Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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BAUZEITUNG 
Nr. 31 
Die Verbindungsstraße zwischen Bahnhofvorplatz und 
Neckarstraße bei der Kunstschule hätte nur einem be 
schränkten Verkehrsbedtirfnis zu genügen. Die Straße 
würde also nicht so breit anzulegen sein. Ein Ankauf 
des Nädelinschen Hauses und der dahinter liegenden 
Gärten wäre nicht nötig und das neuerbaute Katharinen 
stift würde seine vornehm-ruhige Lage behalten. 
Die weitere Querverbindung, etwa zum Neckarrondell, 
Punkt B, könnte so geführt werden, daß hierbei ver 
hältnismäßig wenig Bäume geopfert werden müßten, da 
hier der Bestand ein spärlicherer ist. Am Neckartor 
aber würde die Straße die natürliche Abzweigung nach 
vier Richtungen finden und so das Hinterland — Berg, 
Ostheim, Gablenberg — auf die richtigste Weise mit dem 
Hauptbahnhof verbinden. Die Einmündung der Straße 
würde sich hier ganz natürlich ergeben, während die 
direkte Fortsetzung der Schillerstraße zur Neckarstraße 
niemals eine natürliche Verbindung ergibt, sondern stets 
bei ihrer Einmündung in die Neckarstraße erhebliche Ver 
kehrsstockungen erzeugen wird. Vor allem aber wären 
die Anlagen auf solche Weise noch am meisten geschont. 
Als ein Mißgriff müßte es bezeichnet werden, wenn 
das Theater isoliert in den Anlagen bezw. auf freiem Platz 
erstellt würde, welcher weder Rahmen, Anhalt und Maß 
stab für seine Verhältnisse bieten würde. 
Stuttgart, im Juli 1907. 
Architekt Prof. Burkhardt. 
Wohnhaus für einen Lehrer 
zn Gremsheim a. Rh. 
Um einer weiteren Verschandelung unsrer Dörfer und 
Ortschaften vorzubeugen, hat die Großh. Hessische Regie 
rung eine segensreiche Einrichtung beim Verkaufe von 
fiskalischen Ländereien getroffen. Bei jedem Vertrags 
abschluß müssen sämtliche Baupläne dem künstlerischen 
Beirat der Ministerial-Bauabteilung, Herrn Geh. Ober 
baurat Prof. Hofmann, zur Begutachtung vorgelegt werden. 
Fällt dies Gutachten nicht günstig aus, so wird die 
Bauerlaubnis nicht erteilt, gegebenenfalls werden bei der 
Ministerial-Bauabteilung Abänderungsskizzen gefertigt. 
Nachdem für dies Lehrerwohnhaus ein Projekt im 
Maurermeisterstil abgelehnt worden war, wurde mir der 
Auftrag gegeben, das Projekt neu zu bearbeiten. 
Da nur geringe Mittel zur Verfügung standen, so 
mußte alles aufs einfachste ausgebildet werden. Die 
Grundrißeinteilung ist so gestaltet worden, damit später 
hin der obere Stock leicht zur Vermietung einer be 
sonderen Wohnung eingerichtet werden kann. Die Fun 
damente und Kellermauern wurden aus Neckarsandbruch 
steinen aufgeftihrt, die aufgehenden Stockwerksmauern 
dagegen aus Feldbrandsteinen. Der Sockel wurde hammer 
recht verblendet. Das Dach wurde mit Wieslocher 
Biberschwänzen eingedeckt. Die innere Einrichtung ist 
in einfach moderner Weise durchgeführt. Zur Ausführung 
der Türen, Glasabschlüsse, Sockel u. s. w. wurde nur 
astreines Forle- oder Kiefernholz verwendet. Sämtliches 
Holzwerk wurde in verschiedenen Farben gebeizt, teils 
Lehrerwohnhaus zu Gernsheim a. Rh. Grundrisse 
Architekt L. Grünig, Darmstadt-Frankfurt 
Lehrerwohnhaus zu Gernsheim a. Rh. 
Architekt L. Grünig, Darmstadt-Frankfurt 
lasiert, teils mattiert. Mit den unifarbenen Tapeten, mit 
den weit herunter geweißten Decken und den farbigen 
Türen u. s. w. wurden gemütliche Wohnräume geschaffen. 
Das Haus wurde im Jahre 1905 erbaut. 
Darmstadt-Frankfurt a. M. 
L. Grünig, Architekt. 
Y ereinsmitteilungen 
Akad. Arcliitekten-Verein „Motiv“, Stuttgart. 
Am 13. Juli folgte der Verein einer Einladung von 
A. H. Heinrich Werner zur Besichtigung des von ihm 
erbauten Merkelschen Schwimmbades in Eßlingen. 
Waren die eingehenden technischen Erläuterungen des 
Betriebs und der Einrichtung der ganzen Anlage von 
großem Interesse, so erregte die trefflich gelungene 
Farbenstimmung der einzelnen Räume allgemeine Be 
wunderung. — Die Semesterschlußkneipe fand am 
19. Juli im Gartensaal der Liederhalle statt. Wie das 
Semester mit einem wissenschaftlichen Abend begonnen 
wurde, war auch mit der Schlußkneipe ein Vortrag ver 
bunden. A. H. Regierungsbaumeister E. Lauser schloß 
seinen Vortragszyklus „Baukeramik“ mit dem Thema 
„Wandfliesen“. Er erntete für seine interessanten Aus 
führungen den Dank der Versammlung, die in fröhlicher 
Stimmung das Semester beschloß, in dem ein besonders 
reges Leben in fachlicher und geselliger Hinsicht ge 
herrscht hat. P. 
Deutscher Arbeitgeberbund für das Baugewerbe. 
In Krefeld sind am 20. Juli die Maurer und Bauhilfs 
arbeiter wegen unberechtigter Lohnforderung und Ver 
kürzung der Arbeitszeit teilweise in den Streik getreten. 
In Saarbrücken sind die Zimmerer am 25. Juli in 
den Streik getreten. Der zwölfwöchige Streik im Bau 
gewerbe zu Halle a. S. hat mit einer völligen Nieder 
lage der Arbeitnehmerorganisationen geendet. Der Kampf 
preis war die Verkürzung der Arbeitszeit; den Arbeit 
gebern ist es infolge ihrer Geschlossenheit gelungen, diese 
Forderung abzuweisen. Es ist ein Tarifvertrag vereinbart 
worden, der bis zum Frühjahr 1910 geht und durch den 
die bisherige Arbeitszeit von zehn Stunden tariflich fest 
gelegt ist; der Lohn beträgt für Maurer und Zimmerer 
bis 30. September d. J. 52 Pf., von da ab bis zum 
31. März n. J. 55 Pf., dann 56 Pf. und schließlich 57 Pf. 
pro Stunde. Die Arbeitgeber können mit dem Ausgang 
des Kampfes, der das alte Sprichwort „Einigkeit macht 
stark“ zu Ehren gebracht hat, sehr zufrieden sein. In 
Mülhausen i. E. ist der Streik der Zimmerer am 
22. Juli durch den Abschluß eines Tarifvertrages beendet
	        

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