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20. Juli 1907
ßAUZBITUN G
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weiteren und näheren Umgebung in Einklang und Har
monie zu bringen; daraus habe sich früher fast in jeder
Landschaft eine charakteristische Bauweise herausgehildet,
die ihr besonderes Gepräge gab, wie Sprache und Tracht
ihren Bewohnern. Das sei anders geworden durch Gleich
macherei. Der Zeitgeist trage sogar die Stadt auf das
Land, das Land in die Stadt. „Während wir in den
Villenvierteln der Städte das Bemühen sehen, die Häuser
nach Art der Landhäuser zu gestalten und zu gruppieren,
ihnen in Verbindung mit der gärtnerischen Umgebung
ein möglichst ländliches Aussehen zu geben, sehen wir
auf dem Lande Häuser und öffentliche Gebäude mit
städtischem Gepräge, vielstöckig, breitspurig sich erheben
und in Landschaft und Umgebung fremd und störend
dastehen.“ Der Verein empfiehlt, Gemeindebauten wieder
in der heimischen Bauweise zu errichten und die Bürger
bei Errichtung von Privatbauten dazu zu veranlassen,
wobei der Verein gern mit Rat bei der Hand sein will.
Den Baugewerksmeistern wird u. a. empfohlen: „Das
Haus erhalte höchstens zwei Stockwerke mit hohem
Dach, und in rauhen Gegenden, etwa auf dem Schwarz
wald, mit großen Vorsprüngen und Abwalmung. Setzen
Sie freistehende Häuser möglichst mit den Giebeln nach
der Hauptansichtseite oder gegen die Straße, deren Bild
dadurch außerordentlich gewinnt. Das Haus umziehende
Lauben, durch ein vorspringendes Dach gedeckt, sind
sowohl schön als auch den Bewohnern zu den ver
schiedensten Zeiten äußerst bequem. Suchen Sie dahin
zu wirken, daß da oder dort in der Umgebung des Hauses
schöne Bäume gepflanzt werden; Linden, Ahorn, Nadel
hölzer oder hochragende Pappeln. Für Gärten wird die
lebende Hecke empfohlen. Die Haus wände können
belebt werden durch Lattenspaliere und Schlinggewächse;
es werde Gelegenheit zur Aufstellung blühender Gewächse
an Fenstern und Altanen geboten. Die Blumengitter
und auch die Geländer an Gängen und Altanen stelle
man nicht aus dünnen Eisenstäbeu her, die schon aus
geringer Entfernung kaum noch recht sichtbar sind, sondern
man verwende dafür Holz und gebe diesem einen freund
lichen, hellen Anstrich. Die verputzten Außenmauern
lasse man naturfarben oder tünche sie einfach weiß; da
gegen gebe man den Türen, Fenstern und Fensterläden,
welch letztere das ländliche Haus ganz besonders zieren
und nicht fehlen sollten, einen lebhaften Farbton. Garten
häuser stelle man nicht aus Laubsägewerk und mit nach
Arbeiterkolonie Merck, Darmsladt. Fig. 7
Architekt Professor Piitzer, Darrastadt
allen Seiten offenen Wänden her, sondern gebe ihnen
ruhige, geschlossene Formen, so daß man auch bei Wind,
kühler Witterung und Regen in ihnen Schutz findet. Man
gebe ihnen einen zur Umgebung passenden Anstrich und
vermeide die Eindeckung mit Dachpappe.“
Wir nehmen von Vorstehendem um so lieber Notiz,
als die in der „Bauzeitung für Württemberg etc.“ ver
tretenen Grundsätze sich mit den Absichten des Frei
burger Vereins decken und eine Reihe der von ihm für
das ländliche Bauwesen aufgestellten Forderungen schon
in verschiedenen Aufsätzen unsrer Zeitschrift, insbesondere
über den Kleinwohnungsbau, als Richtschnur von uns
empfohlen wurde. Es wäre dankenswert, wenn sich auch
bei uns in W ürttemberg eine Vereinigung von Architekten
fände, die in gleicher Weise auf Behörden und Techniker
einzuwirken suchte. Wir sind gern bereit, von unsrer
Seite alles zu tun, um die Sache in Fluß zu bringen, und
ersuchen diejenigen, welche sich für diese Frage interes
sieren und ihre Begabung und Erfahrung in den Dienst
einer solch verdienstvollen Aufgabe stellen wollen, sich
mit uns in Verbindung zu setzen. Es ließen sich auf
diesem Wege leicht auch die Ziele einer rationellen
Denkmalpflege und Heimatkunst verbinden, die zu
fördern und auszuhauen gerade gegenwärtig ein dringendes
Gebot ist. Eine Vereinigung von Architekten und Künstlern
könnte hier viel Segensreiches stiften; ihr würde auch,
dessen sind wir nach unsern Erfahrungen sicher, die nötige