3. November 1906
BAUZEITUNG
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Die Bahn beginnt am unteren Ende der Schillerstraße,
200 m von der Schiffslände entfernt, und gewinnt nach
Kreuzung der Graf-Belrupt-Straße das Freie. Sodann
führt sie, zwischen den Häusergruppen Beute und Weiße
Beute durchgehend, über das Gschlief und die Halde von
Hintermoos zur Einsattelung des Gipfelplateaus. Der
untere, etwa 1 km lange und bis an den Wald führende
Teil .der Bahn ist charakterisiert durch eine Unterlage
nordwestfallender Molasse, bedeckt von Moräne in wech
selnder, aber nirgends bedeutender Mächtigkeit. An
gesichts des schwachen Gefälles dieser Partie sind hier
in keiner Weise Schwierigkeiten zu erwarten.
Die folgende Partie von Kilometer 1 bis 1,5 führt durch
Hochwald. Der Hang ist mit großen Blöcken übersät,
die durch die Vegetation oft schon fast eingedeckt sind.
Man befindet sich hier in einem alten Butschgebiet. Die
Blöcke bestehen aus Nagelfluh und stammen von den
Pluhbändern oben am Berg. Der Butsch ist ganz zur
Buhe gekommen. Der darauf befindliche Hochwald ver
rät keinerlei nachträgliche Bewegung, wie sie etwa durch
Hackenwerfen angedeutet sein müßte. Der Legung einer
Bahnlinie durch dieses Gebiet stehen keinerlei Bedenken
entgegen. Die Schuttmasse ist übrigens nicht sehr tief,
und große Einschnitte sind durch Tunnel ersetzt.
Hierauf folgt eine sumpfige Mulde, das sogenannte
Gschlief. Zunächst große Blöcke, dazwischen Equisetum-
vegetation. Hierauf jenseits des Bächleins am Fuße eines
weiteren Nagelfluhriffes sumpfiger Hang. Das Ganze eine
kleine Sumpfstrecke, wie sie hei Bahnbauten nicht selten
vorkommt. Den kleinen Setzungen ist höchstens die
Bedeutung zuzuerkennen, daß sie zeigen, daß die Schutt
masse eigentlich wenig tief ist und der Felsboden bald
erreicht wäre. Die überall hervorragenden großen Blöcke
sorgen übrigens schon dafür, daß eine Butschung größere
Dimensionen nicht annehmen kann, denn sie stellen vor
treffliche Widerlager dar. Diese Blöcke gehören dem
vorhin erwähnten Butsch an, an dessen Band man sich
hier befindet, und die sumpfige Beschaffenheit der Strecke
im Gschlief zeigt an, daß das alte Butschmaterial hier
wenig mächtig ist und deshalb das unter dem Schutt
durchsickernde Wasser hier so weit auszutreten vermag,
daß es ein Bächlein bildet und seine Umgebung versumpft.
Auf den Bahnhau hat diese Strecke höchstens insofern
Einfluß, als der Bahnkörper gut fundiert und mit einem
Durchlaß versehen werden muß. Ferner ist obenher das
Wasser gut zu fassen und abzuleiten, so daß es nicht
mehr in den Gehängeschutt sickern und sich verteilen kann.
— Eine etwas rosige Beurteilung einer Butschhalde. —
Kaum hat die Bahn das Gschlief überschritten, so
gelangt sie an die Felswand, welche sie zur größeren
Sicherheit durch einen Tunnel von 104,5 m Länge über
windet, der möglichst bergeinwärts geführt ist.
Es wäre erfreulich, wenn die Pfänderbahn bald erbaut
werden würde, denn auf der Pfänderspitze ergibt sich
wie auf wenig andern Bergen ein umfassendes freies
Bild: der schöne See mit seinem fortwährenden Be
leuchtungswechsel, die blinkenden Städte und Landhäuser
vom entfernten Ufer und darüber hinaus, die sich in der
Ferne verlierenden Gipfel hoher Schweizerberge; in der
Nähe aber eine liebliche, an den See gelehnte Hügel
landschaft, die den Blick mit tausend Schönheiten anzieht
und fesselt. Baurat 0. Schmid.
Kontinuierliche Balkenbrücken aus
Eisenbeton
Von Dipl.-Iug. S. Zipkes, Chefingenieur der Firma Luipold
(Schluß) & Schneider, Zürich
Die Belastungsprobe.
Die Brücke wurde im August 1904 fertiggestellt und
dem Verkehr übergeben. Die Belastungsprobe und ge
naue Untersuchung über den Befund der Brücke wurden im
Dezember 1905 vorgenommen. Die eineinhalb Jahre nach
der Herstellung vorgenommene Belastungsprobe undUeber-
nahme der Brücke gewinnt dadurch an Interesse, indem
man hierdurch einen besseren Einblick gewann, inwiefern
sich die Bauw-eise bewährt hat. Gewiß können über den
Verbund selbst keine wichtigen Schlüsse gezogen werden,
es kann aber festgelegt werden, inwiefern Mißstände
sich zeigen und wie man manches verbessern kann.
A. Befund der Brücke.
Bei einer näheren Untersuchung der Brücke konnte
folgendes beobachtet werden:
1. Auf der Untersicht der Platte, zwischen Band- und
Straßenkandelträger, waren Eiszapfen zu sehen. Dieser
Umstand wurde bereits besprochen.
2. Die Fahrbahnträger, Mittelpfeiler und Widerlager
sind tadellos und konnten weder Bisse noch sonstige
schadhafte Stellen entdeckt werden.
3. Die Gehwegträger (Bandträger) weisen in der Nähe
der Mittelstütze Bisse auf. Dieselben verlaufen beim
Gehwegträger A, wie in Abb. 35 bei a und b eingezeichnet
worden ist. Der Biß a ist auf allen drei Sichtflächen
der Eippe zu sehen. Die Bisse sind infolge der wirken
den schiefen Hauptzugspannungen, wie weiter bewiesen,
entstanden.
Die Probebelastung wurde von der Kgl. Straßenbau
inspektion durchgeführt. Es wurden hierzu 12 gleiche
Biegungsmesser verwendet, die an den Balkenmitten der
Fahrbahnträger angebracht waren. Wir geben in der
Folge eine kurze Beschreibung
der hier verwendeten Biegungs
messer.
Dieselben bestehen in der
Hauptsache aus einer mit Ein
teilungen versehenen beweglichen
Platte, an welcher ein Draht fest
geklemmt werden kann, und aus
einem festen Bahmen (Abb. 36).
Das Plättchen gleitet in diesem
Bahmen, welches mittels Schrau
ben auf einem Stativ oder .ge
wöhnlichen Bock festgeschraubt
werden kann. An dem Bahmen
ist ein Nonius angebracht, der
Ablesungen von J /io mm noch
gestattet. Der Draht, an wel
chem ein 10 kg schweres Ge
wicht angehängt wird, wird an
den Balken mittels einer spe
ziellen Klammer befestigt. Es
sei hier bemerkt, daß das leider
eingebürgerte Verfahren, den
Draht an Holzdübel, welche in
ein vorher gemachtes Loch ein
geschlagen werden, anzuhängen,
ganz verwerflich ist. Hierdurch
wird oft gerade in den ungünstig beanspruchten Stellen,
der Anlaß zu Bisseerscheinungen gegeben, indem an
diesen Stellen eine Verschwächung und Verletzung des
Balkens vorgenommen wird. An dem festen Bahmen ist
ferner ein um einen Punkt drehbarer Stift angebracht,
welcher auf einem Blatte Papier, das an das bewegliche
Plättchen befestigt wird, die Bewegung des letzteren,
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Abb. 36