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BAUZEITUNG
Nr. 16
die Hauptfassade der Kirche mit dem hohen Giebel der
hohen Baumasse an der Sophienstraße gegenübergestellt,
mit einem kleinen Platz davor, so daß Kirche und Platz
ein zusammengehöriges Ganzes bilden.
Ein Durchblick vom Innern der Kirche in die Kuppel
wurde absichtlich vermieden, um die einem Kuppelbau
sonst gerne anhaftenden Mängel einer schlechten Akustik
zu vermeiden. Der Situation entsprechend wurde der
Haupteingang an den kleinen Platz in der Sophienstraße
gelegt; vier weitere Eingänge befinden sich auf den Ecken
des Mittelbaus in den Achsen der Diagonalstraßen. Altar,
Kanzel und Taufstein liegen auf der Hauptlängsachse
der Kirche und sind so situiert, daß man von ihnen aus
freien Ausblick auf sämtliche Sitzplätze hat.
Auf der Empore hinter dem Altar befindet sich die
Orgel mit 84 Sitzplätzen für die Sänger; die Empore
über dem Haupteingang liegt etwas höher, um beim Ein
tritt in die Kirche sofort einen guten Ueberblick über
den ganzen Raum zu gewinnen.
Die Kirche ist in Haustein mit Backsteiuhinter-
mauerung, die Kuppelkonstruktion in Eisen mit Kupfer
eindeckung und das Gewölbe in Moniersystem projektiert.
Das Dach wird mit Biberschwänzen eingedeckt.
Die Architektur schließt sich an die alten Mannheimer
Barockbauten an und dürfte sich auch in das Architektur
bild des Rosengartenplatzes einfügen sowie auch zu den
vorhandenen Gebäuden der direkten Umgebung des Werder-
platzes passen.
Zum Schluß ist noch zu bemerken, daß aus ästhetischen
Rücksichten der Plan der Ausführung, welche durch das
Baubureau der evangelischen Kirchengemeinde unter Be
teiligung des Mitarbeiters des -f Baurats Th. Frey, Regie
rungsbaumeister Chr. Schrade, geschieht, dahin abgeändert
wurde, daß zwei Pfarrhäuser und zwei Konfirmandensäle
gegen Nordost direkt mit der Kirche verbunden zur Aus
führung gelangen. (Ueber die Ausführungsanlage vergleiche
„Mannheim und seine Bauten: Kultusanlagen“, S. 126.)
J. M.
Moderner Vandalismus
Als eines der erfreulichsten Merkmale unsrer Zeit
dürfen wir die hingehende Sorgfalt bezeichnen, welche
aufgewendet wird, um Kunstdenkmale vergangener Perioden
soweit als angängig in gutem Zustand zu erhalten oder
mit künstlerischem Verständnis zu restaurieren.
Ein sehr bedauerliches, ja beschämendes Gegenstück
zu dieser Tatsache ist ein Fall, der jüngst in Stuttgart
passierte, über den in maßgebenden Kreisen allgemeine
Entrüstung herrscht und der nicht streng genug gerügt
werden kann.
Es handelt sich um das Haus Eugenstraße 6, welches
eine der besten Sgraffitofassaden aus dem Anfang der
siebziger Jahre zierte. Diese Fassade war im florenti-
nischen Stil des 16. Jahrhunderts entworfen von dem
genialen, leider viel zu früh verstorbenen Stuttgarter
Architekten Prof. Oberbaurat Gnauth, dem späteren
Direktor des Bayrischen Gewerhemuseums in Nürnberg,
welchem Stuttgart einige seiner vorzüglichsten Werke zu
verdanken hat, ich nenne nur Villa Siegle, Württem-
bergische Vereinsbank, Villa Conradi, die Sgraffito-