6. Oktober 1906
BAUZEITUNG
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Gymnasium in Worms Turnhalle, Inneres
Altersversicherung obliegt, zur Pflicht macht, von den
Antragstellern einen Ausweis zu verlangen und zu
prüfen, ob sie zur Führung des Gesellen- bezw. Meister
titels berechtigt sind.“
Architekt Gestrich-Berlin hatte das Referat zu
Punktl2 der Tagesordnung; Submissionswesen, über
nommen. In Hessen sind schon mustergültige Bestim
mungen für das Yerdingungswesen vorhanden, die von
Preußen leider nicht ganz, sondern nur zum Teil über
nommen sind. Bedauerlich ist es, daß die Architekten
zum Teil die Annahme der Streikklausel ablehnen. Es
wird beschlossen, sich weiter mit der Sache zu beschäf
tigen, es soll jeder einzelne dem Yeranschlagungs- und
Preisentwicklungswesen seine Aufmerk
samkeit schenken.
Zimmermeister Herzog- Danzig trat
sodann für seinen Antrag; bei Staats
und Kommunalbehörden immer wieder
von neuem dahin zu wirken, daß die
Streikklausel in die Verträge bei
Bauarbeiten und Lieferungen aufgenom
men wird, ein. Nach Ansicht des Red
ners gibt der § 275 des Bürgerlichen
Gesetzbuches Gelegenheit zur Einfüh
rung der Streikklausel. Es ist ein
Rechtsverhältnis zu schaffen, welches dem § 275 anzupassen
ist. Der Arbeitgeber kann sich sein Arbeiterkontingent zum
Teil sicherstellen durch Arbeits- und Lohnbedingungen. Die
Arbeitgeber müssen sich hierzu unbedingt zusammentun
und eine Sicherung für ein Baujahr oder dergl. im Lohn
und Arbeitszeit ermöglichen. Bricht dann trotzdem ein
Streik aus, so liegt nach der Rechtskunde „höhere Ge
walt“ vor. Es wurde schließlich der Beschluß gefaßt,
daß dem geschäftsführenden Ausschuß bis zum Schlüsse
dieses Jahres von den Bezirksverbänden und Einzelmit
gliedern der Wortlaut der bestehenden oder eingeführten
Streik- und Sperrklauseln einzusenden ist. Es soll hier
durch Material zur weiteren obligatorischen Einführung
der Streik- und Sperrklausel bei allen Behörden und
Architekten, Vereinen sowie dem bauenden Publikum
zusammengetragen werden. Zimmermeister Herzog brachte
für seinen Antrag folgende Fassungen in Vorschlag;
1. Tritt in dem Betriebe des Unternehmers nach
Abschluß des Vertrages ein Arbeitsausstand aller oder
einer erheblichen Zahl der Arbeitnehmer ein, so ver
längert sich die im Werkverträge bedungene Erfüllungs
frist um die Dauer jenes Ausstandes, wenn seitens des
Unternehmers für seinen Betrieb allein oder in Gemein
schaft mit andern Inhabern gleichartiger Betriebe mit
den Betriebsarbeitern oder deren Vertretern vor Abschluß
des Vertrages Lohn- und Arbeitsbedingungen in orts
üblicher Gestalt oder durch besonderes Abkommen fest
gelegt sind. Ein Anspruch auf Schad
loshaltung des Bauherrn steht demselben
in diesem Falle nicht zu. 2. Dasselbe
gilt, wenn der Fortbestand vorhandener
oder die Schaffung neuer Lohn- und
Arbeitsbedingungen durch solche For
derungen der Arbeitnehmer vereitelt
werden, welche zur Lage des jeweiligen
Arbeitsmarktes oder zu den ortsüblichen
Betriebsverhältnissen in wesentlichem
Mißverhältnis stehen. 3. Eine eben
solche Fristverlängerung tritt ein, wenn
zur Abwehr von Umtrieben der Arbeitnehmer, welche
den regelrechten Betrieb nicht aufkommen lassen, der
Betrieb ganz oder zum erheblichen Teile eingestellt
werden muß. 4. Streitigkeiten, welche sich aus Anlaß
der vorstehend gekennzeichneten Ereignisse zwischen
dem Bauherrn und dem Unternehmer hinsichtlich der
Anwendung des § 275 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ent
wickeln, sollen unter Ausschluß des ordentlichen Rechts
weges auf dem Wege des schiedsgerichtlichen Verfahrens
erledigt werden.
Der Nachmittag des letzten Tages brachte noch einen
stürmischen Auftritt, der gleichzeitig einen guten Begriff
von dem Geiste gab, der den Verein beseelt. Zimmer
meister Erdmann -Gotha berichtete namens der Gothaer
Turnhalle Grundriß