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BAUZEITUNG
Nr. 49
wesentlichen Punkten nicht vollständig deckten; das für
den Wettbewerb unter dem Zeichen „D. M.“ eingereichte
Projekt erschien aber als eine Kopie bezw. Variante jenes
Vorprojektes, das vielleicht nur bezüglich der architek
tonischen Ausgestaltung eine weitere Durchbildung er
fahren hatte. Es konnte daher vom ersten Augenblick
an für niemand ein Zweifel darüber bestehen, wer sich
hinter dem Kennworte verbirgt, ebenso wie es ander
seits, wohl kaum zulässig ist, mit einer bereits fertigen,
allgemein bekannten Arbeit in einen Wettbewerb einzu
treten. Die Preisrichter haben keinen Anstoß daran
genommen, sie haben die vorhandenen Programmwidrig
keiten als unwesentlich erklärt, und somit ist eigentlich
der ganze Wettbewerb im Sand verlaufen, denn die
durch das Anpassen an die Programmgrößen veranlaßten
unwesentlichen Aenderungen gegenüber dem Vorprojekt
bedeuten durchaus nicht eine Verbesserung; ja bei den
Ausstellungssälen ist durch dieses Anpassen sogar eine
Verschlechterung bezüglich der Belichtungsverhältnisse
verursacht. Trotzdem hat die Jury diese Arbeit ein
stimmig als die beste anerkannt und ihr den I. Preis
zuerteilt.
Es soll an dem Wert der Arbeit in keiner Weise
gemäkelt werden; daß aber die Jury keinen andern Weg
fand, diese Arbeit auszuzeichnen, trotzdem ihr der Ver
fasser nicht unbekannt war, als indem sie derselben den
I. Preis zusprach, erscheint mindestens sehr befremdlich.
München. E. Tittrieb, Architekt.
Hebung und Schiebung von Gebäuden
lieber die Hebung und Schiebung von Gebäuden hat
das Ministerium in einem Erlasse an die Kgl. Oberämter
vom 12. November d. J. folgende Anordnungen getroffen:
Da nach den gemachten Wahrnehmungen bei der Hebung
und Schiebung von Gebäuden trotz des Nagolder ün-
glücksfalls noch nicht überall mit der gebotenen Vorsicht
und Sorgfalt verfahren wird, sieht sich das Ministerium
veranlaßt, die beteiligten Behörden besonders darauf auf
merksam zu machen, daß die Inangriffnahme und Aus
führung solcher Hebungen und Schiebungen nur nach
sorgfältiger Prüfung aller für das Gelingen der Arbeiten
in Betracht kommenden Verhältnisse und nur unter ge
hörigen Sicherheitsvorkehrungen gestattet werden darf.
In Beziehung auf die Hebung und Schiebung von
Gebäuden bestimmte und für alle Fälle passende Vor
schriften aufzustellen ist bei der Verschiedenheit der
einzelnen Fälle naturgemäß ausgeschlossen, und wenn in
nachstehendem die bei Gebäudehebungen oder -Schiebungen
zu beachtenden allgemeinen Gesichtspunkte besondere Er
wähnung finden, so soll dies nur dem Zwecke dienen,
den zuständigen Baupolizeibehörden für ihr Verhalten
in solchen Fällen Anhaltspunkte zu geben. Nach wie
vor muß ihnen aber überlassen bleiben, auf Grund der
bestehenden Vorschriften (s. insbesondere Art. 19 und 35
der Bauordnung sowie § 17 der Vollzugsverfügung) das
im Einzelfalle Erforderliche von sich aus zu verfügen.
Sollten sie sich hierzu durch ihre eignen Techniker nicht
genügend beraten fühlen, so ist ihnen unbenommen, sich
auf Kosten des Bauenden des Rats weiterer Sachver
ständiger zu bedienen.
Die bei Gebäudehebungen und -Schiebungen zu be
achtenden allgemeinen Gesichtspunkte lassen sich in fol
gende Leitsätze zusammenfassen;
1. Das Gebäude, welches gehoben und geschoben
werden will, muß vor der Hebung oder Schiebung auf
seine Beschaffenheit und auf die Möglichkeit seiner Be
wegung gründlich untersucht, gegen ungleichmäßige Pres
sungen geschätzt und in seinem konstruktiven Zusammen
hang nach Möglichkeit gesichert werden.
2. Die Konstruktion des Rostes, auf welchen der zu
bewegende Teil des Gebäudes gesetzt wird, die Zahl und
Art der Hebezeuge (Schrauhenspindeln, Bolzen u. dergl.)
sowie die Vorrichtungen, welche ein Ausweichen des
Gebäudes während seiner Bewegung zu verhindern haben,
müssen dem Gewicht, der Größe und der sonstigen Be
schaffenheit des Gebäudes sowie dem Maß der Hebung
oder Schiebung angepaßt werden.
3. Die Prüfung des Gebäudes auf seine Hebe- und
Schiehefähigkeit muß von einem tüchtigen Techniker mit
der nötigen praktischen Erfahrung vorgenommen, die not
wendige Versteifung des Gebäudes, die Anlegung des
Rostes und der sonst erforderlichen Rüstungen stets von
geübten Arbeitern nach genauer Angabe des Betrieb
leiters ausgeführt und die Bewegung selbst durch ge
wandte Bauführer oder Vorarbeiter überwacht werden.
Wie viele geübte Leute zu den Hebe- oder Schiehe
arbeiten selbst verwendet werden müssen, wie viele un
geübte zugelassen werden können, und wie groß die ein
zelnen Stufen der Hebung oder.Schiebung sein dürfen, hat
sich nach den Verhältnissen des einzelnen Falls zu richten.
4. lieber die Dauer der Gehäudehebung oder-Schiebung
sind Zuschauer oder sonstige Unberufene von der Arbeit
stätte fernzuhalten und während der eigentlichen Hebe
oder Schiebarbeiten sollte das zu bewegende Gebäude
tunlichst auch durch seine Bewohner geräumt werden. Im
übrigen ist im Auge zu behalten, daß es für das Gelingen
von Gebäudehebungen oder -Schiebungen vor allem darauf
ankommt, daß die Arbeiten sorgfältig vorbereitet, pünkt
lich ausgeführt und gut überwacht werden und daß
nötigenfalls im geeigneten Augenblick und mit den rich
tigen Mitteln eingegriffen wird. Wegen der polizeilichen
Beaufsichtigung der Hebung oder Schiebung von Ge
bäuden wird auf die Bestimmungen der §§73 und 74 der
Vollzugsverfügung zur Bauordnung und auf die Bestim
mungen der Ministerialverfügung vom 16. Oktober 1902,
betreffend die Durchführung der zum Schutze der Bau
arbeiter gegen Gefahren für Lehen, Gesundheit und Sitt
lichkeit gegebenen Vorschriften, Reg.-Bl. S. 549, noch
besonders hingewiesen. —x
Y ereinsmitteiluiigen
Württembergischer Baubeamten-Verein. Dem
Verein hat ab 1. Januar 1907 seinen Beitritt zugesagt:
K ras sei, technischer Eisenbahnsekretär in Ludwigshurg,
Vorstand des Bautechniker-Verbandes. Herzlich will
kommen.
Wettbewerbe
Entwürfe zu einer evangelischen Kirche nebst
Pfarr- und Gemeindehaus der Gemeinde Wupper
feld bei Barmen, In dem Wettbewerb erhielten den
I. Preis (2500 M.) Architekt E. Müller in Mülheim a. Rh.,
den II. Preis (1800 M.) die Architekten Köhler & Kranz
in Charlottenburg und R. Wilkens in Lüdenscheid i. W.,
den III. Preis (1200 M.) Regierungsbaumeister a. D. Werdel-
mann, Direktor der Kunstgewerbeschule in Barmen. Ein
Entwurf wurde zum Ankauf empfohlen.
Der Verein für religiöse Kunst in der evan
gelischen Kirche E. V. wünscht geeignete Entwürfe
für Altargeräte: Kelch, Abendmahlskanne, Patene
zu erlangen. Die Entwürfe sind in natürlicher Größe zu
halten. Es wird mehr Wert auf eine schlicht material
gemäße und sachliche Form als auf Ornamentschmuck
gelegt. Bin bestimmter Stilcharakter wird nicht vorge
schrieben; dagegen ist anzugeben, in welchem Material
die Ausführung gedacht ist und zu welchem Preise etwa
die Ausführung erfolgen soll. Die Zeichnungen sind bis
zum 15. Januar 1907 mit Motto an den Schatzmeister
des Vereins, Verlagsbuchhändler W. E. Ernst, Berlin W.,
Wilhelmstraße 90, mit der Bezeichnung „Preisaus
schreiben“ einzusenden. I. Preis 125 M., II. Preis 100 M.,