Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

Den rechtsseitigen niedrigen Flügelanbau bildet die Turn 
halle, während der linksseitige Flügel in zwei Geschossen 
Klassenzimmer und darunter die Schuldienerwohnung 
aufnimmt. Der Hauptbau zeigt eine symmetrisch an 
geordnete Anlage des Mittelbaus mit außerordentlich 
zweckentsprechender Anlage der Vorplätze, Treppen und 
Klassenzimmer, die alle talwärts gerichtet sind, und mit 
getrennten Abortanlagen durch alle Geschosse. Die beiden 
großen Säle sind in Dachstockaufhauten untergebracht 
und gut zugänglich. Das Aeußere ist einfach, von glück 
licher Gesamtwirkung, doch dürfte der Terrassenahschluß 
eine weniger kleinliche Ausgestaltung erhalten. Das 
Ganze ist durch ein treffliches Modell zur Darstellung 
gebracht. (Fortsetzung folgt) 
lieber den Schiffzug auf Flüssen 
und Kanälen 
Von Baurat Gugenhan -Stuttgart 
(Fortsetzung) 
Bei der Regulierung wird durch Einengungshauten 
parallel und quer zum Stromstrich die Wassermenge auf 
eine gewisse Wasserspiegelbreite und eine gewisse Mindest 
tiefe bei Niederwasser zusammengedrängt und der Schiffs 
weg zugleich unverrückbar festgelegt. Ausbaggerungen 
und Pelssprengungen der Sohle werden nebenher in unter 
geordneter Weise angewandt. Die Vertiefung des Fahr 
wassers durch Einengung hat aber ihre Grenze, die auf 
dem Rhein und Neckar annähernd erreicht ist. 
Eine weitergehende nennenswerte Verbesserung der 
kleinsten Fahrtiefen kann nur durch die Kanalisierung 
erreicht werden. Hierbei erfolgt die Hebung des Wasser 
spiegels durch Stauanlagen, die von den Schiffen mit 
Schleusen, an die sich mehr oder minder lange Kanäle 
anschließen, umgangen werden. Bei der Kanalisierung 
eines Flusses wird somit dessen bisheriges mehr oder 
weniger gleichmäßiges Gefäll in ein stufenförmiges um 
gewandelt. Durch den Einbau der Wehre wird der Fluß 
querschnitt vergrößert und die Wassergeschwindigkeit er 
mäßigt. Am Ende jedes Aufstaus muß die erforderliche 
Fahrtiefe entweder durch Baggerung und Felssprengung 
oder durch eine neue Staustufe geschaffen werden, sofern 
die Untiefen nicht durch längere Umgehungskanäle um 
fahren werden. 
Von den über 3500 km langen schiffbaren Wasser 
straßen des Rheingebiets entfallen 71% auf regu 
lierte Flüsse, 13% auf kanalisierte Flüsse und 
16 % auf reine Kanäle. Zu den regulierten Flüssen des 
Rheingebiets gehören: Rhein, mittlere 111, Neckar, Main, 
Mosel mit unterer Saar und untere Lippe. Kanalisiert 
sind: untere 111, unterer Main, Lahn, obere Mosel, mittlere 
Saax-, Ruhr und Lippe. Die hauptsächlichsten Kanäle 
sind; die elsaß-lothringischen, der Saarkohlenkanal, der 
Ludwigkanal, Frankentaler Kanal, Erftkanal u. a. Die 
neuzeitlichen Bestrebungen zielen dahin ah, den zurzeit 
regulierten Neckar zu kanalisieren. 
Was nun den Schiffzug betrifft, so ist er auf regu 
lierten sowie auf kanalisierten Flüssen und auf Kanälen 
verschieden. Während auf regulierten Flüssen die Last 
schiffe bei der Talfahrt zumeist der natürlichen Wasser 
strömung überlassen und nur zu Berg gezogen werden, 
ist auf kanalisierten Flüssen ein Schleppen sowohl zu 
Tal als zu Berg nötig. Da im kanalisierten Fluß alle 
Stromschnellen wegfallen, ist zur Bergfahrt beträchtlich 
weniger Zugkraft nötig als im regulierten Fluß. 
Auf regulierten Flüssen hat die Erfahrung gezeigt, 
daß der Schiffzug herunter bis zu etwa 1,2 m kleinster 
Wassertiefe mit frei fahrenden Dampfern allen der 
zeit bestehenden mechanischen Schiffzugarten vorzuziehen 
ist, Als Beispiel sei der Rhein selbst angeführt. Bei 
größeren Flußtiefen hat sich der Schraub en-, bei ge 
ringerer Fahrtiefe und stärkerer Strömung der Rad 
dampfer als am besten erwiesen. 
Da gewöhnliche Raddampfer infolge der geringen 
Tauchtiefe, die ihnen hei kleineren Flüssen des öfteren 
der Wasserstandsverhältnisse halber gegeben werden muß, 
nicht genügend Kraft entwickeln können, gelangten ver 
schiedene besonders konstruierte Schiffe zur Anwendung. 
So zum Beispiel der Heckraddampfer, hei dem das Rad 
hinten am Achter angebracht ist, und der Greifrad 
dampfer, bei dem in der Mitte des Dampfers ein 
weiteres großes Rad eingeschaltet ist, das hei der Berg 
fahrt mit seinen Haken in den Kiesgrund des Flusses 
eingreift. 
Alle diese frei fahrenden Dampfer sind entweder 
Güterdampfschiffe, die jederzeit unabhängig von 
einander verkehren können und mit Lasten unmittelbar 
befrachtet werden, oder sie sind Schleppdampfer, 
die keine Güter aufnehmen, die vielmehr nur reine Last 
schiffe, die unter Umständen zu größeren Schleppzügen 
vereinigt werden, aufwärts ziehen. 
Mit abnehmender Fahrwassertiefe und zunehmender 
Wasser Strömung versagen jedoch die Dampfer. In dem 
Oberlauf der Flüsse oder an Nebenflüssen müssen daher 
Vorkehrungen getroffen werden, mit denen eine beträcht 
lichere Zugkraft ausgeübt werden kann. Dies geschieht 
zurzeit durch Seil- oder Kettenschleppschiff 
fahrt, die zum Beispiel auf dem Main auf 48 km, auf 
dem Neckar auf 128 km Länge eingeführt ist. Dabei 
muß auf der Flußsohle in der Fahrrinne der ganzen zu 
befahrenden Strecke ein ununterbrochenes Drahtseil oder 
eine zusammenhängende Kette gelegt werden. Dieses 
Seil oder Kette wird auf dem Schlepper, an den mehrere 
Lastschiffe angehängt werden können, über horizontal 
gelagerte Windtrommeln geführt. Dadurch, daß diese 
Trommeln von der auf den Schiffen entwickelten Dampf 
kraft in Umdrehung versetzt werden, zieht sich der 
Schlepper längs der Kette vorwärts. Die Kette findet 
ihren Rückhalt durch bloße Reibung auf der Flußsohle. 
Um ein Gleiten der Kette auf den Trommeln zu ver 
hindern, wird sie 3—5mal um die Trommel geschlungen 
oder in neuester Zeit bei nur Dreiviertelumwindung durch 
magnetische Adhäsion festgehalten. Ein solcher von Bovet 
erfundener magnetischer Tauer war im Jahr 1900 auf 
der Seine in Benutzung. 
Auf kanalisierten Flüssen und auf Kanälen 
erfolgt gegenwärtig das Ziehen der Lastschiffe in be 
schränktem Umfang durch Menschenkraft, vorwiegend 
aber durch Pferde, Segel- und Dampfschiffe, sogen. Remor-
	        
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