Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

22 
BAUZBITUNG 
NR. 3 
daß der entwerfende Techniker mit gutem Gewissen die 
gewonnenen Festigkeitszahlen in die Berechnung des Bau 
werkes einführen kann; zudem ist er in der Lage, in 
allen Fällen den zu wählenden Sicherheitsgrad nach 
seinem Ermessen den jeweiligen Verhältnissen entsprechend 
festsetzen zu können. 
Wenn bis jetzt in der Hauptsache nur bei größeren Aus 
führungen in Stampfbeton, insbesondere solchen mit hoher 
Druckbeanspruchung einzelner Teile, z. B. Brücken 
gewölben , Yorversuche in etwas größerem Maßstabe 
durchgeführt wurden, so möchten diese Zeilen dazu bei 
tragen, daß dieses Verfahren auch hei andern Beton 
bauten mehr und mehr Eingang findet. 
VEREINSMITTEILUNGEN 
Wüettembeegisohee Baubeamten- Verein. Todesanzeige. 
Am 10. Januar starb unser liebes Mitglied, Herr J. 
Scheeibee, Inspektor der K. Württ. Eisenbahnen, in 
St. Johann a. d. Saar. In ihm verlor der Verein einen 
treuen Freund in der Ferne. Ehre seinem Andenken! 
Der Vorstand. 
Akademisches Aechitektenveeein „Motiv“ zu Stutt 
gart. Am 18. Dezember 1905 fand im Mozartsaale der 
Liederhalle die Weihnachtskneipe statt. Gäste und Alte 
Herren hatten zahlreich der Einladung Folge geleistet. 
Den ersten Teil des Abends bildete ein Vortrag des 
aktiven Mitglieds Bettak über Würzburgs Baukunst. An 
der Hand von zum Teil selbstgefertigten Studien führte 
der Vortragende ein schönes Bild der verschiedenen 
Architekturperioden von Würzhurg vor. Wir geben nach 
stehend eine Skizze des Vortrags. „Würzburg, eine der 
ältesten Städte Deutschlands, birgt nur noch Weniges 
aus dem Mittelalter und der älteren Renaissancezeit. 
Denn nach einer beinahe vollkommenen Stockung der 
Bautätigkeit im 14. bis zum 16. Jahrhundert wurde die 
Bischofstadt in den beiden folgenden Jahrhunderten mit 
einem neuen prächtigen Gewand des blühendsten Barocks 
überzogen. Klöster und geistliche Fürsten waren die 
Beschützer der künstlerischen Bewegung, der das nach 
überwältigendem sinnlichen Eindruck strebende kirchliche 
Leben ihr Gepräge gab. Das 17. Jahrhundert sah italie 
nische Künstler von Weltruhm (einen Petrini und nament 
lich einen Andrea del Pozzo) in Franken tätig, bald 
entfalteten auch deutsche Architekten eine lebhafte Tätig 
keit; alle überragte aber der formvollendetste deutsche 
Barockmeister Balthasar Neumann, auf immer verbunden 
mit dem Namen der großen Mäcenatenfamilie der Schön 
born. Der Reichsdeputationshauptschluß von 1802 machte 
dem Bistum Würzhurg ein Ende. Im 19. Jahrhundert 
haben die Geschmacksverirrungen auch in unsrer Main 
stadt schlimm gehaust, während die Einwohnerzahl von 
16 000 auf 80000 gestiegen ist. Gerade hier ist der 
Unterschied zwischen echter Renaissance und echtem 
Barock einerseits und der Zwitterkunst unsrer Zeit am 
augenfälligsten, da hier ihre Werke aneinander rücken. 
Die Stadtbefestigungen, welche die Altstadt von drei 
Seiten in einer Erstreckung von 5 km umschlossen, 
wurden in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts ab 
getragen, und au ihrer Stelle entstand ein breiter Kranz 
von öffentlichen Anlagen. Westlich durchfließt der Main 
die Altstadt, so daß am linken Ufer ein schmaler Saum 
von ihr am Fuße der steilen Feste Marienberg liegt. 
Diese Feste, an der viele Jahrhunderte gebaut haben, 
ist heute noch eine der malerischesten Anlagen ihrer 
Art. — Nach Besprechung der bedeutenderen unter den 
33 Kirchen Würzburgs und einiger öffentlichen Gebäude 
an der Hand von reichlichem Anschauungsmaterial ging 
Redner auf den Wohnhausbau über. Auch hier setzt die 
Kunst mit dem Ende des 16. Jahrhunderts erst lebhafter 
ein. Es finden sich aus dieser Zeit eine Anzahl be 
merkenswerter Erker und sehr wirkungsvoller Giebel. 
Aber diese Formen gehen über das weithin Uebliche an 
künstlerischer Bedeutung nicht hinaus. Die typische 
Gestalt des Würzburger Hauses kommt erst zu Ende 
des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts zur Durch 
bildung. Es erscheint eine Anzahl Typen nebeneinander. 
So treten die eigentümlich klassizistischen Bauten der 
Oberitaliener auf, die meist die Fensterarchitektur durch 
mehrere Geschosse übereinander aufbauen, auf Ornament 
fast ganz verzichten und in einer ruhigen Flucht den 
Ausdruck der Großartigkeit suchen. Damit aber können 
die deutschen Meister auf die Dauer nichts anfangen. 
Joseph Greising ist der Künstler, der den Wandel ein 
leitet, eine Kunst schafft, worin sich der Formendrang 
der Deutschen Bahn bricht, bis sich endlich das üppigste 
Barock und Rokoko entfaltet, wie wir es an der be 
rühmten Fassade des Hauses zum Falken bewundern. 
Im allgemeinen begnügt man sich in den engen winkeligen 
Straßen der alten Stadt, einzelne Hausteile zu schmücken: 
,Zu Würzhurg fast an jedem Haus sieht ein Marienbild 
heraus,' sagt ein altes Sprichwort. Eine Nische mit 
einem solchen Bilde, eine derbe Pratze über dem Tor, 
ein paar kräftige Kartuschen oder Gliederungen geben 
den Straßenecken gut merkbare Form, eigenartige Durch 
bildung. Dadurch entsteht eine Fülle von sehr male 
rischen Winkeln und Plätzchen, die für das Gesamtbild 
der Stadt auch jetzt noch von höchstem Wert sind, 
wenngleich Straßendurchbrüche in dieses Bild bereits 
unharmonische Lücken gerissen haben. Auf Würzburgs 
glänzendstes Gebäude, die neue Residenz, verzichtete der 
Redner näher einzugehen. Er legte dabei seinen Zu 
hörern vor allem den Ausspruch Prof. Gurlitts ans Herz: 
.Das deutsche Barock ist die größte baukünstlerische 
Tat des 18, Jahrhunderts.' Und in dieser Gesamttat 
steht das Würzburger Schloß an erster Stelle.“ Reicher 
Beifall wurde dem Redner für seine interessante Dar 
stellung zuteil. Der übrige Teil des Abends wurde 
durch eine reichhaltige Weihnachtslotterie und durch 
allerlei Scherz belebt. 
Wüettembeegischer Ingenieur - Verein. Die Januar 
sitzung fand am 4. d. M. im großen Saal des Oberen 
Museums unter zahlreicher Beteiligung statt. Der Vor 
sitzende Prof. Widmaier teilte das Ableben von drei 
Vereinsmitgliedern mit: Oberbaurat Ehmann- Stuttgart, 
Fabrikant Hugendubel-Feuerbach und Fabrikant Weeg 
mann-Reutlingen, deren Andenken die Anwesenden in 
der üblichen Weise ehrten. Als erster Redner des Abends 
sprach Herr Ingenieur Bänninger-Schaffhausen über „Mo 
dernen Zentrifugalpumpcnbau“ und führte etwa folgendes 
aus: Der Unterschied zwischen dem früheren und dem 
gegenwärtigen Zustand des Zentrifugalpumpenbaues läßt 
sich dahin ausdrücken: früher verwendete man die Zentri 
fugalpumpen zur Förderung großer Wassermengen auf 
kleine Höhen und mußte sich mit kleinem Wirkungsgrad 
begnügen, d. h. es wurde von der zum Pumpeuantrieb 
nötigen Arbeit nur etwa 55 °/ 0 zur Wasserförderung nutz 
bar gemacht; jetzt kann mit der Zentrifugalpumpe auch 
auf große Höhen gefördert werden, die Zentrifugalpumpe 
ist zur Hochdruckpumpe ausgebildet, und man erzielt 
wesentlich höhere Wirkungsgrade (75 °/ 0 ). Die Fort 
schritte beziehen sich also auf die Vergrößerung des 
Wirkungsgrades und der Förderhöhe. Der Wirkungs 
grad konnte besser gemacht werden, weil man gelernt 
hatte, das Wasser hei seinem Austritt aus dem Leitrad 
günstiger zu führen und die Geschwindigkeit des aus 
tretenden Wassers allmählich in Druck zu verwandeln 
unter Verminderung der Stoßverluste; der Vortragende 
führt hier den volutenförmig gestalteten Druckraum und 
den konisch sich erweiternden Austrittskanal an; die 
Konuspumpe und die Volutenpumpe wurden auch im 
Lichtbild gezeigt. Die Vergrößerung der Förderhöhe 
anderseits, der Bau der Hochdruckzentrifugalpumpe, be 
ruht nicht allein auf Verwendung größerer Pumpenräder 
und höherer minütlicher Umlaufzahlen, sondern auch —
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.