württemberg offenbar einen Beamten 
nicht für vollwertig, der nur auf eine gründliche tech 
nische Fachbildung Anspruch erheben kann. Unter 
dieser merkwürdigen Tatsache leiden sogar auch teilweise 
höhere Techniker, solange sie nicht in der Lage sind, den 
Zeichenstift mit der Schreibfeder vertauschen zu dürfen, 
oder durch hervorragende künstlerische Eigenschaften ex 
lex stehen. Eine Folge hiervon ist zum Beispiel, daß den 
Technikern vielfach nicht vergönnt wird, über ihre Arbeit 
an offizieller Stelle selbst zu referieren. Dies nur nebenbei. 
Nun wurde, wie bekannt, der Stand der andern 
mittleren Staatsbeamten, der Katastergeometer u. s. w. 
im letzten Jahrzehnt insbesondere dadurch gehoben, daß die 
Regierung bei diesen die Ausübung ihres Berufs von 
dem Besitze eines bestimmten Maßes allgemein wissen 
schaftlicher Bildung abhängig gemacht hat. Diese Ver 
besserungen sind den fraglichen Beamten aber nicht in 
den Schoß gefallen, nein, sondern sie sind einmütig 
zusammengestanden, sie haben keine Mühe und Opfer 
gescheut, ihre vitalen Interessen rechtzeitig wahr 
genommen und zielbewußt verfolgt. 
Was taten nun in dieser Zeit die württembergischen 
mittleren Baubeamten, welche nicht dabei waren, als 
man die Welt geteilet? Antwort: 
„Ein großer Teil derselben verkennt heute noch voll 
ständig die Bedeutung und den Wert geschlossenen Zu 
sammengehens mit straffer Organisation.“ 
Beweis: Vor sechs Jahren wurde von über 200 der 
betreffenden Beamten ein Verein gegründet, der „Wtirt- 
tembergische Baubeamten-Verein“, der es sich 
zur speziellen Aufgabe gemacht hat, durch Hebung des 
Standes die Interessen der Baubeamten möglichst zu 
fördern. Dieser Verein hat einzelnen seiner Beamten 
kategorien schon nennenswerte Vorteile gebracht, er hat
	        
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