FÜR WÜRTTEMBERG'
BADEN HESSEN EL
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STUTTGART, 3. MARZ 1906
ALLE RECHTE VORBEHALTEN. - INHALT: X. INTERNATIONALER SCHI FFÄHRTSKONGRESS IN MAILAND. - DENK
MALS-TURM VON PROF. BERNHARD PANKOK. - WETTBEWERBE. - KLEINE MITTEILUNGEN. - AUSSTELLUNGSBAU
DRESDEN 1906. - PERSONALIEN. — BÜCHER. - ANFRAGEN. - BRIEFKASTEN DER REDAKTION. - ZUE BEACHTUNG
X.INTERNATIONALER SCHIFFAHRTSKONGRESS
IN MAILAND, ABGEH.VOM 23. BIS 30. SEPT. 1905
Haben die seitherigen Kongresse abwechselnd in den
hinsichtlich ihrer Wasserstraßen und Schiffahrtseinrich
tungen fortgeschrittensten Staaten Belgien, Frankreich,
Deutschland u. a. getagt, so wurde heuer erstmals das
alte Kulturland Italien besucht, wo zwar schon vor
Jahrhunderten eine blühende Binnen- und Seeschiffahrt
betrieben worden ist — u. a. ist die Kammerschleuse
eine italienische Erfindung — das aber erst jetzt wieder
im Begriffe steht, sich die seiner geographischen Lage
und politischen Bedeutung zukommende Stellung auf
diesem Gebiete aufs neue zu erringen.
Erstmals trat bei diesem Kongreß auch die neue Orga
nisation des internationalen Verbands, wie sie seit den
letzten Versammlungen von Paris 1900 und Düsseldorf
1902 zur Vorbereitung der Kongresse eingerichtet worden
ist, in Wirksamkeit.
Der hierfür eingesetzten ständigen Kommission mit dem
Sitze in Brüssel gehören aus Deutschland an; Dr. Holle,
Unterstaatssekretär inl Ministerium der öffentlichen Ar
beiten, Berlin; Sympher, Geheimer Oberbaurat im Mini
sterium der öffentlichen Arbeiten, Berlin; Willgerodt,
Wasserbaudirektor, Straßburg i. E.; Honseil, Professor
und Geheimer Rat, Karlsruhe; Dr. Krause, Justizrat,
Berlin; Dr. v. Schuh, I. Bürgermeister, Nürnberg.
Auf dem Kongresse selbst war Deutschland mit etwa
60 offiziellen Persönlichkeiten vertreten.
Dank den reichlichen Beiträgen der verschiedenen Regie
rungen und Korporationen, welche dem Verband eine
jährliche Einnahme von rund 80000 Fr. sichern, und der
Freigebigkeit der italienischen Regierung, die allein
100 000 Lire bewilligte, konnten die Vorbereitungen sehr
ausgiebig getroffen werden. Gegen 100 Berichte zu den
auf die Tagesordnung gesetzten Fragen wurden in fran
zösischer, deutscher, englischer und italienischer Sprache
gedruckt und an die Mitglieder im voraus verschickt.
Daß die Wahl Mailands als Kongreßstadt eine ganz
glückliche gewesen ist und das klassische Reiseziel
Italien auch diesmal seine Anziehung nicht verfehlte,
bewies die äußerst zahlreiche Beteiligung, indem gegen
2500 Erkennungskarten ausgegeben wurden. Der Jahres
beitrag des Verbands beträgt 10 Fr. und berechtigt ohne
weiteres zur Teilnahme am Kongreß. Nichtständige Mit
glieder zahlen als einmaligen Beitrag 25 Fr. Die Libe
ralität der italienischen Regierung, die den Kongressisten
eine Verbilligung der Eisenbahnfahrten in ganz Italien auf
ein Viertel des normalen Preises gewährte, mag ebenfalls
nicht wenig zu dem regen Besuche beigetragen haben.
Für die in zwei Abteilungen, „Binnenschiffahrt“ und „See
schiffahrt“ gleichzeitig getrennt stattfindenden Verhand
lungen hatte der König gastfreundlich seine Villa an der
Via Palestro zur Verfügung gestellt. Eröffnungsfeier
und Schluß des Kongresses fanden jedoch in dem be
rühmten Scala-Theater statt.
Zu ersterer war, von der Versammlung freudig begrüßt,
das Königspaar selbst erschienen, und Zuschauerraum
und Bühne waren mit Blumen in den Landesfarben
prächtig dekoriert. Auch sonst fehlte es nicht an offi
ziellen Aufmerksamkeiten, die in festlichen Empfängen
seitens der Stadtverwaltungen, Ortskomitees, Handels
kammer u. a. m. ihren Ausdruck fanden.
Nach der vom Verband vorbereiteten Tagesordnung des
Kongresses sollten in den beiden Abteilungen nachstehende
Fragen behandelt w'erden:
I. Binnenschiffahrt.
1. Ueber den Wert und die Einrichtung gemischter
Transporte, d. h. mittels Eisenbahn und Wasserstraßen.
2. Studien über die Systeme, welche zum Ausgleich der
großen Höhenunterschiede zwischen den Kanalhaltungen
geeignet sind.
3. Einfluß der Zerstörung der Wälder und der Trocken
legung der Sümpfe auf den Lauf und die Wasserverhält
nisse der Flüsse.
4. Entwicklung der Binnenschiffahrt vermittelst Schiffen
mit geringem Tiefgang, Bauart und Treibapparat.
Außerdem eine Anzahl Mitteilungen.
II. Seeschiffahrt.
1. Verbesserung der Mündungen der Flüsse, welche sich
in Meere ohne Ebbe und Flut ergießen.
2. Fortschritte in den Mitteln zum Fortbewegen der
Schiffe. Folgen hinsichtlich der Fahrrinne und Häfen.
3. Darlegung der verschiedenen Arten des Betriebs
und der Verwaltung von Seehäfen. Ihr Einfluß auf die
Entwicklung des Verkehrs.
4. Bauart der äußeren Molen der Häfen mit Rücksicht
auf die Gewalt der Wellen, denen sie widerstehen müssen.
Ferner ebenfalls eine Anzahl Mitteilungen.
Wie nun aber bei der kurzen Zeit, die für die Be
ratungen zur Verfügung stand, nicht anders zu erwarten
war, blieben verschiedene dieser Themas unerledigt,
bezw. kamen überhaupt nicht mehr zur Beratung und
werden voraussichtlich wieder auf die Tagesordnung des
nächsten Kongresses gestellt werden. Jedenfalls hat sich
gezeigt, daß es zweckmäßig sein dürfte, die Zahl der
Beratuugsgegenstände künftig zu beschränken. Da die
Berichte bereits gedruckt in Händen der Zuhörer waren,