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BAUZEITUNÖ
Nr. 33
Die hierzu dienenden Vorschriften sind
in einem größeren Stadtplan ab
zustufen, nach Bezirken (Zonen)
oder nach kleineren Flächenteilen oder
nach Straßenstrecken. Die Stufen sind
teils auf Grund der bestehenden Boden-
werte, teils mit Rücksicht auf die
erwünschte Bauweise zu wählen.
Angemessene Grundstückstiefen für
Wohn-, Geschäfts- und gemischte
Häuser betragen ungefähr, je nach
Grundriß, Höhe, Hof und Gartenfläche,
bei kleinen Baulichkeiten 15—30 m,
hei mittleren 25—50 m, bei großen
40—70 m, für Fabriken, insbesondere
zwischen Straßen und Bahngleis, oder
zwischen Straße und Wasser, 60 bis
100 m.
Die sogenannte offene Bauweise
eignet sich sowohl bei kleinen als bei
großen Baulichkeiten vor allem für
Landhausbezirke, dagegen nicht für
Geschäftsstraßen. Der gebotene Ab
stand soll in angemessenem Verhält
nis zur Häuserhöhe stehen. Die hygi
enischen und ästhetischen Vorteile der
offenen Bauweise lassen sich einiger
maßen auch hei der halboffenen Bau
weise erreichen, und in demselben
Grade die wirtschaftlichen Nachteile
verringern.
Statt der offenen Bauweise dient
bei ringsum geschlossen bebauten
Blöcken die Offenhältung eines reich
lichen Luftraumes im Innern. Dieselbe
Maßregel empfiehlt sich zwecks Her
stellung eines öffentlichen Parks oder
Gebäudes im Innern eines großen
Blockes. Dagegen sind Hintergebäude tunlichst zu unter
drücken und lieber Zwischenstraßen durchzulegen.
Es ist oftmals zweckmäßig, die Bauflucht etwa 0,5 bis
2 m hinter die Straßenflucht zu legen, um auch ohne
eigentliche Vorgärten mannigfaltige bauliche Vorsprünge
hervorzurufen. Auch ist das freiwillige Zurücksetzen
eines Hauses bei geeigneter Behandlung der Nachbar
häuser allgemein zu gestatten. Die beiden Fluchten
brauchen in diesen Fällen nicht parallel zu liegen.
6. Eigentumsverhältnisse.
Das Enteignungsrecht der Gemeinde ist auf allen
Privatbesitz zu erstrecken, welchen der Städtebau im öffent
lichen Interesse erfordert. Für Grundstücksreste, welche
infolge Durchlegung einer Straße entstehen, ist deren
Enteignung und Eineignung gesetzlich zu erleichtern,
ebenso die zwangsweise Umlegung
von unbebauten Grundstücken, deren
Form die Bebauung erschwert, sowie
die Zonenenteignung im bebauten
Gelände aus Gründen der Gesundheit
oder des Verkehrs.
Auf Flächen, welche zu bestimmten
Straßen und Plätzen bestimmt sind,
darf nach gesetzlicher Feststellung des
Planes nicht mehr oder nur vorbehalt
lich des Wiederabbruchs gebaut wer
den. Die Abtretung kann von seiten
der Gemeinde zu jedem ihr geeigneten
Zeitpunkt verlangt werden.
Die Gemeinde sollte verpflichtet
sein, eine Straße herzu stellen, sobald
das allgemeine Wohnungsbedürfnis es
erfordert, jedenfalls dann, wenn die
Ausführung von Häusern auf der halben
Länge der angrenzenden Grundstück
fronten gesichert ist, unter den gleichen
Voraussetzungen auch eine durch
Private hergestellte Straße zu über
nehmen.
Für vereinzelte Neubauten, welche
außerhalb der vorhandenen Straßen er
richtet werden sollen, sind bestimmte
Bedingungen hinsichtlich ihrer Zu
gänglichkeit und Entwässerung auf
zustellen; zugleich können derartige
Neubauten auf bestimmte Zwecke;
Fabriken, Landwohnungen, Ein- oder
Zweifamilienhäuser beschränkt werden.
7. Kostendeckung.
In dem Beitrag oder Ersatz für
Herstellung neuer Straßen, welchen
angrenzende Eigentümer zu leisten
haben, sind die Kosten für Grund
erwerb, Planierung, Befestigung und
Entwässerung über die ganze Länge
der beabsichtigten Straße zusammen
zurechnen und auszuteilen. Soweit
in einem größeren Gebiet gleichartige
Verhältnisse bestehen, empfehlen sich
Normalbeiträge. Außerdem sollte der
Aufwand für einzelne, besonders kost
spielige Gegenstände auf weitere Kreise
derjenigen Grundbesitzer, welchen da
durch ein Vorteil erwächst, umgelegt
werden.
Bei der Verteilung auf die einzel
nen Anstößer wäre neben der Front
länge der Grundstücke möglichst auch
die Bauweise, nämlich die bebaute
oder bebauungsfähige Fläche und die
Anzahl der Geschosse zu berücksichtigen.
Von Beiträgen kann durch die Gemeinde ein Teil
nachgelassen werden, wenn Wohnungen beabsichtigt
werden, deren Förderung im allgemeinen Interesse liegt.
Dabei sind jedoch gewisse Bedingungen über die Größe
und Bauweise der Wohnungen (Kleinwohnungen), über
die Art der Vermietung und des Verkaufs, über die Ein
schränkung des Gewinnes aufzustellen.
Kleine Mitteilungen
Stuttgart. Ausstellung zur Hebung der Friedhof-
und Grabdeukmalkunst im Landesgewerbemuseum. Unter
den vielen Denkmälern der Unkultur, die sich das
19. Jahrhundert gesetzt hat, ist keines, das tiefer steht,
keines, das mehr Anlaß zu Spott und Hohn den glück
licheren Geschlechtern der Zukunft
geben wird als die Orte, wo es seine
Toten bestattet hat. Welch eine
Summe edelster Empfindungen ist in
den Grabsteinen niedergelegt, die
Athens Bürger ihren Toten vor den
Toren der Stadt zu errichten pflegten,
welch einen Begriff von stolzer Macht
und vornehmer Größe enthüllen uns
die Denkmäler der Via Appia, wie
ergreifend ist die schlichte Frömmig
keit, die aus den Grabsteinen deutscher
Renaissance uns anspricht, während
eine Welt übersprudelnder, selbst vor
dem Tode nicht erbleichender Jugend
kraft in den Denkmälern des Floren
tiner Quattrocento lebt; endlich welch
ein zarter Hauch elegischer Stimmung
Detail vom Freiburger Münster
Vergl. S. 266