Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

17. August 1907 
BAUZEIT ÜN G 
Zum Wettbewerb Mann 
heimer Zentralfriedhof*) 
Wettbewerb Rathaus Feuerbach. 3. Preis Architekt Alfred Fischer, Stuttgart 
Die am 31. Juli geschlossene 
Sonderausstellung von Plänen und 
Modellen in der Mannheimer Garten 
bauausstellung zeigte auch für 
den Architekten manches Inter 
essante. Neben den Einzelgärten 
und Parkanlagen namhafter Gärtner 
zog vor allem die Ausstellung der 
Gartenstadtgesellschaft den Bau 
künstler an. Den interessantesten 
Gegenstand bildete aber die Aus 
stellung der 58 auf öffentliches Aus 
schreiben eingegangenen Entwürfe 
zpr Neuanlage eines Zentralfried 
hofs in Mannheim. Das Programm 
verlangte auf dem 31 ha großen 
Gelände eine parkartige Anlage, Angabe der erforder 
lichen Hochbauten, darunter eine mit Sonderleichenwagen 
der elektrischen Bahn erreichbare Leichenhalle und die 
üblichen Arten von Grabstätten, Reihengräber für Er 
wachsene und Kinder, Familiengräber und Erbbegräbnisse. 
Auf die einzelnen Entwürfe, von denen nicht allein 
die preisgekrönten und angekauften Schönes boten, einzeln 
einzugehen, verbietet der Raum. Eine eingehendere Wür 
digung aber verdient der erste Entwurf des Herrn P. J. Groß 
mann-Dresden, Mannheims heilige Gärten, weil er eine 
ganz neue, eigenartige und hochkünstlerische Lösung der 
Frage des Zentralfriedhofs andeutet, die für den Archi 
tekten Interesse bietet, weil unsers Erachtens die Lösung 
ohne einen solchen nicht gelingen dürfte. Die Grund 
gedanken des Entwurfs werden die Anschauungen in 
bezug auf Friedhofanlagen, die sich in letzter Zeit wesent 
lich geändert haben, günstig beeinflussen, sie seien daher 
kurz skizziert. 
Ein Friedhof, sagt der Verfasser, könne nicht leicht 
in seiner ganzen Ausdehnung auf einmal auf dem Papier 
entworfen werden, weil er durch Menschenalter hindurch 
aus den Bedürfnissen herauswachsen müsse. Weil letzteres 
bei den alten Friedhöfen der Fall war, sind sie stimmungs 
voll geworden. Sie sind geworden, nicht gefühllos tech 
nisch oder raffiniert künstlerisch geschaffen. Neuere „land 
schaftliche“ Friedhöfe sind nicht organisch gewachsen, in 
ihnen verbergen nur schöne landschaftliche Partien die 
Schwächen, die Reihengräberfelder, den Gottesacker im 
*) Anmerkung der Redaktion: Die hier dargelegten Ge 
sichtspunkte dürften besonders bei der geplanten Anlage eines neuen 
Zeutralfriedhofs in Stuttgart Berücksichtigung verdienen, um so 
mehr, als man sich maßgebenden Orts bereits mit dem Gedanken 
eines Waldfriedhofs vertraut gemacht hat. 
wahrsten Sinn des Worts. Die Lösung der Friedhofs- 
frage ist also zunächst die Lösung der Reihengräberfrage. 
Die Lösung der Frage gibt der Verfasser in der Folge 
in historischer Entwicklung. Der alte Friedhof lag an 
der Kirche inmitten von Gebäuden, Mauern und Hecken, 
arm und reich lag beieinander. Reichte der Raum nicht 
mehr, wurde ein weiteres Stück beigezogen, ummauert, 
umpflanzt. Es erhielt im Laufe der Zeit den gleich 
intimen Charakter, Gartencharakter des ersten Stücks. 
Dieser Charakter sei in unsern neuzeitlichen Friedhöfen 
anzustreben, sie müssen aus einer Anzahl von Friedhofs 
gärten bestehen, die aus einem ersten Garten heraus-, 
an ihn anwachsen. Reihengräber, Familiengräber und 
Grüfte müssen aber in jedem Garten in künstlerischer 
Weise vereinigt sein. Also ja keine Sonderung der 
Klassen. 
Aus diesen Erwägungen heraus hat der Verfasser 
einen zweifellos hervorragenden generellen Entwurf ge 
schaffen, einen hochkünstlerischen Camposanto angedeutet. 
Daß er im besondern gelingt, dafür ist, sagt der Ver 
fasser zum Schluß sehr richtig, Erfordernis, daß der Fried 
hofsleiter eine Persönlichkeit ist, die neben praktischen 
Kenntnissen künstlerische Befähigung besitzt, um für jede 
vorkommende Aufgabe stets eine befriedigende Lösung 
zu finden. Diesen Worten kann man nur beistimmen, 
wenn die Anlage der heiligen Gärten kein erster Künstler 
leitet, dann dürfte ein Bild entstehen, dem -gebüsch- 
Wettbewerb Rathaus Feuerbaoh. 3. Preis 
Architekt Alfred Fischer, Stuttgart
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.