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BAUZEITUNG
Nr. 46
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Wettbewerb Deutsches Museum in München. I. Preis
Architekt Professor Gabriel v. Seidl
Wet tbewerb Deutsches Museum in München
Zu einem der großartigsten Bauwerke der Gegenwart,
zum Neubau des Deutschen Museums in München,
ist am 13. November der Grundstein gelegt worden. Die
Feier der Grundsteinlegung gestaltete sich nicht nur zu
einem Fest für die bayrische Haupt- und Residenz
stadt, das den künftigen Ruhmestempel bahnbrechender
Schöpfungen deutscher Forscher in seiner Mitte bergen
wird, sondern auch zu einem Feste für ganz Deutschland,
dessen gesamte Wissenschaft, Technik und Industrie sich
vereinigt hat, um eine würdige Heimstätte für die Meister
werke deutscher und auch ausländischer Kultur zu schaffen.
Welch hohe Bedeutung diesem künftigen Nationalmuseum
beigelegt wird, zeigt am besten die Gegenwart des Deut
schen Kaisers und seiner Gemahlin bei dem feierlichen
Akte, die Anwesenheit von Vertretern der deutschen
Regierungen, von hochangesehenen Männern aus ganz
Deutschland. Von Württemberg wohnten der Feier bei:
der Präsident der Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und
Handel v. Mosthaf, Regierungsdirektor Dr. Bälz, Ministerial
rat Dr. Köhler, Präsident v. Fuchs und Baudirektor v. Bach,
der eine als Vertreter des Verbands deutscher bezw. ehe
mals deutscher Eisenbahn Verwaltungen, der andre als
Vertreter des Vereins deutscher Ingenieure; die Univer
sität Tübingen vertrat der Kanzler Staatsrat Dr. v. Schön
berg.
Die Grundsteinlegung fand in einer reichgeschmückten
Riesenhalle mit großer Tribüne, mit einer besonders
dekorierten, mit zahllosen Rosen- und Gold- und Stahl
kränzen überwölbten Hoftribüne statt. Als der Kaiser,
die Kaiserin und der Prinzregent die Halle betraten, er
tönten Fanfaren. Das versammelte Publikum jubelte den
Fürstlichkeiten mit anhaltenden Hochrufen zu. Die Fest
rede hielt der Erste Bürgermeister Dr. v. Borscht, sie
schloß mit einem Hoch auf den Prinzregenten und den
Kaiser. Die Musik spielte die Nationalhymne. Baurat
0. v. Miller verlas die Urkunde einer Stiftung des Kaisers
für das Museum. Die Stiftung besteht in dem Schnitt
modell eines Linienschiffs neuester Bauart „als ein Merk
zeichen der Errungenschaften deutschen Gewerbefleißes
und der im Reiche geeinigten Wehrkraft des deutschen
Volks“, wie es in der gleichzeitig überreichten Urkunde
heißt. Der Prinzregent dankte dem Kaiser hoch erfreut
mit Handschlag für diese Zuwendung. Dann schilderte
Geheimrat Prof. Dr. Röntgen die Notwendigkeit des Baues
des Museums und gab einen Ueberblick über die Aus
gestaltung desselben. Nach einer kurzen Ansprache lud
der Prinzregent den Kaiser ein, mit ihm den feierlichen
Hammerschlag vorzunehmen, worauf sich beide Fürsten,
gefolgt von den Prinzen des Kgl. Hauses, den Ehren
präsidenten u. s. w., an den in einer Grube befindlichen
Grundstein begaben. Alle Glocken der Stadt begannen
zu läuten. Zuerst vollzog der Prinzregent die drei
Hammerschläge, dann der Kaiser mit folgenden Worten:
„Den dahingegangenen Forschern zum Gedächtnis, den
lebenden zur Anerkennung, den nachkommenden zur Än-
eiferung, dem Prinzregenten ein ewig ragendes Denkmal.“
Prinz Ludwig vollzog die Hammerschläge zum Heil,
Nutz und Frommen des Deutschen Reichs, des Staates
Bayern und dessen Hauptstadt München. Danach folgten
Bekränzung des Grundsteins und Gesangvorträge, womit
der festliche Akt beendet war.
Der Platz für das neue Museumsgebäude, dessen
Baukosten auf 4850 000 M. veranschlagt sind, ist auf
der zwischen zwei Isararmen gelegenen Kohleninsel ge
legen und nimmt einen Flächenraum von 36 000 qm ein.
Von diesem gewaltigen Raum und der künftigen Gestalt
des nationalen Bauwerks haben die Leser unsrer Zeit
schrift bereits ein annäherndes Bild durch die Veröffent
lichung des Vorentwurfs von Prof. Gabriel v. Seidl
in Nr. 14 erhalten. Der hervorragende Münchner Architekt
ist auch bei dem Wettbewerb als Sieger hervorgegangeu,
das Preisgericht erkannte ihm einstimmig den I. Preis