10. MÄRZ 1906
BAUZEITUNG
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ist. Die Anlage besteht in der Hauptsache aus einem
auf zwei Schienen fahrbaren Portalkran mit 10 m Stütz
weite, innerhalb deren sich das Kohlenlager befindet. Der
elektrisch betriebene Kran kann die ganze Länge des
Kohlenlagers abfahren und bedienen. Durch einen kräf
tigen Greifer wird die Kohle aus den Eisenbahnwagen
geholt und auf den Lagerplatz befördert. Seitlich ragt
der Kran noch je 5 m weit hinaus oberhalb der Gleise,
auf denen die Lokomotiven mit Tender heranfahren. Der
Greifer hebt nun die Kohle vom Lager, fährt über eine
Zeigerwage, welche das Gewicht der gehobenen Kohle
genau angibt und registriert, bis über die Mitte des
Tenders und läßt die Kohle dort in den Tender fallen.
Bei jedem Hub fördert der Greifer etwa 1000 kg, so daß
der Tender in kürzester Zeit gefüllt ist. Die Anlage
hat sich im Betrieb vorzüglich bewährt. Alsdann folgte
eine Beschreibung der Becher- oder Conveyorförderanlagen,
wobei drei Systeme unterschieden wurden. Bei dem
Bradleyschen System, das von der Berlin-Anhaitischen
Maschinenbau-Aktiengesellschaft Berlin ausgeführt wird,
bilden Tröge aus Blech einen durchlaufenden beweglichen
Strang, der auf Achsen mit Laufrädern befestigt ist,
während die Becher innerhalb desselben schwingend auf
gehängt sind. Solche Anlagen wurden u. a. in der elek
trischen Zentrale in Brüssel, in der Grube Gerhard-
Luisenthal, im städtischen Gaswerk Königsberg in großem
Maßstabe eingerichtet mit einer Förderleistung bis 50 t
in der Stunde, sie wurden an Hand von Lichtbildern
erklärt, ebenso das Becherwerk System Hunt, das von
der Firma Pohlig-Köln ausgeführt wird. Hier laufen die
Becher auf Bollen, die beiderseits durch doppelte Laschen
miteinander verbunden sind und so eine Kette ohne Ende
bilden. Solche Anlagen wurden als Kohlenförderanlagen
für die elektrische Zentrale der Felten und Guilleaume
Garlswerk A.-G., für die Koksofenanlage von Gebr. Röch
ling in Völklingen, für die Vereinigte Königs- und Laura
hütte, als Lokomotivbekohlungsanlage für den Bahnhof
Saarbrücken u. a. ausgeführt, sie arbeiten äußerst wirt
schaftlich. Als dritte Ausführungsart schilderte der Vor
tragende diejenige der Firma Schenck-Darmstadt, bei
der die Becher an einer Achse schwingend aufgehängt
sind, die an den Enden mit Laufrollen versehen ist. Ein
Becher samt Achse ist mit dem nachfolgenden durch eine
Zugstange scharnierartig verbunden, wobei die Gelenk
bolzen senkrecht zur Laufrichtung des Becherwerks stehen.
Der Vorteil dieser Anordnung besteht darin, daß das
Becherwerk sowohl in einer vertikalen, als in einer
horizontalen Ebene Kurven durchfahren kann. Auch von
dieser Konstruktion wurden mehrere Lichtbilder gezeigt,
unter denen besonders die der Anlage des Städtischen
Elektrizitätswerkes Stuttgert allgemeines Interesse eregten.
Dort ist im Hofraum in einem Wellblechhaus die An
triebmaschine mit Elektromotor untergebracht, welche
das ganze Becherwerk, das eine Länge von 162 m hat
und aus 180 Bechern besteht, bewegt; der Strang wird
unter einen gemauerten Trichter geführt, wo die Kohle
von einer Füllmaschine in die Becher gefüllt wird.
Dann hebt sich das Becherwerk 7,5 m hoch und gelangt
auf einem starken schmiedeisernen Gerüst in einer großen
Kurve nach dem Kesselhaus, nachdem die geförderte
Kohle zuvor selbsttätig abgewogen und das Gewicht
registriert worden ist. Gleich nach dem Eintritt in das
Kesselhaus macht das Becherwerk wieder eine Kurve
und läuft oberhalb der 12 nebeneinander liegenden Kessel
dem Gebäude entlang. Vor jedem Kessel befindet sich
ein großer schmiedeiserner Blechbehälter mit zwei Mün
dungen auf die Kesselroste. lieber jedem Behälter ist
eine Entladevorrichtung für die Becher angebracht, welche
die letzteren kippt, so daß die Kohle in die Behälter fällt.
Ist ein Behälter gefüllt, so wird die Entladevorrichtung
selbsttätig abgestellt. Große Schaugläser lassen den
Stand der Kohle im Behälter erkennen. Am Ende des
Kesselhauses geht der Strang über ein Wenderad und
läuft genau oberhalb des Herweges zur Antriebmaschine
zurück. In dieser Anlage - wird die schwere Arbeit des
Kohlentransportes von einem dreipferdigen Elektromotor
besorgt, die Zahl der Heizer ist wesentlich verringert.
Aehnliche Anlagen wurden von der Firma Schenck für
die Zuckerfabrik Stuttgart, für die Erste Deutsche Kunst
druckpapierfabrik Oberlenningen, für die Elektrizitäts
werke Frankfurt a. M. u. a. geliefert. Der Vortragende
bemerkt zum Schluß, daß zurzeit für den Massentransport
von Kohle das Becherwerk das geeignetste maschinelle
Hilfsmittel sei, sofern nicht zu große Flächen zu bedienen
seien, da die Kohle geschont wird und keine Umladungen
stattfinden. Beide Vorträge wurden mit lebhaftem Bei
fall aufgenommen. Der Vorsitzende dankte den Vor
tragenden im Namen des Vereins mit warmen Worten.
WETTBEWERBE
Preisausschreiben deb K. Zentralstelle Stuttgart.
Das Preisgericht hat wie folgt entschieden: I. Bürgerl.
Wohnzimmereinrichtung, 1. Preis; Kennwort „PST.“,
Verfasser Otto Eißner - München; 2. Preis; Kennwort
„Ehehafen“, Verfasser Fritz Haymann, Architekt, Berlin;
3. Preis; Kennwort „Ernst ist das Leben, heiter ist die
Kunst“, Verfasser Ernst Mann-Stuttgart. II. Einfacher
Tonofen mit eisernem Einsatz, 1. Preis: Kennwort „Lis“,
Verfasser Fritz Schreyer, Architekt, Schramberg; 2. Preis;
Kennwort „C.F. M.“, Verfasser F. Meier-Bendorf a. Rh.;
3. Preis ; Kennwort „Bürgerlich“, Verfasser Alfred Leu-
zinger, Architekt, Stuttgart. III. Einfacher Qrabschmuch
in Stein oder Metall, 1. Preis; Kennwort „Schlicht“, Ver
fasser Alfred Leuzinger, Architekt, Stuttgart; 2. Preis:
Kennwort „Einfach“, Verfasser Architekt Julius Weigel-
Stuttgart ; 3. Preis: Kennwort „Einheit“, Verfasser P. Buh-
ron-Berlin. Ankäufe: 1. Kennwort „Stabeisen“, Verfasser
R. Unger- Ülm a. D.; 2. Kennwort „Stille“, Verfasser
Karl Bartholmay-Magdeburg. Sämtliche eingegangenen
Arbeiten sind in der Vorhalle des Landesgewerbemuseums
einige Zeit ausgestellt.
Plauen i. V. Wettbewerb für Entwürfe zu einer evang.-
luth. Kirche der Markusgemeinde in Plauen i. V. für alle
deutschen Architekten evang. Bekenntnisses. Bausumme
30 000 M. inkl. Innenausstattung, Heizungs- und Beleuch
tungsanlagen. Termin 15. Mai 1906. Preise 1800, 1200,
800 M.; Ankäufe für insgesamt 1200 M. Preisrichter:
Geh. Reg.-Rat Prof. Otzbn, Präsident der K. Akademie
der Künste, Berlin, Geh. Hofrat Prof. Dr. phil. Gublxtt-
Dresden sowie K. Baurat Hempel, Stadtbaurat Fleck,
Baumeister Seifest, Stadtverordneter Walther, Bau
meister Ulbeicht und Pfarrer Dr. phil. A. Baethel,
sämtlich in Plauen. Unterlagen durch den Vorsitzenden
des Kirchenvorstandes der Markusgemeinde, Herrn Dr.
phil. Alexander Barthel, Plauen i. V., Geliertstraße.
KLEINE MITTEILUNGEN
Stuttgart. Oberbaurat G. Halmhubee, Professor an der
hiesigen Technischen Hochschule, hat eine Berufung als
Direktor der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in
Köln erhalten und dieselbe angenommen. So sehr wir
uns über diese ehrenvolle Berufung freuen, so sehr be
dauern wir den Verlust dieser hervorragenden künst
lerischen Kraft für Stuttgart.
K. Kunstgeweebeschulb Stuttgart. Für die Lösung
der im Jahr 1905/06 gestellten Preisaufgaben haben er
langt je den Preis: am Fachkurs für die Möbelindustrie;
G. ViNQON-Ditzingen; am Fachkurs für das Modellieren und
Holzschnitzen: E. HAHN-Toronto (Kanada); am Fachkurs
für die Dekorationsmalerei: AV. ETTLE-Tettnang; je eine
öffentliche Belobung: am Fachkurs für die Möbelindustrie:
O. FuEiscHMANN-Heldburg (Sachsen-Meiningen), L. Wal-
TER-Hirschhorn (Hessen); am Fachkurs für das Model