220
EAUZKITUNö
Nr. 28
V
Wettbewerb Schule für Wangen Ein Preis 800 M.
Motto „Form und Farbe“ Architekt Fritz Müller, Stuttgart
xnerat von Straßen und Häusern. Aber Paris hat auf
die Stimme der Stadtarchitekten gehört, und auf die
klassisch gewordenen Straßenbauktinste des Präfekten
Hausmann im Stile des zweiten Kaiserreichs sollen dort
gerade jetzt wieder zwei große Durchbruchsavenuen
folgen, deren eine sogar das „Palais Poyal“ in der Mitte
durchschneidet. Und Wien bekommt seine Wald- und
Parkgürtelstraße! Das muß für die werdenden Stadtteile
Groß-Berlins vorbildlich sein! Yon dieser Ueberzeugung
ist die mit drei größeren Abhandlungen und mit Plänen
versehene Denkschrift der Architektenvereine erfüllt, und in
dieser Ueberzeugung spitzt der Ausschuß dieser Vereine
sein Werk zu dem Yorschlage zu, auf dem Wege eines Wett
bewerbs einen künstlerisch, hygienisch und sozial vor
trefflichen Bebauungsplan für das unbebaute Groß-Berlin
zu erstreben, der da Einheitlichkeit verbürgt, wo jetzt
die Einzelgemeinden aufeinander nicht Rücksicht nehmen.
Wälder und Parkanlagen sollen geschützt und geschaffen
und ein völliges Einverständnis über die notwendigen
Enteignungsfragen angestrebt werden. Der Denkschrift
sind u. a. Pläne von Groß-Berlin, der Höhenstraße in
Wien, der geplanten Pariser Straßendurchbrüche, des
Columbia-Distrikts, der Parkanlagen von New York bei
gefügt. E.
Eine neue Stadterweiternng in Mannheim
Nur noch wenige Baublöcke des ersten Teiles der
östlichen Stadterweiterung in Mannheim, dessen Be
bauung zu Anfang der neunziger Jahre begonnen wurde,
warten der Bebauung. Vielleicht wären die letzten Plätze
schon unter dem Baugerüst, wenn auf ihnen nicht zur
zeit die pompöse Ausstellung in Szene gehen würde, die
zur Feier des 300 jährigen Bestehens der Stadt aller Welt
die Vorderfassade der Mannhemia zeigen soll. Jeden
falls wird das gesamte noch übrige Gelände in aller
kürzester Zeit nach Schluß des Festjahres vergriffen sein.
Wettbewerb Schule für Wangen Ein Preis 800 M.
Motto „Form und Farbe“ Architekt Fritz Müller, Stuttgart
Aber die Stadtverwaltung sputet
sich, dem Architekten neue Gebiete zu
eröffnen — der östlichen Stadterweite
rung zweiten Teil. Es ist das ein
ca. 140 ha großes Gebiet zwischen
Seckenheimer Landstraße, Eisenbahn
damm der Preußisch-Hessischen Bahn,
Neckar und östlicher Stadterweiterung
erstem Teil, jener künstlerisch fast völlig
mißglückten Schöpfung. Schon seit drei
Jahren sind vorbereitende Arbeiten im
Gange, auf dem neuen Gelände ein
Musterprodukt, eine ästhetisch vollen
dete Anlage zu schaffen. Man mußte
auch in der Tat bezüglich dieses zweiten
Teiles ganz besonders auf der Hut sein,
zumal einige zur Zeit der Anlage des
erweiterten Luisenparkes in die Oeffent-
lichkeit gedrungene Planskizzen die
Absicht der städtischen Planbearbeiter
erkennen ließen, das Schema des bisherigen Erweite
rungsgebietes auf das neue Gelände abzuklatschen.
Die Vorbereitungen scheinen jetzt zu Ende, denn
dieser Tage ist ein Preisausschreiben zwecks Erlangung
von Bebauungsplänen für das neue Erweiterungsgebiet
erlassen worden, das recht erhebliche Preise aussetzt
und hoffentlich eine sehr rege Konkurrenz entfachen wird.
Im Preisgericht werden auch zwei Städtebauer von Ruf,
Baumeister und Hocheder, allerdings noch der alten
Schule angehörend, sitzen, während Oberbürgermeister
Beck, der sich seit einigen Jahren sehr viel mit der
modernsten Richtung im Städtebau beschäftigt, mit dem
Vorsitz des Preisgerichts zugleich die Stelle des Volks
wirts und Verwaltungsbeamten vertreten wird, der mit
Recht bei diesen Fragen ebenfalls zu Wort zu kommen
hat. Auch das spekulative Interesse der Häuserbauer
ist durch Zuziehung von zwei Bauunternehmern gewahrt,
hoffentlich nicht zum Schaden der guten Sache; denn
man kann füglich nach dem bisherigen Gange der bau
lichen Entwicklung Mannheims das größte Vertrauen zu
den Mannheimer Häuserbauern nicht haben. Ob es dann
nicht auch besser gewesen wäre, statt der beiden tech
nischen Amtsvorstände noch den einen oder andern Künstler
oder einen Hygieniker zuzuziehen, die doch wohl un
parteiischer an die Frage hätten herantreten können,
möchte ich dahingestellt sein lassen.
Die Gestaltung des Bebauungsplanes selbst dürfte
größeren Schwierigkeiten kaum begegnen, da das Gebiet
nicht groß ist und die Hauptstraßenzüge durch die Ge
staltung des Rennplatzes und des angrenzenden Luisen
parkes sowie durch die Zugsrichtung der Seckenheimer
Landstraße gegeben sind. Auch die im ersten Teil der
östlichen Stadterweiterung schon bestehende Allee längs
des Neckars dürfte im neuen Erweiterungsgebiet ihre
Fortsetzung erfahren, da auf diese Weise sich eine be
queme Rundfahrt um den Rennplatz und den Luisenpark
für die Vehikel der Mannheimer Hautefinance schaffen
läßt. Der Schwerpunkt der ganzen Neuanlage liegt ohne
Zweifel in der Fortsetzung der Augusta- Anlage und
der Einschaltung des einen oder andern Stadtplätzchens
andrer Lösung als beispielsweise der des Charlotten
platzes !
Da die Stadtgemeinde ausschließliche Eigentümerin
des ganzen Geländes ist, also irgendwelche Rücksicht
nahme auf private Interessen nicht obzuwalten hat, ist
die Gelegenheit günstig, hier etwas Vortreffliches zu
schaffen, vorausgesetzt, daß die Mannheimer Bauunter
nehmer sich nicht nachher wieder alle erdenkliche Mühe
geben, durch ein zusammenhangsloses Nebeneinanderbauen
von Häusern bunt zusammengewürfelter Stilarten die
Wirkungen der künstlerisch vollendeten Plangestaltung
wieder aufzuheben. Dr. W. Weis.