4. August 1906
BAUZEITUNG
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In Gegenden, wo billige Bezugsquellen von Bau
materialien , insbesondere Holz und Backstein (Ziegel),
und wo die Arbeitslöhne nicht zu hoch sind, kann man
wohl mit den Ansätzen rechnen.
Ich habe für einige Häuser spezielle Kostenanschläge
bearbeitet und (natürlich bei vorsichtiger Sparsamkeit)
den Betrag nicht sehr überschritten. Natürlich muß man
sich damit begnügen, daß man jedes Ueberflüssige wegläßt.
Zum Beispiel habe ich im Innern keinen Oelfarbanstrich
vorgesehen, nur einen leichten Beizton — in Tirol sind
alle alten Bauernhäuser ohne Farbe; das rohe Natur
holz blieb sichtbar. In dieser Weise muß natürlich überall
in raffinierter Weise gespart werden, wenn man bereits
für 2000—2500 M. ein Haus erstellen will.“
Y ereinsinitteilimgen
Deutscher Arbeitgeberbund für das Baugewerbe.
Landesverband Württemberg. Zum Gipserstreik!
Seit sechs Wochen sind die Gipsergesellen in den Aus
stand getreten, um einen Minimalstundenlohn von 60 Pf.
zu erzwingen. Aus einer seitens der bedrohten Meister
schaft veröffentlichten Darstellung des wirklichen Sach
verhalts im „Neuen Tagblatt“ vom 25. Juli d. J. ist zu
entnehmen, daß es sich wieder einmal um eine der be
kannten Treibereien von Stolle und Genossen handelt,
welche es verstanden haben, die hiesigen Gipsergesellen
an den Zentralverband der Maurer Deutschlands anzu
gliedern. Infolge dieser Tatsache ist eine Interessen
gemeinschaft zwischen den Gipsermeistern und den
Inhabern von Baugeschäften geschaffen worden, welche
nicht gerade zum unmittelbaren Zusammenschluß nötigt,
es den letztem aber im eigensten Interesse zur Pflicht
macht, die angegriffenen Gipsermeister kräftig zu unter
stützen, zunächst dadurch, daß kein Mitglied des Landes
verbands Württemberg streikende Gipsergesellen einstellt
und, wenn solches leider geschehen sein sollte, dieselben
sofort wieder entläßt. Mancher Neubau ist schon durch
Ausstände der Maurer oder Zimmergesellen nicht zur
erwünschten Zeit fertig geworden, warum soll das
bei einem Ausstand der Gipsergesellen nicht auch einmal
eintreten dürfen? Wir müssen jeden Versuch der Führer
der Stuttgarter Maurerschaft, welcher uns diktieren will,
daß jedem über neunzehn Jahre alten Maurer,
Zimmerer oder Gipser der gleiche Einheitslohn be
zahlt werden soll, einmütig und energisch zurückweisen.
Das Hecht, die Leistungsfähigkeit unsrer Ar
beiter entsprechend zu bewerten, dürfen wir uns nicht
rauben lassen, falls wir überhaupt noch Anspruch darauf
machen, Herr im eignen Geschäft zu bleiben. In dem
Freiburger Arbeitsvertrag, welcher den Gipsergesellen
60 Pf. Stundenlohn zusichert, ist nicht nur das Prädikat
tüchtig und selbständig vorgesetzt, sondern es ist
weiter noch genau präzisiert, welche Arbeitsleistungen
von einem tüchtigen Gipser verlangt werden
dürfen. Während bei früheren Verhandlungen die Agi
tatoren der organisierten Maurer und Zimmerer sich stets
entrüstet, den Vorhalt zurückgewiesen haben, daß sie die
Gelegenheitsmacher der mittelmäßigen und schlechten
Arbeiter seien, geben sie heute im Bewußtsein ihrer Macht
unumwunden zu, daß es ihre Pflicht sei, den bedürftigsten
ihrer Genossen, den mittelmäßigen, schlechten und faulen
Arbeitern, zu einem auskömmlichen Lohn zu verhelfen.
So liegt der Fall bei den Gipsern wie bei den Maurern
und Zimmerern; deshalb gebietet unser Interesse die ein
gangs erwähnte Unterstützung der Stuttgarter Gipser
meister. Kecht bedauerlich bleibt die Haltung derjenigen
Gipsermeister, welche ohne Erkenntnis der Tragweite der
erhobenen Forderungen sich von ihren Arbeitern zu einer
Bewilligung nötigen ließen. Hoffentlich werden sich die
Mitglieder unsers Landesverbands nicht der Hilfe
dieser Meister bedienen. Ebenso merkwürdig ist die
Haltung einer Anzahl bauleitender Architekten, welche
zum Teil in rigoroser Weise gegen die durch Ausstände
lahmgelegten Unternehmer vorgingen. Haben denn diese
Herren keine Ahnung, daß durch die fortwährende Ver
teuerung der Arbeitslöhne und Materialien die Bautätig
keit naturgemäß zurückgehen muß und daß dann gerade
sie diejenigen sein werden, welche ihre Bureaus aus ver
schiedenen Ursachen zuerst schließen müssen? G. B.
Wettbewerbe
Preisausschreiben des Württ. Kunstgewerbe
vereins. Im Auftrag der Stadt Ludwigsburg und des
dortigen Vereins für Fremdenverkehr erläßt der Württ.
Kunstgewerbeverein ein Preisausschreiben zur Erlangung
eines Plakatentwurfes für die Stadt Ludwigsburg; zur
Teilnahme am Wettbewerb ist jeder Künstler eingeladen.
In bezug auf den Entwurf wird lediglich auf die Glanz
zeit Ludwigsburgs im 18. Jahrhundert, die der Stadt ihr
Gepräge gab, hingewiesen und weiter bemerkt, daß die
übliche Anhäufung von Ansichten nicht erwünscht sei.
Es stehen drei Preise von 1000 M., 700 M. und 300 M.,
ferner 1000 M. zum Ankauf weiterer hierzu empfohlener
Entwürfe zur Verfügung. Die Entwürfe sind bis zum
20. Oktober 1906 an den Württ. Kunstgewerbeverein ein
zusenden. Das Preisgericht besteht aus Oberbürgermeister
Dr. Hartenstein und Fabrikant Bicbard Franck in Ludwigs
burg, Prof. R. v. Haug, Prof. Carlos Grethe, Prof. Bernh.
Pankok, Prof. P. Schmohl und Dr. K. Franck-Oberaspach
hier. Das mit einer Anzahl Abbildungen geschmückte
Preisausschreiben kann vom Württ. Kunstgewerbeverein
gratis bezogen werden.
Saalbau Mülhausen. Es sind 137 Entwürfe zur
Preisbewerbung eingelaufen. Die beiden I. Preise von
je 3000 M. erhielten die Architekten Graf & Röckle in
Stuttgart sowie Prof. Hermann Billing und Wilhelm
Vittali in Karlsruhe, die beiden II. Preise von je 2000 M.
Prof. Dr.-Ing. Ernst Vetterlein in Darmstadt und Architekt
Troost in München, einen III. Preis von 1000 M. erhielt
Architekt Ohr. Städler in Tübingen. Die Entwürfe der
Architekten Paul Thiersch-Osnabrtick sowie Selzer und
Schüle-Mülhausen wurden dem Gemeinderat zum Ankauf
empfohlen.
Kurhaus-, Festhalle- und Gewerbeausstellungs-
bau in Triberg. Die Preise wurden wie folgt verteilt;
I. Preis Architekten Pfeifer & Großmann in Karlsruhe,
II. Preis Architekt M. Taut in Rixdorf bei Berlin,
III. Preis Architekt A. Abel in Offenburg. Die Ent
würfe der Architekten A. Nopper in München und
H. & Fr. Wieland in Konstanz wurden zum Ankauf
empfohlen. Sämtliche Entwürfe sind bis mit 31. August
im Volksschulgebäude in Triberg öffentlich ausgestellt.
Bisiuarckturm iu Düren. Verfasser des mit einem
II.Preise bedachten Entwurfes „Licht“ ist Direktor Hartig
der Kgl. Baugewerkschule in Aachen.
Engerer Wettbewerb Stadttheater und Saal
bau in Lübeck. Das Preisgericht hat einstimmig den
Entwurf des Prof. Dülfer in Dresden als den besten zur
Ausführung empfohlen.
Kleine Mitteilungen
Ludwigsburg. Die bei dem Vorort Eglosheim auf
einer freigelegenen Höhe neuerbaute Kaserne des Dragoner
regiments „Königin Olga“ ist von einem Teil des Regiments,
Stab und drei Eskadronen, bezogen, während die zwei
andern Eskadronen vorläufig noch in der alten Kaserne
an der Stuttgarterstraße verbleiben. Die neue Kaserne
weist im Innern eine Anzahl von Verbesserungen auf,
die man seither bei Kasernenbauten nicht kannte; nament
lich sind im Interesse der Reinhaltung der geräumigen
und luftigen Mannschaftsstuben besondere Wasch- und
Putzräume eingerichtet, auch sind Gas- und Wasserleitung