Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

12. Oktober 1907 
BAUZEITUNG 
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die Idee des Heimatschutzes, das Gefühl dafür in immer 
weitere Kreise getragen werden, so daß bei allen tech 
nischen und Kulturaufgaben der Zukunft diesen Gedanken 
Verständnis entgegengebracht und erreicht werde, damit 
die hierdurch bedingten Eingriffe in die Naturlandschaft 
nicht mißständig in die Augen fielen. Die vorgeführten 
Lichtbilder erläuterten die Ausführungen aufs nachdrück 
lichste. Es folgten sodann noch Mitteilungen des Prof. 
Neumaun-Kiel über die Zerstörung Mannheims im 
siebzehnten Jahrhundert und die Wiederentdeckung eines 
Stücks Architektur jener Zeit auf Grund einer von ihm 
in der Bibliotheque nationale zu Paris aufgefundenen 
alten Zeichnung eines Festungstores. 
Die zweite Sitzung des Denkmalpflegetagea am 
20. September wurde durch Mitteilungen geschäftlicher 
Art eröffnet. Der geschäftsführende Ausschuß wurde 
wiedergewählt und durch Neuwahl des Geh. Oberbaurats 
Hoßfeld-Berlin ergänzt. Als Ort der nächsten Tagung, 
die wieder im Anschluß an die Versammlung der Geschichts- 
und Altertumsvereine stattfinden soll, wurde Lübeck 
gewählt. Der Vertreter des Senats von Lübeck, Bau 
rat Deditius, sprach den Dank seines Staates für diesen 
Beschluß aus und versicherte den Denkmalpflegetag eines 
besonders herzlichen Empfanges in Lübeck. 
Museumsdirektor Dr. Br inckmann -Hamburg be 
richtete sodann über das Thema „Grundsätze und Ver 
fahren für die Wiederherstellung und Ergänzung 
kunstgewerblicher Altertümer, insbesondere mit 
Rücksicht auf deren Inventarisation“. Redner besprach 
das seitherige Vorgehen bei Vornahme von Ergänzungen 
von Altertümern und erwähnte als Tatsache, daß hierbei 
mehrfach nicht einwandfrei vorgegangen worden sei; so 
sei jetzt festgestellt, daß manche wertvollen Stücke, die 
lange Zeit als Urkunden für kunstwissenschaftliche 
Forschung gegolten hätten, nicht einheitlichen Ursprunges, 
vielmehr aus mehreren Gegenständen verschiedener Bnt- 
stehungszeit zusammengesetzt seien. Es bezieht sich dies 
namentlich auf alte Möbel. Die Frage, wie man richtig 
vergehen müsse, wurde eingehend erörtert und als Haupt 
forderung die genaue Protokollaufnahme mit Zeichnungen 
und Abbildungen und die kunstwissenschaftliche Unter 
suchung bezeichnet, ehe man an das Zerlegen und endlich 
an die Herstellung und Ergänzung gehen dürfe. Auch 
das Vorgehen beim Wiederherstellen selbst, namentlich 
um etwa vorhandene alte Bemalungen nicht zu zerstören, 
wurde beschrieben. Jedes Material erfordere seine be 
sondere Behandlung, die Wiederherstellung sollte durch den 
Museumsbeamten selbst erfolgen, der tech 
nische Restaurator komme an zweiter Stelle. 
Nach Wiederherstellung der Gegenstände 
komme es auf die richtige Konservierung an, 
wobei den Einflüssen der Heizung, der Ein 
wirkung der natürlichen und künstlichen 
Belichtung, des Staubes und seiner Ursachen, 
der Art des Zurschaustellens u. s. w. Rech 
nung zu tragen sei, Fragen, die die Museums 
verwaltungen seit Jahren beschäftigen. Durch 
eine neuerdings von Wien ausgegangene 
Enquete hoffe man hierin wertvolle Er 
fahrungen und Ergebnisse gezeitigt zu haben. 
Eine Diskussion hatte der Bericht nicht zur 
Folge. Dagegen gab der Direktor des Ger 
manischen Museums in Nürnberg, v. Bezold, 
die Anregung, auf einer der nächsten Tagungen 
über die Frage „Behandlung der Altertümer 
in öffentlichem Besitz“ zu verhandeln. 
Es folgte der Vortrag des Stadtbaurats 
Parrey-Mannheim über die Wiederher 
stellung des dortigen Kaufhauses, die ein 
praktischer Beweis dafür ist, daß Mannheim 
für seine Denkmäler einzutreten versteht 
und indem Leiter der Wiederherstellung und 
Wettbewerb Liederhalle Reutlingen Zum Ankauf empfohlen 
Motto; „Auf dem Boden der Wirklichkeit“ 
Architekt Regierungsbaumeister G. Hecht, Holzmiuden 
seinen Mitarbeitern die richtigen Persönlichkeiten besitzt, 
um solche Aufgaben im Sinne einer gesunden, auch den 
wirtschaftlichen Fragen gerecht werdenden Denkmalpflege 
zu lösen.*) 
Daran anschließend sprach Prof. Dr. Meier-Braun 
schweig über „Die Grundrißbildungen der deutschen 
Städte des Mittelalters in ihrer Bedeutung für Denkmal 
beschreibung und Denkmalpflege“. Ausgehend von dem 
Satze, daß auch Städtegrundrisse, namentlich historischer 
Orte, Denkmäler sein könnten, führte Redner an Hand 
einer Reihe von Abbildungen die Entwicklung der Ort 
schaften und Städte des Mittelalters aus deren Grund 
rissen vor und stellte mehrere Typen dieser Städte fest, 
wie sie sich aus der Anlage der Hauptverkehrsstraßen, 
Anordnung der Nebenstraßen, der Straßeneinteilung und 
-führung ergaben. Die Städtegrundrisse seien von Be 
deutung für die Denkmälerbeschreibungen und deshalb 
in diese aufzunehmen. Geh. Baurat Stübben-Grune- 
wald als Korreferent berührte gerade auch den künst 
lerischen Wert, der den alten Städtegrundrissen eigen 
sei, und stellte dann die Frage: „Wie hat sich die Denkmal 
pflege der alten Grundrisse anzunehmen, die zu einer Zeit 
entstanden sind, wo Verkehr und Hygiene im heutigen 
*) Wir behalten uns vor, über das Kaufhaus einen besonderen 
Artikel aus der Feder des Urhebers des Umbau- und Restaurations 
projekts, Begierungsbaumeister Dr.-ing. Eberbaoh, zu bringen. 
Wettbewerb Liederhalle Reutlingen Zum Ankauf empfohlen 
Motto: „Auf dem Boden der Wirklichkeit“ 
Architekt Regierungsbaumeister G. Hecht, Holzminden
	        

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