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BAUZEITUNG
Nr. 23
Wohnhaus in Stuttgart, Hauptmannsreute 12
Architekten Schmohl & Stähelin, Stuttgart
Biologische Kläranlagen
Zu dem in Nr. 15 Ihres geschätzten Blattes unter
vorstehendem Titel veröffentlichten Artikel des Herrn
Baurats Braun ersuchen wir Sie um Aufnahme folgender
Berichtigung:
Herr Baurat Braun stützt sich bei seiner Erklärung
lediglich auf den strikten Wortlaut des sogenannten Patent
anspruches ohne Berücksichtigung der Patentbeschreibung.
Diese ist für die vorliegende Streitfrage, ob das Patent
Nr. 172 438 sich auf die von der Kreisregierung in Ulm vor
geschriebene Kläranlagenausführung erstreckt, maßgebend.
Nach dem Patentgesetz hat die Beschreibung die Erfin
dung dergestalt zu beschreiben, daß danach die Benutzung
derselben durch andre Sachverständige möglich erscheint.
Ferner bestimmt das Patentgesetz, daß die Beschreibung
eine Gegenüberstellung derjenigen Einzelheiten, welche
als neu auzusehen sind, gegenüber den bekannten Einzel
heiten enthält.
Die Patentschrift Nr. 172 438, Klasse 85 c, Gruppe 3,
Zeile 1—70 S. 1 und Zeile 1—22 S. 2 lautet:
„Die bisher bekannten Klär- oder Oxydationskörper,
bei denen schichtweise Schlacken von verschiedener Größe
dergestalt aufgehaut sind, daß die unterste Schlacken
schicht aus mindestens faustgroßen Stücken besteht und
auf derselben eine üebergangsschlackenschicht vorgesehen
wird, um schließlich eine Deckschicht von feinem Schlacken
material aufzunehmen, funktionieren vorzüglich, wenn die
Klärkörper frei aufgebaut werden und die umgebende
atmosphärische Luft leicht zum und unter den Klärkörper
dringen kann. Diese Klärkörper versagen aber voll
kommen, wenn dieselben in größerer Tiefe unter der
Erdoberfläche aufgebaut werden, was zum Beispiel ge
schehen muß, um Abwässer aus Kellerräumen oder tief
gelegenen Schleusen ohne Hebevorrichtungen, wie Pum
pen u. s. w., direkt dem Klärkörper zufließen lassen zu
können. Die im Oxydationskörper erzeugte Wärme ist
nämlich bei deren Anordnung in tiefen Gruben nicht
mehr in der Lage, die Luft in gehöriger Weise durch
den Klärkörper zu bewegen, so daß der gewünschte bio
logische Klärprozeß nur mangelhaft vor sich geht.
Um diese Üebelstände zu beheben und gleichzeitig auch
eine energische Luftzirkulation durch den Oxydations
körper zu ermöglichen, ist nach vorliegender Erfindung
die Kläranlage in der Weise ausgeführt, daß der in be
liebiger Tiefe unter der Erdoberfläche anzubringende Klär
oder Oxydationsköi’per auf einem durchbrochenen,
zum Beispiel als Feuerrost ausgeführten Gewölbe
angeordnet ist und in einem vollkommen geschlossenen
Behälter untergebracht wird. Der in beliebiger
Tiefe unter der Erdoberfläche angebrachte Klärbehälter
steht mit der atmosphärischen Luft durch einen Luft
schacht oder in andrer beliebiger Weise in Verbindung,
und der obere Teil des Klärbehälters ist an einen Schorn
stein, zum Beispiel einen Küchenschornsteiu eines AVohn-
hauses derartig angeschlossen, daß durch den natürlichen
Zug des Schornsteins allein ohne Verwendung eines mecha
nischen Mittels eine lebhafte Luftzirkulation in dem Klär
behälter und ein freier Durchgang der atmosphärischen
Luft durch den Klärkörper von unten nach oben derart
erzielt wird, daß der biologische Klärprozeß in energischer
Weise vor sich geht.
Durch eine nach der vorliegenden Erfindung aus
geführte Kläranlage ist man in den Stand gesetzt, die
letztere in die allernächste Nähe der Wohnhäuser zu
setzen und in beliebiger Tiefe unter der Erdoberfläche
anzubringen, ohne daß eine Beeinträchtigung des bio
logischen Prozesses durch ungenügende Zuführung von
atmosphärischem Sauerstoff oder durch Platzregen, Schnee
fall oder andauernde große Kälte zu befürchten ist, wobei
die lebhafte Luftzirkulation ohne Anwendung eines mecha
nischen Mittels herbeigeführt und Abwässer aus tief
liegenden Räumen, wie zum Beispiel Kellerräumen oder
tiefen Schleusen, ohne Anwendung von Pumpen u. s. w. für
die Kläranlage verwendet werden können, wodurch die
!s Anlage überaus einfach und billig wird, was bei den bis-
i her bekannten Kläranlagen nicht der Fall war, bei welchen
zwecks Beschleunigung des Klärprozesses mechanische
Mittel zur Zuführung von Luft angewendet werden
mußten.
Es ist wohl schon bekannt, den Klär- oder Oxydations
körper in geschlossenen Behältern unterzubringen und in
den Behälter als solchen frische Luft einzuführen. Die
Einführung der frischen Luft geschah aber hierbei in