BAUZEIT»!
FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL
SAS S-LOTHRINGEN
IV. Jahrgang
Stuttgart, 17. August 1907
Inhalt; Wettbewerb Rathaus Feuerbaoh. — Architektonische Aufgaben der Städte. — Zum Wettbewerb
Mannheimer Zentralfriedhof. — Der Entwurf einer neuen Bauordnung in Württemberg. — Wettbewerbe. —
Kleine Mitteilungen. — Personalien — Bücher. — Briefkasten.
Nummer 3B
•HAuamibL
Alle Rechte Vorbehalten
Wettbewerb Rathaus Fenerbacli
Zur Erlangung von Yorentwürfen für das Rathaus in
Feuerbach war ein öffentlicher Wettbewerb unter württem-
bergischen Architekten ausgeschrieben. Die rege Betei
ligung bewies, daß diese Aufgabe eine interessante war
und dürfte die Veröffentlichung der preisgekrönten Ent
würfe willkommen sein.
Die allgemeinen Bestimmungen erhielten u. a. folgende
Grundlagen: Das Gebäude ist durchaus massiv zu erstellen.
Auf einfache Gestaltung und gute Gliederung der Massen
wird Wert gelegt. Die Baumaterialien sind freigestellt,
Verblendziegel sind jedoch ausgeschlossen.
Für die Berechnung ist ein Einheitspreis von 16 M.
für das Kubikmeter zugrund zu legen.
Das Preisgericht bestand aus folgenden Herren, welche
sich mit dem Preisausschreiben nach gemeinsamer Be
ratung einverstanden erklärt haben: Büi’gerausschuß-
obmann Berger-Feuerbach, Gemeinderat Bofinger-Feuer-
bach, Oberbaurat Eisenlohr-Stuttgart, Werkmeister und
Gemeinderat L. Fahrion-Feuerbach, Architekt Prof.
Th. Fischer-Stuttgart, Schultheiß Geiger-Feuerbach, Btirger-
ausschußmitglied Knötzele - Feuerbach, Ortsbaumeister
Kreß-Feuerbacb, Werkmeister und Gemeinderat Mößner-
Feuerbach, Architekt P. Schmohl, Direktor der Kgl. Bau
gewerkschule Stuttgart, Gemeinderat Schwarz-Beuerbach.
Raumbedarf. Raum für Zentralheizung. Polizeilokale
2 Zimmer und 3 Arreste. Woh-
nung für Heizer und Diener.
Kohlenraum. Gemeindepflege
5 Zimmer. Gas- und Wasser-
werksverwaltung 3 Zimmer.
Meldeamt und Polizeibeam-
tung 5 Zimmer. Ortskranken
kasse 4 Zimmer. Pfennigspar-
kasselZimmer. Grundbuchamt
5 Zimmer. Steuerratschrei
berei 6 Zimmer. Bauratschrei
berei 3 Zimmer. Bezirksnota-
riatdZimmer. Schultheißenamt
5 Zimmer. Verwaltungsrat
schreiberei 3 Zimmer. Standes
amt 2 Zimmer. 1 großer
Sitzungssaal mit Extraraum.
1 kleiner Sitzungssaal mit Vor
zimmer und Garderobe. Bau
ämter 1 bis 2 Räume. Tiefbau
amt 2 Zimmer. Hochbauamt
2 Zimmer. 1 Telephonzimmer,
1 Dienerzimmer. In jedem Stockwerk dürfen 1—2 weitere
Zimmer verfügbar sein. Für den Aufenthalt des Publi
kums sind in jedem Stockwerk entsprechende Warteplätze
mit Sitz- und Schreibgelegenheit vorzusehen.
Auf das Ausschreiben liefen rechtzeitig 77 Entwürfe
ein, von denen einer aus drei Varianten bestand, so daß
im ganzen 79 Entwürfe der Beurteilung unterstanden.
Die Vorprüfung, von Stadtbaumeister Blakkolb vor
genommen, gab zu keinen wesentlichen Beanstandungen
Anlaß.
Das Preisgericht schied beim ersten Umgang 21 Ent
würfe als unbrauchbar aus. Beim zweiten Umgang wurden
weitere 28 und beim dritten noch 25 ausgeschieden, so
daß 5 in die engste Wahl kamen und zwar; Nr.5 „Rats
herr“, Nr. 55 „Ohne Turm“, Nr. 60 „Charakteristisch“,
Nr. 62 „Der heuen Stadt“, Nr. 74 „ürbon Urbdomo“.
Im einzelnen wurden diese Projekte wie folgt beurteilt:
Nr. 74. Motto: „Urbon Urbdomo“. Das Gebäude
teilt sich klar in einen Hauptbau und zwei Flügelbauten.
Der Hauptbau ist senkrecht zur Bismarckstraße gestellt,
wodurch er, soweit dies der Ortsbauplan zuläßt, eine
beherrschende Wirkung erhalten wird, besonders da er
unmittelbar an der genannten Straße mit einem großen
Giebel aufsteigt. In großer Knappheit und Klarheit ist
der Grundriß um ein einziges, vortrefflich an allen Räumen
liegendes Stiegenhaus ent
wickelt. Gegen die Anordnung
der einzelnenAemterund gegen
die Raumaufeinanderfolge ist
nichts W esentliches einzu
wenden. Die Zimmer des
Standesamtes müßten aller
dings wohl anders gelegt wer
den. Die Korridore und Vor-
plätze sind genügend erhellt.
Die Bausumme ist sehr mäßig
und wird sich auch dann nicht
ungehörig vergrößern, wenn
die Stockwerkshöhen etwas
reichlicher genommen werden.
Das Aeußere wirkt schon durch
die klare Massenverteilung gut.
Im einzelnen ist nicht sehr viel
Eigenart entwickelt, aber was
an Schmuckformen vorhanden
ist, zeugt von gutem Ver
ständnis.
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Bismarck ■ Sfr 5
Wettbewerb Rathaus Peuerbach. 1. Preis
Architekten Fr. Gabriel und H. Haller, Stuttgart