IV. Jahrgang
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FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN ELr
SASS- LOTHRINGEN
Stuttgart, 29. Juni 1907
Inhalt: Wettbewerb Sohulhausbauten in Stuttgart. — Die Pflege der Kunst durch die Geistlichen. —
lieber den Schiffzug auf Flüssen und Kanälen. — Der württ. Landtag und die technischen Lehranstalten.
Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher.
Nummer 26
Alle Rechte Vorbehalten
Wettbewerb Schulhansbauten in Stuttgart
(Fortsetzung) A) Schulhaus am Lerchenrain in Heslach.
„Dominante“. Der Verfasser stellt das Haus hoch
oben auf den Bergabhang, so daß von der Straße bis
zum Hauptbau eine Fläche von 100 m, bis zum Flügel
anbau und der Turnhalle eine solche von 55 m Tiefe
liegen bleibt. Ein besonderer Anlaß ist hierzu nicht ge
geben, da die Steigungsverhältnisse oben nicht günstiger
sind als unten. Zur Auffahrt in den Hof ist der Wald,
wie das Programm es zuläßt, benutzt. Der obere Teil
der Auffahrt gestaltet sich malerisch als Hohlweg und
erinnert an Motive aus alten Städtchen. Der Bau be
steht aus Haupt- und Flügelbau, die Stellung des letzteren
an der Nordwestseite des Hofs läßt den Zutritt der
Morgensonne in kluger Weise frei. Zwei gut gelegene
Treppen vermitteln den Verkehr im Hauptbau, eine
weitere liegt im Flügelbau. Der südöstliche Hauseingang
würde besser durch einen solchen direkt von der Terrasse
her ersetzt. Die Abtritte auf die schönstgelegene Ecke
zu legen, ist nicht zu billigen. Die Teilung des Gebäudes
für die zwei Geschlechter ist durch das Fehlen einer
zweiten Abortanlage erschwert. Die Beleuchtung des
Mittelkorridors dürfte gerade noch genügen. Als ein
Fehler muß es bezeichnet werden, die größte Zahl der
Säle gegen Süd
west, d. h. gegen
den Berg und den
ihn krönenden
W ald zu legen,
der für den Licht
zutritt nachteilig
ist. Das Aeußere
mit seinen ein
fachen, beschei
denen Formen ist
mit dem Zweck
des Gebäudes in
gutem Einklang,
zeigt vorzügliche
Massenverteiluug
und ist nicht ohne
Beiz.
„Am Hain“.
Auch bei diesem
Entwurf ist eine
100 m tiefe Fläche
des Platzes von
dem Bau freigelassen, und es entsteht die Frage, ob das
Schulhaus so hoch auf den Berg gestellt werden soll, wie
es dieses Zurückstellen mit sich bringt. Aehnlich wie bei
vorstehendem Entwurf schließt sich ein Flügelbau an den
Hauptbau an. Er steht dieses Mal aber an der Südostseite
und beeinträchtigt daher die Besonnung des Hofs. Ein Vor-
zug ist die Lage aller Säle auf der vollständig freiliegenden
Nordost- und der Südostseite. Zugänge, Treppen und
Korridore sind geräumig und hell; letztere enthalten die
erforderlichen Kleiderablagen; die Treppenvorplätze mit
ihren reichlichen Maßen werden günstig wirken. Die
zweite Abortgruppe fehlt auch hier, ließe sich aber leicht
hinzufügen. Beim Aeußern trifft das bei vorstehendem
Entwurf Gesagte ebenfalls zu.
„Ostecke“. Der Entwurf zeigt eine normale Gebäude
stellung im rechten Winkel, der gegen Osten offen ist.
Die Turnhalle wäre besser mehr nach Südosten gerückt
worden, um den Vorhof nicht eng erscheinen zu lassen.
Die genaue Wiederholung des Treppenaufgangs wirkt
verwirrend, Es ist zu loben, daß keine Säle gegen den
Berg gelegt sind. Die Abmessungen der Korridore und
Klassen sind gut. Sehr praktisch ist die Unterbringung
der Aborte in den
Stockwerken. Die
in der Ecke zu
sammenstoßenden
Säle und die über
große Halle ist zu
beanstanden. Das
Aeußere macht in
der perspekti
vischen Ansicht
einen guten Ein
druck ; es wird
allerdings bei
näherem Stand
punkt weniger
günstig aussehen.
Die Architektur ist
in sachlicher Ein
fachheit und in
Einzelheiten von
entschiedenem
Reiz.
(Fortsetzung folgt)
Wettbewerb Schulhaus in Heslach. Motto „Dominante“. Ein Preis 500 M. Architekt Ed. Brill, Stuttgart