21. Juli 1906
BAUZEITUNG
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Die Verwendung von Mörtel und Beton
Dies Thema ist zwar schon so oft behandelt worden,
daß kaum viel darüber zu sagen ist, doch tauchen täglich
neue Gesichtspunkte auf, die einer Erörterung wohl wert
und geeignet sind, der Allgemeinheit zugänglich gemacht
zu werden.
Was die Beschaffenheit des zur Mörtelmischung zu
verarbeitenden Sandes anbetrifft, so war man bis vor nicht
allzu langer Zeit der Meinung, daß ton- oder lehmhaltiger
Sand unbedingt von der Mischung mit Portlandzement
auszuschließen sei, hauptsächlich bei Verwendung zur
Zementwarenfabrikation. Die nun in neuerer Zeit ge
sammelten Erfahrungen auf diesem Gebiet haben aber
gezeigt, daß man mit dieser Ansicht nicht im Recht
gewesen ist, vielmehr sind in vielen Fällen bedeutend
höhere Festigkeiten bei Verwendung ungewaschenen
Sandes festgestellt worden, ohne daß Nachteile irgend
welcher Art beobachtet worden wären.
Den Zementwarenfabrikanten ist deshalb auf Grund
dieser Beobachtung nur dringend anzuraten, selbst Ver
suche mit ton- oder lehmhaltigem Sand, falls sie auf
solchen angewiesen sind, anzustellen, um zu prüfen, ob
dieser Sand bei direkter Vermischung mit Portlandzement
Nachteile im Gegensatz zur Verwendung gewaschenen
Sandes hat oder ob etwa gar eine größere Festigkeit
dadurch zu erzielen ist, denn wer bisher auf Grund der
ungenauen Ansicht über die Verwendbarkeit ton- oder
lehmhaltigen Sandes solchen gewaschen hat, sollte sich
auf Grund der heute wesentlich geänderten Anschauungen
genauer darüber unterrichten, ob das Waschen des Sandes
von Vorteil oder ob es zwecklos ist. Abgesehen aber
von Ton- und Lehmgehalt haben auch die sonstigen ver
schiedenartigen Eigenschaften des Sandes Einfluß auf die
Festigkeit des damit hergestellten Portlandzementmörtels,
und bei Verwendung einer Sorte Zement im Gemisch
mit verschiedenen Sorten Sand werden manchmal so viel
verschiedene Festigkeitsresultate erzielt, als Sandsorten
vorhanden sind; oft ist der Unterschied ein ganz ge
waltiger. Deshalb, wo verschiedene Sandsorten zur Ver
fügung stehen, versäume man nie, verschiedene Festig
keitsproben vorzunehmen.
Bei der Verwendung von Beton aus Portlandzement
muß vor allem das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein,
daß der Anfang des Abbindens nicht etwa schon eintritt,
bevor an die Verarbeitung der hergerichteten Masse ge
gangen werden kann. Der Verarbeiter hat damit zu
rechnen und es ist dies ja eine allgemeine bekannte Tat
sache, daß Zementbeton, welcher erst nach Beginn des
Abbindeprozesses verarbeitet wird, sehr schlecht anhaftet
und erhärtet. Zu einer diesbezüglichen Probe wurde
Beton unter Verwendung von Portlandzement im Ver
hältnis von 1:3 hergerichtet, der bei der Probe mit der
Vicatschen Nadel nach 33 Minuten den Anfang des Ab
bindens zeigte. Bei einer sachgemäßen sofortigen Ver
arbeitung ergab derselbe nach 28 Tagen eine Zugfestigkeit
von 21,4 kg, während Probestücke, welche aus demselben
Mörtel, aber nach 10 Minuten längerer Lagerung an
gefertigt waren, nur noch 20,1 kg Zugfestigkeit brachten.
N ach 20 Minuten langer Lagerung war aber der Mörtel
schon so verdorben, daß an die Herstellung brauchbarer
Zerreißproben nicht mehr gedacht werden konnte. Bei
Herrichtung von Beton oder Verarbeiten desselben sollte
sich jeder erst davon überzeugen, in welcher Zeit der
Abbindeanfang beginnt, und nur so viel Betonmörtel
zurechtmachen, als in der gegebenen Zeit gut und ohne
Ueberhastung bearbeitet werden kann. Als geeignete
Mischverhältnisse für magere und fette Betonmischungen
können folgende empfohlen werden:
Zement
Sand
Kies
1
2
5 Gewichtsteile
1
3
6,5 „
Zement Sand Kies
1 4 8,5 Gewichtsteile
1 6 12
Zur Herrichtung eines Kubikmeters Normalbeton
(1:1,8:4,4) werden gebraucht: ca. 294 kg Zement,
ca. 400 Liter Sand, 920 Liter Kies.
Möglichst dichten Beton erhält man, wenn der Kies
anteil mindestens doppelt so groß ist wie der Sandanteil.
Wird nur Zement und Kies verwandt, so erleidet die
Festigkeit starke Einbuße und ist dies deshalb nicht zu
empfehlen. W. Ritter.
YII. Tag für Denkmalpflege
Die diesjährige Tagung findet in Braunschweig am 27.
und 28. September statt. Eine große Reihe bemerkenswerter
Vorträge steht auf der Tagesordnung: Wie ist die öffent
liche Meinung zugunsten der Denkmalpflege zu beein
flussen? Berichterstatter; Provinzialkonservator Büttner-
Steglitz. Ueber die Möglichkeit der Erhaltung alter
Städtebilder unter Berücksichtigung moderner Verkehrs
anforderungen. Berichterstatter; Landesbaurat und
Provinzialkonservator Rehorst - Merseburg und Landes
bauinspektor und Provinzialkonservator Dr. Burgemeister-
Breslau. Bemalung und Konservierung mittelalterlicher
Holz- und Steinskulpturen. Berichterstatter: Konservator
Dr. Hager-München und Provinzialkonservator Dr. Haupt-
Eutin. Die Instandsetzung alter Altarbilder, erläutert
am Flügelaltar von Haverbeck sowie an den Antependien
aus dem Dom in Goslar und der Klosterkirche in
Wennigsen am Deister. Berichterstatter: Provinzial
konservator Dr. Reimers-Hannover. Bericht der Kom
mission über die Aufnahme der kleinen Bürgerhäuser
(nebst Ausstellung der bisher fertiggestellten Aufnahmen).
Berichterstatter; Stadtbaurat Schaumann-Frankfurt a. M.
und Professor Stiehl-Charlottenburg. Aufgaben der Denk
malpflege im Bergischen Lande (Bürgerhäuser). Bericht
erstatter: Amtsrichter Dr. Bredt-Lennep. Ueber Denk
malpflege auf dem Lande. Berichterstatter: Geh.
Oberbaurat Hoßfeld-Berlin. Vortrag des Geh. Baurats
H. Pfeifer-Braunschweig: Ueber braunschweigische Stifts
und Klosterkirchen. (Mit Lichtbildern.) Vorführung von
Lichtbildern zur Ergänzung der Berichterstattung unter
Punkt 4 der Tagesordnung (Verkehrsbewältigung u. s. w.)
durch Landesbaurat und Provinzialkonservator Rehorst-
Merseburg. Bericht über das Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler (Professor Dr. Dehio-Straßburg). Ueber
städtische Kunst-Kommissionen (Geheimrat Dr. Loersch-
Bonn). Backsteinbau und Denkmalpflege (Professor Stiehl-
Charlottenburg). Denkmalpflege in Hildesheim (Architekt
Sandtrock-Hildesheim). Ueber Bemalung alter Holzbauten
(Professor Lübke-Braunschweig). Nachtrag und Ergän
zungen zu dem Vortrag: Ueber die Erhaltung alter
Straßennamen. Berichterstatter: Professor Dr. Meier-
Braunschweig. Mit dem Denkmaltag ist eine Ausstellung
alter braunschweigischer Goldschmiedearbeiten im herzog
lichen Museum sowie eine Ausstellung von Aufnahmen
alter Baudenkmäler aus Stadt und Land Braunschweig
in der ehemaligen St. Aegidien-Kirche verbunden. Es
sind Besichtigungen der Stadt und ihrer Kunstschätze,
des Vaterländischen Museums sowie ein zweitägiger Aus
flug nach Hildesheim in Aussicht genommen, für welchen
ein besonderes Programm ausgegeben wird. Die Sitzungen
finden im Saale des Altstadt-Rathauses statt und beginnen
jeweils 9 Uhr vormittags. Der Teilnehmerbeitrag beträgt
3 M., für den die kostenlose Zusendung des steno
graphischen Berichtes erfolgt. Im übrigen ist die Teil
nahme weder an eine Einladung noch an die Zugehörig
keit zu einem Verein oder Verband gebunden. Den Ver
handlungen geht am 26. September ein Begrüßungsabend
im Hotel Schräder voraus.