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BAUZBITUNG
NR. 3
daß der entwerfende Techniker mit gutem Gewissen die
gewonnenen Festigkeitszahlen in die Berechnung des Bau
werkes einführen kann; zudem ist er in der Lage, in
allen Fällen den zu wählenden Sicherheitsgrad nach
seinem Ermessen den jeweiligen Verhältnissen entsprechend
festsetzen zu können.
Wenn bis jetzt in der Hauptsache nur bei größeren Aus
führungen in Stampfbeton, insbesondere solchen mit hoher
Druckbeanspruchung einzelner Teile, z. B. Brücken
gewölben , Yorversuche in etwas größerem Maßstabe
durchgeführt wurden, so möchten diese Zeilen dazu bei
tragen, daß dieses Verfahren auch hei andern Beton
bauten mehr und mehr Eingang findet.
VEREINSMITTEILUNGEN
Wüettembeegisohee Baubeamten- Verein. Todesanzeige.
Am 10. Januar starb unser liebes Mitglied, Herr J.
Scheeibee, Inspektor der K. Württ. Eisenbahnen, in
St. Johann a. d. Saar. In ihm verlor der Verein einen
treuen Freund in der Ferne. Ehre seinem Andenken!
Der Vorstand.
Akademisches Aechitektenveeein „Motiv“ zu Stutt
gart. Am 18. Dezember 1905 fand im Mozartsaale der
Liederhalle die Weihnachtskneipe statt. Gäste und Alte
Herren hatten zahlreich der Einladung Folge geleistet.
Den ersten Teil des Abends bildete ein Vortrag des
aktiven Mitglieds Bettak über Würzburgs Baukunst. An
der Hand von zum Teil selbstgefertigten Studien führte
der Vortragende ein schönes Bild der verschiedenen
Architekturperioden von Würzhurg vor. Wir geben nach
stehend eine Skizze des Vortrags. „Würzburg, eine der
ältesten Städte Deutschlands, birgt nur noch Weniges
aus dem Mittelalter und der älteren Renaissancezeit.
Denn nach einer beinahe vollkommenen Stockung der
Bautätigkeit im 14. bis zum 16. Jahrhundert wurde die
Bischofstadt in den beiden folgenden Jahrhunderten mit
einem neuen prächtigen Gewand des blühendsten Barocks
überzogen. Klöster und geistliche Fürsten waren die
Beschützer der künstlerischen Bewegung, der das nach
überwältigendem sinnlichen Eindruck strebende kirchliche
Leben ihr Gepräge gab. Das 17. Jahrhundert sah italie
nische Künstler von Weltruhm (einen Petrini und nament
lich einen Andrea del Pozzo) in Franken tätig, bald
entfalteten auch deutsche Architekten eine lebhafte Tätig
keit; alle überragte aber der formvollendetste deutsche
Barockmeister Balthasar Neumann, auf immer verbunden
mit dem Namen der großen Mäcenatenfamilie der Schön
born. Der Reichsdeputationshauptschluß von 1802 machte
dem Bistum Würzhurg ein Ende. Im 19. Jahrhundert
haben die Geschmacksverirrungen auch in unsrer Main
stadt schlimm gehaust, während die Einwohnerzahl von
16 000 auf 80000 gestiegen ist. Gerade hier ist der
Unterschied zwischen echter Renaissance und echtem
Barock einerseits und der Zwitterkunst unsrer Zeit am
augenfälligsten, da hier ihre Werke aneinander rücken.
Die Stadtbefestigungen, welche die Altstadt von drei
Seiten in einer Erstreckung von 5 km umschlossen,
wurden in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts ab
getragen, und au ihrer Stelle entstand ein breiter Kranz
von öffentlichen Anlagen. Westlich durchfließt der Main
die Altstadt, so daß am linken Ufer ein schmaler Saum
von ihr am Fuße der steilen Feste Marienberg liegt.
Diese Feste, an der viele Jahrhunderte gebaut haben,
ist heute noch eine der malerischesten Anlagen ihrer
Art. — Nach Besprechung der bedeutenderen unter den
33 Kirchen Würzburgs und einiger öffentlichen Gebäude
an der Hand von reichlichem Anschauungsmaterial ging
Redner auf den Wohnhausbau über. Auch hier setzt die
Kunst mit dem Ende des 16. Jahrhunderts erst lebhafter
ein. Es finden sich aus dieser Zeit eine Anzahl be
merkenswerter Erker und sehr wirkungsvoller Giebel.
Aber diese Formen gehen über das weithin Uebliche an
künstlerischer Bedeutung nicht hinaus. Die typische
Gestalt des Würzburger Hauses kommt erst zu Ende
des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts zur Durch
bildung. Es erscheint eine Anzahl Typen nebeneinander.
So treten die eigentümlich klassizistischen Bauten der
Oberitaliener auf, die meist die Fensterarchitektur durch
mehrere Geschosse übereinander aufbauen, auf Ornament
fast ganz verzichten und in einer ruhigen Flucht den
Ausdruck der Großartigkeit suchen. Damit aber können
die deutschen Meister auf die Dauer nichts anfangen.
Joseph Greising ist der Künstler, der den Wandel ein
leitet, eine Kunst schafft, worin sich der Formendrang
der Deutschen Bahn bricht, bis sich endlich das üppigste
Barock und Rokoko entfaltet, wie wir es an der be
rühmten Fassade des Hauses zum Falken bewundern.
Im allgemeinen begnügt man sich in den engen winkeligen
Straßen der alten Stadt, einzelne Hausteile zu schmücken:
,Zu Würzhurg fast an jedem Haus sieht ein Marienbild
heraus,' sagt ein altes Sprichwort. Eine Nische mit
einem solchen Bilde, eine derbe Pratze über dem Tor,
ein paar kräftige Kartuschen oder Gliederungen geben
den Straßenecken gut merkbare Form, eigenartige Durch
bildung. Dadurch entsteht eine Fülle von sehr male
rischen Winkeln und Plätzchen, die für das Gesamtbild
der Stadt auch jetzt noch von höchstem Wert sind,
wenngleich Straßendurchbrüche in dieses Bild bereits
unharmonische Lücken gerissen haben. Auf Würzburgs
glänzendstes Gebäude, die neue Residenz, verzichtete der
Redner näher einzugehen. Er legte dabei seinen Zu
hörern vor allem den Ausspruch Prof. Gurlitts ans Herz:
.Das deutsche Barock ist die größte baukünstlerische
Tat des 18, Jahrhunderts.' Und in dieser Gesamttat
steht das Würzburger Schloß an erster Stelle.“ Reicher
Beifall wurde dem Redner für seine interessante Dar
stellung zuteil. Der übrige Teil des Abends wurde
durch eine reichhaltige Weihnachtslotterie und durch
allerlei Scherz belebt.
Wüettembeegischer Ingenieur - Verein. Die Januar
sitzung fand am 4. d. M. im großen Saal des Oberen
Museums unter zahlreicher Beteiligung statt. Der Vor
sitzende Prof. Widmaier teilte das Ableben von drei
Vereinsmitgliedern mit: Oberbaurat Ehmann- Stuttgart,
Fabrikant Hugendubel-Feuerbach und Fabrikant Weeg
mann-Reutlingen, deren Andenken die Anwesenden in
der üblichen Weise ehrten. Als erster Redner des Abends
sprach Herr Ingenieur Bänninger-Schaffhausen über „Mo
dernen Zentrifugalpumpcnbau“ und führte etwa folgendes
aus: Der Unterschied zwischen dem früheren und dem
gegenwärtigen Zustand des Zentrifugalpumpenbaues läßt
sich dahin ausdrücken: früher verwendete man die Zentri
fugalpumpen zur Förderung großer Wassermengen auf
kleine Höhen und mußte sich mit kleinem Wirkungsgrad
begnügen, d. h. es wurde von der zum Pumpeuantrieb
nötigen Arbeit nur etwa 55 °/ 0 zur Wasserförderung nutz
bar gemacht; jetzt kann mit der Zentrifugalpumpe auch
auf große Höhen gefördert werden, die Zentrifugalpumpe
ist zur Hochdruckpumpe ausgebildet, und man erzielt
wesentlich höhere Wirkungsgrade (75 °/ 0 ). Die Fort
schritte beziehen sich also auf die Vergrößerung des
Wirkungsgrades und der Förderhöhe. Der Wirkungs
grad konnte besser gemacht werden, weil man gelernt
hatte, das Wasser hei seinem Austritt aus dem Leitrad
günstiger zu führen und die Geschwindigkeit des aus
tretenden Wassers allmählich in Druck zu verwandeln
unter Verminderung der Stoßverluste; der Vortragende
führt hier den volutenförmig gestalteten Druckraum und
den konisch sich erweiternden Austrittskanal an; die
Konuspumpe und die Volutenpumpe wurden auch im
Lichtbild gezeigt. Die Vergrößerung der Förderhöhe
anderseits, der Bau der Hochdruckzentrifugalpumpe, be
ruht nicht allein auf Verwendung größerer Pumpenräder
und höherer minütlicher Umlaufzahlen, sondern auch —