29. Juni 1907
BAUZBITUNG
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Wettbewerb Schulhaus in Heslach. Ein Preis 600 M. Architekt F. E. Scholer, Stuttgart
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historischer Wissenschaft. Auch hat es bisher an be
rufenen Ratgebern gefehlt, so daß bei den häufigen
Renovierungsarbeiten die Pfarrer ziemlich ratlos ihren
Aufgaben gegenüberstanden. Hier hat die Denkmal
schutzgesetzgebung Wandel geschaffen, indem sie den
Kirchenvorständen technisch und künstlerisch geschulte
Beiräte an die Seite stellte, deren Mitwirkung, wenn sie
auch vielfach zunächst als unbequeme Beschränkung
früherer Freiheiten empfunden wird, sich doch auf die
Dauer segensreich erweisen wird. Gar vieles ist bei der
Unterhaltung der Kirchenbauten der verständnisvollen
Mitwirkung des Pfarrers anheimgegeben. Allem voran
soll’ er die bauliche Unterhaltung im Auge behalten, für
regelmäßige technische üeberwachung besorgt sein, selber
auch die häufig arg vernachlässigten Nebenräume, be
sonders die Dachböden, zuweilen visitieren, die ordnungs
mäßige Lüftung und Reinigung kontrollieren. Erst nach
diesen Vorbedingungen kommen die freilich reizvolleren
Aufgaben der Verschönerung. Hier ist reiflichste Ueber-
legung mit Sachverständigen Pflicht. Die Renovierung
alter Kirchen kann niemals ernst genug behandelt werden.
Schon die Frage; In welchem Stil soll renoviert werden?
ist auch für den gewiegten Fachmann sehr schwierig und
überhaupt nicht prinzipiell, sondern nur von Fall zu Fall
zu entscheiden. Viel ist hier unter dem Motto „Stil
reinheit“ gesündigt worden; Stilkenntnis herrscht statt
Stilgefühl. Die Einzelformen beachtete man, aber nicht
Stimmung und Harmonie. Viel Schaden stiftet auch heute
noch die mißverstandene Anwendung unkünstlerischen
Schmuckes, vor allem unter dem Einfluß der Kuust-
industrie. Vor allem hat die Sucht, die Kirchen durch
Glasmalereien zu schmücken, ohne Rücksicht auf die
Raumstimmung und den künstlerischen
Gehalt der Glasgemälde, viel Unheil an
gerichtet. Nicht minder auch die Fabrik
ware bei Beleuchtungskörpern, Paramenten
und Geräten. Hier ist mehr als bisher
dem Scheinwesen unsrer Zeit entgegen
zutreten und im sorgsamsten Studium der
Stimmungswerte der alten Denkmäler das
Schmuckbedürfnis auf bessere Wege zu
leiten. Aber auch mittelbar kann der Geist
liche dem erwachenden Kunststreben unsrer
Zeit unschätzbare
Dienste leisten, indem
er seinen einzigartigen
Einfluß auf die Gemüts
bildung des Volkes zur
Wiedererweckung einer
wahren Volkskunst gel
tend macht, indem er die
Augen der nur miß
leiteten, durchaus nicht
unzugänglichen Bevölke
rung öffnen hilft für
eine verständige Pflege
seines Hausgeräts und
Heimwesens, die Erhaltung seiner alten Straßen und Plätze,
Dorfbrunnen und Baumpflanzungen, im Kampf gegen den
verwüstenden Einfluß schematischer Straßenbegradigungen
und Spekulationsbauten unter der Devise modernen Ver
kehrs und Industriefortschritts. Auf allen diesen Gebieten
können Geistliche und Denkmalpfleger sich die
Hand reichen, denn ihr ganzes Streben geht demselben
Ziele zu: der Veredlung und Vertiefung menschlicher
Kultur.
Uelier den Scliiffzng auf Flüssen
(Fortsetzung)
und Kanälen
Von Baurat Gugenh an-Stuttgart
Das gewissermaßen nächstliegende System ist das der
elektrischen Motorschiffe (Äbb. 1). Bei ihnen wird
die Dampfmaschine durch einen Elektromotor ersetzt, dem
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Wettbewerb Schulhaus in Heslach. Motto „Am Kain“
Ein Preis 500 M. Grundrisse.
Architekt F. E. Scholer, Stuttgart