Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

BAUZEITUN' 
FÜR WÜRTTEMBERG 
BADEN HESSEN ELr 
SASS - LOTHRINGEN* 
Inhalt: Die Ziele der 3. Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906. — Volksschulbauten in 
Württemberg. — Trophäen auf dem Arsonalplatz in Ludwigsburg. — Kohlenförderanlage der städtischen 
Elektrizitätswerke Stuttgart. •— Vom rheinischen Holzmarkt. — Zu den Streikbewegungen im Baugewerbe. 
— Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien — Bücher. ■— Briefkasten. 
-M/KUai billN- 
Alle Rechte Vorbehalten 
Die Ziele der B. Deutschen Kimstgewerhe-Ausstelliing Dresden 1900 
Die in sechs Wochen zu eröffnende Dresdner Kunst 
gewerbe-Ausstellung bricht mit einem bisher allgemein 
gebräuchlichen Ausstellungsgrundsatz: Sie wird zur Kunst 
ausstellung, denn sie wird im wesentlichen beschickt von 
Künstlern, nicht von Fabrikanten. Darin beruht der 
große Unterschied. Der vor 
handene Raum wird in den 
wichtigsten Teilen nicht gegen 
Platzmiete an die Aussteller 
vergeben, die sich dann neben 
einander, so gut es geht, mit 
ihren Waren ausbreiten, son 
dern es wird der Raum, und 
zwar in der vornehmen ge 
wünschten Ausgestaltung, den 
einzelnen Künstlern ange 
wiesen, die sich jene Hand 
werker, Fabrikanten und Mit 
arbeiter heraussuchen, die 
ihnen am besten erscheinen, 
während bisher der Fabrikant 
sich den Künstler heraus 
suchte, der ihm am angenehm 
sten war. Und das ist nur 
zu oft der, dessen Namen 
man nicht zu nennen braucht: 
denn das hieße ja so viel, als 
die Konkurrenz auf den Mann 
aufmerksam machen, die 
Kosten für die Entwürfe 
künstlich hinauftreiben. 
Darin, daß die Fabri 
kanten mit einer anonymen 
Künstlerschaft arbeiten, er 
blicken viele eine der schwer 
sten Schädigungen unsers 
Kunstgewerbes. Erst wenn 
der Künstler in Amt und 
Würden kam, kann er sich 
der Industrie gegenüber 
durchsetzen, kann er verlangen, daß die Welt wisse, er, 
nicht aber der Fabrikant habe das Stück geschaffen, das 
bei gleicher technischer Ausführung künstlerisch höher 
steht als ein andres. Die Blüte der großen Ateliers be 
gründet sich darauf, daß sie allgemein bekannt sind 
und daß man zum mindesten in Fachkreisen weiß, was 
sie schufen; Sie arbeiten frisch darauflos, was ihnen 
für richtig scheint, und erwarten den Besuch des Fabri 
kanten, der sich aus den neuen Entwürfen heraussucht, 
was ihm in seinen Kram paßt: zuerst die Franzosen und 
dann die Deutschen, die nur oft zu stolz sind, das Uebrig- 
gebliebene als „neueste Pariser Dessins“ zu erwerben. 
Diesem Schaden in der 
Produktion oder doch wenig 
stens den noch vorhandenen 
Resten dieses Schadens soll 
die Ausstellung entgegen 
arbeiten. Sie will nicht den 
einzelnen kunstgewerblichen 
Gegenstand, nicht die Lei 
stung der einzelnen Werk 
stätte zeigen, sondern sie will 
zeigen, was ein Künstler mit 
den Mitteln, die eine Stadt, 
ein Land ihm darbietet, aus 
einem Raum zu machen ver 
steht. Die Kunstgewerbe- 
Ausstellung wird also in 
erster Linie eine solche für 
Rau mk u n s t sein. Es wäre 
wohl ein Fehler, wollte man 
verlangen, in Zukunft sollen 
alle Kunstgewerbe-Ausstel 
lungen diese Aufgabe haben. 
Aber daß mit einer der Ver 
such gemacht wird, ist ge 
wiß sehr erfreulich. 
In diesem Rahmen stellt 
sich die Ausstellung die Auf 
gabe, ein Bild der künst 
lerischen Kultur unsrer 
Tage zu geben. Da diese 
nicht einheitlich ist, muß auch 
sie verschiedene Wege wan 
dern, um dies Ziel zu er 
reichen. Vor allem will sie 
künstlerische Gesamt- 
wirkungen vorführen, die für unsre Zeit be 
zeichnend sind. 
Innerhalb dieser Gesamtwirkungen wird die bildende 
Kunst als Höhepunkt aller Gestaltungen eine hervor 
ragende Rolle spielen. Während es aber das Ziel der 
Kunstausstellungen sein muß, einen Ueberblick über den 
jeweiligen Kunstzustand durch das vergleichende Neben- 
Schulhaus in Besigheim: Ansicht von der Stadt aus
	        

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