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BAU2B1TUNG
Nr. 35
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Doppelbürgerachule auf dem Röderberggelände, Frankfurt a. M.
baurat Kölle und seines Assistenten Ulsfelder ausgestelltes
Osthafenprojekt, die Kläranlage und eine Müllver
brennungsanstalt vertreten, während das Hochbauamt
unter Leitung von Stadtbaurat Scbauxnann eine große
Zahl von Schulen und allerhand kleinere Nutzbauten,
wie Yolksbäder, Zeitungshäuser, Trinkhallen u. s. w. aus
stellte. Die Arbeiten des Hochbauamtes zeigen so recht,
wie sich hier ein frischer, gesunder Zug bemerkbar macht,
der künstlerisch zur Sachlichkeit vertiefen hilft. Schau
mann und seine Bauinspektoren Berg, Eberhardt, Moritz,
Wilde und einige andre haben in verhältnismäßig kurzer
Zeit hier energisch mit der städtischen Beamtenarchitektur
der alten Zeit aufgeräumt. Arbeiten wie die Comenius-
und Günthersburgschule, die Kauffunger- und Kurfürsten
schule, die Fortbildungsschule in Sachsenbausen geben unter
auderm den Beweis für diese Entwicklung. Hoffentlich wird
Schaumann auch der Privatarchitektur die Hilfe nicht
versagen, die sie zu einer aufsteigenden Weiterentwick
lung nötig hat. Die Gelegenheit ist augenblicklich dazu
vorhanden. Der Leiter der Y. Hochbauinspektion verläßt
seine Stelle. Diese Stelle nicht neu zu besetzen und die
dieser Inspektion zukommenden neuen Arbeiten an die
Privatarchitekten, vielleicht auf dem Wege beschränkter
Konkurrenzen, zu verteilen, wäre wohl des Versuches wert.
Gerade die jüngeren Privatarchitekten haben sich in
der Ausstellung größerer Aufgaben würdig gezeigt, und
es wäre wohl kein Fehler, wenn diejenigen, die bis jetzt
so gering mit Aufträgen bedacht waren, durch größere
Aufgaben in das ihnen zukommende Milieu versetzt werden
würden.
Die ausgestellten Arbeiten der Privatarchitekten lassen
sich leicht in drei Gruppen scheiden, deren energischste
Repräsentanten hier genannt werden sollen. Da finden
wir zuerst die Arbeiten von v. Hoven und Manchot, die
treu die aus den siebziger Jahren überkommene Bau
kunst zeigen, leider ohne jene Vertiefung, die wir heute
von einer wahren Kunst verlangen. Die charakteristischsten
Arbeiten der zweiten Gruppe sind die von Rummel und
Senf & Musch. Diese Arbeiten verraten energisches
Studium historischer Kunst. Hier ist nicht der Wert
auf das Zusammensetzen der Motive, sondern auf die
Gesamtgruppierung, auf die Silhouettenwirkung gelegt.
Wenn auch in diesen Arbeiten die persönliche Note nur
sehr gering durchklingt, wenn sie auch nicht das geben,
Architekt Stadtbauinspektor H. Eberhardt
was die allgemeine Auffassung unter unsrer heutigen
deutschen Baukunst versteht, so ist doch wohl anzunehmen,
daß in dem konservativen Frankfurt gerade diese Gruppe
auf den größten Erfolg hoffen darf. Die dritte Gruppe
zeigt die Arbeiten der in Fachzeitschriften schon häufig
hervorgetretenen Modernen, wie v. Löber u. a., die, auf
jede Stilkopie verzichtend, nur eine Form, aus dem
Zweck hervorgegangen, oder doch höchstens den Rhythmus
eines Stiles in dem Aufbau ihrer Werke dulden wollen.
Ernstgewollte Arbeiten, jedoch ohne ernste Auftraggeber.
Mit Hilfe der beigegebenen Reproduktionen, die Liste
manns Verlag freundlichst zur Verfügung stellte, möge
das Bild entstehen, das der Schreiber dieser Zeilen geben
wollte. O.
Friedrich v. Thiersch über Kunst und
Technik
Der Zeitschrift des Vereins deutscher Zeichenlehrer
„Schauen und Schaffen“ entnehmen wir bemerkenswerte
Ausführungen, die Friedrich v. Thiersch bei Gelegenheit
seiner Rektoratsrede an der Technischen Hochschule in
München machte: „Immer deutlicher wird der Wert des
Freihandzeichnens für das Ingenieurfach erkannt. Bis
vor kurzem noch konnte man selbst von leitenden In
genieuren die Meinung äußern hören: ihr Fach habe mit
der Kunst nichts gemein und künstlerische Zutaten könne
man ruhig dazu angelernten Zeichnern überlassen. Wie
ganz anders betrachten wir in unsern Tagen die großen
Aufgaben der Technik. Schon im Unterricht läßt sich
leicht beobachten, daß bei den einfach konstruktiven Auf
gaben der eine überraschend leicht und in wahrhaft
künstlerischer Art zur Lösung gelangt, während der
andre das Ziel auf Umwegen und mit unnötigem Kraft
aufwand erreicht. Der Parallelismus mit den einfachsten
Aufgaben der praktischen Arbeit und den höchsten der
geistigen Art liegt auf der Hand, ujid es ist kein Zweifel
darüber, daß auf allen Gebieten praktischer Arbeit gleich
zu Anfang schon das Ingenium den Ausschlag gibt. Die
Forderung des Künstlerischen ist demnach auf das ganze
Gebiet der Technik auszudehnen, und wie wir von einem
Ingenieurbau — ich denke an Brücken, Hallen u. s. w.
— erwarten, daß er schon im Keim künstlerisch korri
giert sei, so werden wir auch von architektonischen