Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1906)

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BAUZEITÜNG 
NB. 9 
so vermochten diese den Vorträgen auch in fremder 
Sprache wohl zu folgen, und es dienten die zum Teil 
recht lebhaften Debatten, welche sich an die Bericht 
erstattung knüpften, sehr zu Vertiefung und besserem 
Verständnis der angeregten Fragen. Die persönliche 
Anschauung hervorragender fremder Leistungen und der 
mündliche Gedankenaustausch vermitteln das gegenseitige 
Verständnis zweifellos viel besser, als die Literatur allein 
dies vermag. Hierin und in der leichten Beseitigung 
etwaiger Mißverständnisse und Vorurteile liegt der Schwer 
punkt und große Nutzen dieser Kongresse, während aus 
naheliegenden Gründen den bis jetzt üblichen Resolutionen 
meist weniger Wert beizumessen ist. In Hinsicht der 
vielgestaltigen besonderen örtlichen und individuellen Ver- 
hältnisse, die für die Beurteilung der wichtigsten tech 
nischen und wirtschaftlichen Fragen eine Rolle spielen, 
ist es einfach" nicht möglich, in wenigen Minuten solcher 
Massenberatung zu einem abschließenden Urteil zu ge 
langen, bezw. dasselbe in eine einwandsfreie kurze Formel 
zu bringen. Da aber anderseits der Sache aucli nicht 
mit allgemeinen unbestimmten Phrasen genützt ist, so 
wird man billigerweise auf die Fassung von Resolutionen 
künftig überhaupt verzichten. 
Die heurigen Verhandlungen haben folgende Beschlüsse 
ergeben; 
In der Abteilung I, Binnenschiffahrt. 
Zu 1. „Die Berührungspunkte zwischen Eisenbahnen 
und Wasserwegen sind so viel wie möglich zu vermehren 
unter Anwendung aller Mittel der Technik, der Ver 
waltung und Tarifmethoden, die der Entwicklung des 
gemischten Transportsystems förderlich und dienlich sein 
können.“ 
Zu 2. „Die Kammerschleusen bleiben die einfachsten 
und kräftigsten Maschinen zur Ueberwindung der Gefälle 
von Kanälen. Die Sparbassins ermöglichen, den Wasser 
verbrauch der Kammerschleusen bedeutend zu reduzieren, 
ohne die Dauer der Schleusungen zu sehr zu verlängern. 
Es erscheint angebracht, die Studien und Versuche, die 
den Zweck verfolgen, noch mehr diese Dauer und den 
Wasserverbrauch zu verringern, zu unterstützen. 
Der Wiener Wettbewerb brachte verschiedene wertvolle 
Ideen bezüglich der Ueberwindung großer Gefälle. Der 
Kongreß legt den größten Wert darauf, daß ein der 
artiges Hebewerk ausgeführt werde, bei welchem die 
Wirtschaftlichkeit, die Betriebsicherheit und die Leistungs 
fähigkeit beurteilt werden kann, indem der Erfahrung 
allein ein endgültiges Urteil zuerkannt werden muß.“ 
Zu 3 wurde wegen vorgerückter Zeit keine Resolution 
mehr gefaßt und diese nebst der Frage 4 und den ver 
schiedenen Mitteilungen auf den nächsten Kongreß vertagt. 
In der Abteilung II, Seeschiffahrt. 
Zu 1. Nachdem die verschiedenen Redner je ihre heimat 
lichen Verhältnisse an der AVeichsel, Rhone, Donau, dem Po, 
Tiber und Mississippi geschildert hatten, konnte zunächst 
Bogenbrüoke über die Adda bei Paderno und Trezzo 
Der durch die Sturmflut von 1898 verwüstete Molo Duca Galliera 
keine Uebereinstimmung über die wirksamste Maßregel 
zur Verbesserung der Flußmündungen erzielt werden, und 
die weitere Behandlung wurde daher einem ad hoc ge 
wählten Ausschuß übertragen, der später folgende Be 
schlüsse formulierte: 
„Die Anlage von Molen ist empfehlenswert, solange die 
Entfernung zwischen der Barre und dem Ufer keine über 
mäßigen Kosten verursacht. Im andern Falle und be 
sonders bei Deltas, die seit Jahren eine feste Form 
gewonnen haben, bietet die Baggerung, vor allem nach 
dem Aufkommen der Saugbagger, eine ausgezeichnete 
Lösung des Problems, vorausgesetzt, daß die Bedeutung 
des Verkehrs die Kosten rechtfertigt. In gewissen Fällen 
dienen die Baggerungen auch dazu, die Wirkung der 
Molen zu beschleunigen und zu vervollständigen. Im 
Falle, daß keins dieser Auskunftsmittel passend erscheint, 
bietet die Ausführung eines Seitenkanals mit außerhalb 
des Einllußkreises des Deltas gelegenem Eingang eine 
einfache und sichere Lösung. 
Zu 2 nimmt der Kongreß von den Ausführungen des 
Generalberichterstatters ohne weitere Diskussion Kennt 
nis und gibt seine Meinung dahin ab, daß bei dem gegen 
wärtigen Stand der Technik den beregten Fortschritten 
in den Mitteln zur Fortbewegung der Schiffe kein Einfluß 
auf Häfen und deren Zugänge zugeschrieben werden kann. 
Zu 3 lautet die Resolution: „Jedes Verwaltungssystem 
(Staatsverwaltung, eigne autonome Verwaltung u. s. w.), 
soweit es die Wohlfahrt des Hafens und die Entwicklung 
des Verkehrs begünstigt, kann angenommen werden, 
vorausgesetzt, daß die Verwaltung selbst gut ist.“ 
Die Position 4 kommt nicht mehr zur Verhandlung, da 
gegen werden noch einige Mitteilungen vorgetragen, so 
„Ueber den schnellen Fortschritt in den Größenverhält 
nissen von Dampfern und Segelschiffen. Ihr Tiefgang, 
Folgen für Häfen, Kanäle und deren Zugänge.“ Interessant 
ist hierbei, daß der amerikanische Ingenieur und Kongreß- 
Berichterstatter E. L. Corthell, der schon im Jahre 1898 
in einer auf 50 Jahre angelegten Tabelle u. a. die Zahl 
der 1905 auf dem ganzen Erdball verkehrenden Dampf 
schiffe mit 100 Registertonnen und darüber zu 12002 und 
deren Gehalt zu 20 801205 Registertonnen berechnet hat, 
und damals als Ingenieur poete bespöttelt wurde, heute 
mit Genugtuung konstatiert, daß inzwischen tatsächlich 
die Zahl dieser großen Schiffe auf 13 381 und deren Ge 
halt auf 26158 358 Registertonnen gestiegen ist. 
Hauptsache wäre nach seiner Meinung nicht, die Länge 
und Breite der Schiffe zu vergrößern, sondern ihren Tief 
gang, wozu allerdings gleichzeitig auch für die nötige 
Tiefe der Häfen gesorgt werden müsse. Dieses Thema 
soll beim nächsten Kongresse wieder auf die Tagesordnung 
gesetzt werden. 
Sodann folgt eine Mitteilung über „die Anwendung 
flüssiger Brennstoffe in der Schiffahrt“. Nach Ansicht 
der Versammlung werden künftig die Petroleummotore in 
der Kraftstärke von 100 bis 500 Pferden für Schiffahrts 
zwecke eine größere Anwendung als bisher erfahren. 
Bezüglich einer weiteren Mitteilung über „die Haftung der
	        

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