Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

3. November 1906 
BAUZEITUNG 
353 
Die Bahn beginnt am unteren Ende der Schillerstraße, 
200 m von der Schiffslände entfernt, und gewinnt nach 
Kreuzung der Graf-Belrupt-Straße das Freie. Sodann 
führt sie, zwischen den Häusergruppen Beute und Weiße 
Beute durchgehend, über das Gschlief und die Halde von 
Hintermoos zur Einsattelung des Gipfelplateaus. Der 
untere, etwa 1 km lange und bis an den Wald führende 
Teil .der Bahn ist charakterisiert durch eine Unterlage 
nordwestfallender Molasse, bedeckt von Moräne in wech 
selnder, aber nirgends bedeutender Mächtigkeit. An 
gesichts des schwachen Gefälles dieser Partie sind hier 
in keiner Weise Schwierigkeiten zu erwarten. 
Die folgende Partie von Kilometer 1 bis 1,5 führt durch 
Hochwald. Der Hang ist mit großen Blöcken übersät, 
die durch die Vegetation oft schon fast eingedeckt sind. 
Man befindet sich hier in einem alten Butschgebiet. Die 
Blöcke bestehen aus Nagelfluh und stammen von den 
Pluhbändern oben am Berg. Der Butsch ist ganz zur 
Buhe gekommen. Der darauf befindliche Hochwald ver 
rät keinerlei nachträgliche Bewegung, wie sie etwa durch 
Hackenwerfen angedeutet sein müßte. Der Legung einer 
Bahnlinie durch dieses Gebiet stehen keinerlei Bedenken 
entgegen. Die Schuttmasse ist übrigens nicht sehr tief, 
und große Einschnitte sind durch Tunnel ersetzt. 
Hierauf folgt eine sumpfige Mulde, das sogenannte 
Gschlief. Zunächst große Blöcke, dazwischen Equisetum- 
vegetation. Hierauf jenseits des Bächleins am Fuße eines 
weiteren Nagelfluhriffes sumpfiger Hang. Das Ganze eine 
kleine Sumpfstrecke, wie sie hei Bahnbauten nicht selten 
vorkommt. Den kleinen Setzungen ist höchstens die 
Bedeutung zuzuerkennen, daß sie zeigen, daß die Schutt 
masse eigentlich wenig tief ist und der Felsboden bald 
erreicht wäre. Die überall hervorragenden großen Blöcke 
sorgen übrigens schon dafür, daß eine Butschung größere 
Dimensionen nicht annehmen kann, denn sie stellen vor 
treffliche Widerlager dar. Diese Blöcke gehören dem 
vorhin erwähnten Butsch an, an dessen Band man sich 
hier befindet, und die sumpfige Beschaffenheit der Strecke 
im Gschlief zeigt an, daß das alte Butschmaterial hier 
wenig mächtig ist und deshalb das unter dem Schutt 
durchsickernde Wasser hier so weit auszutreten vermag, 
daß es ein Bächlein bildet und seine Umgebung versumpft. 
Auf den Bahnhau hat diese Strecke höchstens insofern 
Einfluß, als der Bahnkörper gut fundiert und mit einem 
Durchlaß versehen werden muß. Ferner ist obenher das 
Wasser gut zu fassen und abzuleiten, so daß es nicht 
mehr in den Gehängeschutt sickern und sich verteilen kann. 
— Eine etwas rosige Beurteilung einer Butschhalde. — 
Kaum hat die Bahn das Gschlief überschritten, so 
gelangt sie an die Felswand, welche sie zur größeren 
Sicherheit durch einen Tunnel von 104,5 m Länge über 
windet, der möglichst bergeinwärts geführt ist. 
Es wäre erfreulich, wenn die Pfänderbahn bald erbaut 
werden würde, denn auf der Pfänderspitze ergibt sich 
wie auf wenig andern Bergen ein umfassendes freies 
Bild: der schöne See mit seinem fortwährenden Be 
leuchtungswechsel, die blinkenden Städte und Landhäuser 
vom entfernten Ufer und darüber hinaus, die sich in der 
Ferne verlierenden Gipfel hoher Schweizerberge; in der 
Nähe aber eine liebliche, an den See gelehnte Hügel 
landschaft, die den Blick mit tausend Schönheiten anzieht 
und fesselt. Baurat 0. Schmid. 
Kontinuierliche Balkenbrücken aus 
Eisenbeton 
Von Dipl.-Iug. S. Zipkes, Chefingenieur der Firma Luipold 
(Schluß) & Schneider, Zürich 
Die Belastungsprobe. 
Die Brücke wurde im August 1904 fertiggestellt und 
dem Verkehr übergeben. Die Belastungsprobe und ge 
naue Untersuchung über den Befund der Brücke wurden im 
Dezember 1905 vorgenommen. Die eineinhalb Jahre nach 
der Herstellung vorgenommene Belastungsprobe undUeber- 
nahme der Brücke gewinnt dadurch an Interesse, indem 
man hierdurch einen besseren Einblick gewann, inwiefern 
sich die Bauw-eise bewährt hat. Gewiß können über den 
Verbund selbst keine wichtigen Schlüsse gezogen werden, 
es kann aber festgelegt werden, inwiefern Mißstände 
sich zeigen und wie man manches verbessern kann. 
A. Befund der Brücke. 
Bei einer näheren Untersuchung der Brücke konnte 
folgendes beobachtet werden: 
1. Auf der Untersicht der Platte, zwischen Band- und 
Straßenkandelträger, waren Eiszapfen zu sehen. Dieser 
Umstand wurde bereits besprochen. 
2. Die Fahrbahnträger, Mittelpfeiler und Widerlager 
sind tadellos und konnten weder Bisse noch sonstige 
schadhafte Stellen entdeckt werden. 
3. Die Gehwegträger (Bandträger) weisen in der Nähe 
der Mittelstütze Bisse auf. Dieselben verlaufen beim 
Gehwegträger A, wie in Abb. 35 bei a und b eingezeichnet 
worden ist. Der Biß a ist auf allen drei Sichtflächen 
der Eippe zu sehen. Die Bisse sind infolge der wirken 
den schiefen Hauptzugspannungen, wie weiter bewiesen, 
entstanden. 
Die Probebelastung wurde von der Kgl. Straßenbau 
inspektion durchgeführt. Es wurden hierzu 12 gleiche 
Biegungsmesser verwendet, die an den Balkenmitten der 
Fahrbahnträger angebracht waren. Wir geben in der 
Folge eine kurze Beschreibung 
der hier verwendeten Biegungs 
messer. 
Dieselben bestehen in der 
Hauptsache aus einer mit Ein 
teilungen versehenen beweglichen 
Platte, an welcher ein Draht fest 
geklemmt werden kann, und aus 
einem festen Bahmen (Abb. 36). 
Das Plättchen gleitet in diesem 
Bahmen, welches mittels Schrau 
ben auf einem Stativ oder .ge 
wöhnlichen Bock festgeschraubt 
werden kann. An dem Bahmen 
ist ein Nonius angebracht, der 
Ablesungen von J /io mm noch 
gestattet. Der Draht, an wel 
chem ein 10 kg schweres Ge 
wicht angehängt wird, wird an 
den Balken mittels einer spe 
ziellen Klammer befestigt. Es 
sei hier bemerkt, daß das leider 
eingebürgerte Verfahren, den 
Draht an Holzdübel, welche in 
ein vorher gemachtes Loch ein 
geschlagen werden, anzuhängen, 
ganz verwerflich ist. Hierdurch 
wird oft gerade in den ungünstig beanspruchten Stellen, 
der Anlaß zu Bisseerscheinungen gegeben, indem an 
diesen Stellen eine Verschwächung und Verletzung des 
Balkens vorgenommen wird. An dem festen Bahmen ist 
ferner ein um einen Punkt drehbarer Stift angebracht, 
welcher auf einem Blatte Papier, das an das bewegliche 
Plättchen befestigt wird, die Bewegung des letzteren, 
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Abb. 36
	        

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