9. Juni 1906
BAUZBITUNG
181
Waisenhaus Straßburg, augehauftes Projekt. Architekt Prof. R. Berndl-München
auch durch die Tüchtigkeit der Arbeit als Vorbilder
dienen sollen. Zunächst ist eine Haustüre nach dem Ent
wurf der Beratungsstelle von der Firma Paul Bart & Söhne
in Stuttgart in amerikanischem Forchenholz ausgeführt.
Sehr gut wirkt bei ihr die sorgfältige Auswahl der ge
maserten Hölzer, die zu einer Füllung zusammengestellt
sind. In den Ausstellungszimmern hot sich Gelegenheit
zur Unterbringung verschiedener Typen von Zimmertüren,
die teils in Eichenholz, teils in Nußbaum ausgeführt sind.
Alle zeigen das Bestreben, mit einfachen Mitteln eine
zweckmäßige und dabei doch gediegen wirkende Form
zu bekommen. Es ist prinzipiell darauf verzichtet, sowohl
an Türen als auch an Bekleidungen Profile anzubringen,
weil dieselben stets Gelegenheit zum Ansetzen von Staub
bieten und dadurch die Instandhaltung des Hauses er
schweren. Die Wirkung ist durch kleine Absetzungen
in den einzelnen Füllungen erzielt. Die Abmessungen
dieser Absätze sind so klein, daß sich nicht leicht Staub
und Schmutz in den Ecken festsetzen können. Die Türen
zeigen uns in Beziehung auf ihre Konstruktion drei ver
schiedene Typen. Bei der einen greift die Türe mit einer
einfachen Ueberfalzung in das Futter ein, bei der andern
liegt die Türe vollständig zwischen dem Türfutter. Der
Anschlag wird hier durch eine besondere Leiste, die im
Futter befestigt ist, hergestellt. Diese Art der Aus
führung hat den Vorzug, daß die Türe von beiden Seiten
eine Nische zeigt, was die Wirkung derselben steigert.
Besondere Sorgfalt ist bei diesen Türen dem Anschlägen
der Bänder zuzuwenden. Es muß die Bekleidung so
viel von dem Türfutter vorsehen lassen, daß die Breite
des Bandes ohne Auskröpfung aus der Bekleidung Platz
findet. Ein weiteres Erzeugnis ist eine Schiebetüre in
Nußbaum furniert. Die Türe wurde hergestellt in den
Planoxylwerken in Altenessen. Die Herstellung des
Materials dieser Türen, des Planoxyls, geschieht nach
einem besonderen Verfahren. Es werden verschiedene
Holzlagen unter hohem Druck so verleimt, daß ihre Fasern
senkrecht übereinander laufen. Auf diese Weise erhält
man Holzplatten, die gegen die Einflüsse der Temperatur
in hohem Grade widerstandsfähig sind. Es sind Platten,
bei denen ein Schwinden oder Verziehen nach einer
Richtung in keiner Weise zu befürchten ist. Aus solchem
Material werden nun die verschiedenen Teile hergestellt,
um mit einer beliebigen Holzart furniert zu werden. Das
Material eignet sich dank dieser Vorzüge zur Herstellung
der verschiedensten Gegenstände, ganz besonders aber ist
Planoxyl da angebracht, wo es sich darum handelt, Holz
in der Nähe einer Wärmequelle zu verwenden.
Die Fabrik stellt auch eine Reihe hübscher Muster
von durchbrochenen Heizkörperverkleidungen her,
die allen Ansprüchen genügen.
Wir kommen nun zur Betrachtung der Glaser
arbeiten. Soweit die konstruktive Seite dieser
Ausführungen in Betracht kommt, ist zu sagen,
daß man im großen ganzen für einfache Ausfüh
rungen auf die althergebrachte Konstruktion an
gewiesen ist. Da wo größere Mittel zur Ver
fügung stehen, können einige neue Konstruktionen
in Betracht kommen, die hier Aufstellung ge
funden haben. Es ist dies das Reformschiebe
fenster der Firma Gottl. Schumacher in Stutt
gart, das eine Reihe von Vorzügen, die die ge
wöhnlichen Fenster haben, mit denen des alten
Schiebfensters vereinigt, ohne die Fehler des
letzteren zu besitzen. Die Flügel können nicht
vom Wind bewegt werden, das Oeffnen kann
hinter den Vorhängen geschehen. Die Schiebe
flügel können in größerer Breite, als dies bei
der alten Konstruktion möglich ist, hergestellt
werden. Besonders geeignet ist dieses Fenster
da, wo offenstehende Flügel störend sind, z. B.
in W andelgängen, Schulen, Krankenhäusern u. s. w.
Eine weitere eigenartige Pensterkonstruktion zeigt
Bernhardts gekuppeltes Doppelfenster. Durch seine ge
ringe Leibungstiefe ist dieses Fenster besonders geeignet
für Fachwerksbauten, auch ist das Einstellen und Heraus
nehmen der Vorfenster sowie die Lüftung einfach und
leicht zu bewerkstelligen. Einen noch dichteren Penster-
verschluß erhält man durch ein Doppelfenster, das uns
als „Wagners Normalfenster“ oder als „Bavaria-Fenster“
im Modell vorgeführt ist. Hier wird der Verschluß
dadurch erreicht, daß das innere Fenster sich mit den
Rahmen auf die Fugen des äußern legt. Des weiteren
sei noch auf das Fenster der Firma K. Mayer, Eßlingen,
aufmerksam gemacht, das einen einfachen Stangenverschluß
aufweist. An metallenen Fenstern zeigt sich uns das
sogen. „Leutert-Penster“, das aus innen und außen ver
zinktem Stahlblech, teilweise gelötet, hergestellt ist und
eine leichte, aber feste Konstruktion ergibt. Außerdem
sind noch einige Abschnitte von gußeisernen Fenstern der
Kgl. Wilhelmshütte in Schussenried vertreten, deren häufige
Anwendung für Pabrikbauten, Ställe und Magazine u. s.w.
bekannt ist. An Kunstverglasungen wäre zu erwähnen
das Fenster im Badezimmer, das in modernen Formen
nach dem Entwurf der Beratungsstelle von V. Saile,
Stuttgart, hergestellt wurde; eine weitere ist an Bern
hardts Doppelfenster, von der Glasmalerei Linnemann in
Frankfurt a. M. ausgeführt, zu sehen. Ferner finden wir
in einem der Ausstellungszimmer ein Fenster mit Messing-
sprossenvei'glasung von der Firma Ohr. Mayer in Eßlingen,
bei dem die gewellte Oberfläche des Glases eine lebhafte
Wirkung hervorbringt. Weitere Muster von Verglasungen
sind von der Firma N. Wiederer in Fürth ausgestellt,
die uns die Verwendung von Messing- und Kupfersprossen
in Verbindung mit geschliffenen Gläsern zeigen.
Die Firma K. Kantlehner in Stuttgart stellt einfache
Kunstschmiedearbeiten aus in Form eines Ziergitters, das
in dem oberen Teil des Portals eingelassen ist; des
weiteren findet sich ein Treppengeländer der Firma
Jakob Horlacher, hier, das in derselben Art wie die
oben angeführten Gitter ausgeführt ist, und zwar unter
Verwendung vierkantiger Stäbe und ausgehauener, leicht
getriebener Blechteile. Die Beschläge an der Haustüre,
von der Firma W. Heinkel in Stuttgart sowie die Ofen
türen gaben Gelegenheit zu Treibarbeiten in Eisenblech
und Messingblech.
In den beiden Zimmern sehen wir einfache gezogene
Stuckdecken. Zwischen Wand und Decke ist eine Kehle
eingelegt, die, ohne jedes Profil, nur mit einem kleinen