Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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ßAUZElTUNG 
Nr. 44 
ziehen und manches noch bestehende Vorurteil schwinden 
wird. Zur Vervollständigung geben wir auch die Grund 
planskizze wieder und gehen nun zu einer kurzen Dar 
legung des Projekts über. 
Die durch die Verlegung des Bahnhofs in die Schiller 
straße notwendig werdende Durchführung letzterer Straße 
nach der Neckarstraße trennt einen kleinen Teil der oberen 
geschlossenen Anlagen von dem Zusammenhang mit dem 
übrigen Teil ab, und es lag nun der Gedanke nahe, hier 
die beiden Theater im Verein mit den auf dem Marstall- 
platz zu errichtenden Neubauten zu einem von allen Seiten 
zugänglichen Mittelpunkt für das gesellschaftliche Leben 
der Residenz auszugestalten, in Verbindung mit rings um 
Projekt Botanischer Garten Grundplan 
den ovalen Teil des Sees führenden Kolonnaden und 
großen Cafe- und Restaurationslokalen. 
Gleichzeitig war beabsichtigt, den von der derzeitigen 
Schloßgartenstraße zu beiden Seiten gehemmten Blick 
auf den Kgl. Privatgarten und die schöne Nordfassade 
des Residenzschlosses einerseits und den ovalen See ander 
seits freier zu gestalten durch Entfernung der den Privat 
garten abschließenden Mauer und Tieferlegung des an 
stoßenden Teils dieses Gartens, so daß sich nach dieser 
Seite eine gesteigerte Wirkung des Bildes vom Schloß 
mit dem davorliegenden Garten ergehen würde, während 
anderseits der See mit der prachtvollen Nymphengruppe 
im Vordergrund und der abschließenden Allee schon 
von der Straße aus sich in der ganzen Schönheit zeigen 
würde. 
Das Bild selbst soll nur die Gesamtwirkung der Bau 
massen in Verbindung mit dem gärtnerischen Teil der 
Plananlage zur Anschauung bringen und dürfte zugleich 
als Grundlage zu einer objektiven Prüfung dienen, die 
unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Fak 
toren und der nicht zu unterschätzenden materiellen Seite 
zu einem anderen Ergebnis kommen wird als zu einer 
glatten Verwerfung des Projekts. Für den ruhigen und 
ernsten Betrachter tritt die ununterbrochene Beziehung des 
Schlosses zu dem ganzen Verlauf der großen Linienführung 
des Schloßgartens besonders deutlich in Erscheinung. A. 
Neue Bauordnung Württembergs 
VI. Wichtiges aus der Generaldebatte in der 
württembergischen Zweiten Kammer. 
Trennung zwischen Stadt und Land wurde 
von verschiedenen Rednern mit Nachdruck verlangt. Der 
Entwurf sieht nämlich ein einheitliches Baurecht für das 
ganze Land vor, ähnlich wie die Bauordnung von 1872, und 
zwar derart, daß nur erprobte, allgemein geltende elementare 
Vorschriften im Gesetz aufgenommen werden, während 
die dem Wechsel der Anschauungen unterworfenen Vor 
schriften der Verordnung und dem Statut überlassen werden 
sollen, wodurch dem unter schweren Umständen abzuändern 
den Gesetz eine längere Lebensdauer beschieden sein dürfte. 
Wo sollte denn aber die Grenze sein zwischen Stadt 
und Land? Wie rasch entwickelt sich die Industrie an 
allen Orten, wie plötzlich wird manchmal der entlegenste 
Weiler zum Kurort und wie viel Orte vereinigen nicht 
Stadt und Land? Es ist daher vollständig richtig, daß 
der Entwurf hier nicht unterscheidet und im Gesetz nur 
allgemein geltende Vorschriften und Begriffe aufstellt und 
eine Unterscheidung in oben angeführtem Sinne derart 
vorsieht, daß er Trennungen will zwischen der Zweck 
bestimmung der einzelnen Bauwesen. Die zwischen Stadt 
und Land nötige Trennung wird sich von selber durch 
die das Gesetz verschärfenden Statuten ergeben, wodurch 
den lokalen Verschiedenheiten am besten Rechnung ge 
tragen werden kann und ein Landesschema vermieden 
wird. 
Vorschrift. Im Interesse der Rechtssicherheit be 
dauerten einige Redner, daß der Entwurf zu viel dem 
Ermessen der Baupolizeibehörden überläßt, anstatt strikte 
Vorschriften aufzustellen. Strikte Vorschriften haben wohl 
den Vorteil der Rechtssicherheit, aber sie bringen den 
großen Nachteil mit sich, daß alles über einen Kamm 
geschoren wird, wodurch Härten entstehen. 
Man sieht, daß der Entwurf hier Erfahrungen des 
ganzen Landes zugrunde gelegt hat, und erfreulich ist es, 
daß dadurch, daß der Entwurf als Landesgesetz haupt 
sächlich nur den Sinn der Vorschrift festlegt, den Orts 
baustatuten Gelegenheit gegeben ist, in der Anordnung 
der Maßbestimmungen eigne Wege zu gehen; diesen, wie 
auch der Verordnung wird es wohlweislich Vorbehalten 
bleiben, genaue Vorschriften aufzusfellen. Daß aber da, 
wo der Entwurf allgemein geltende elementare Vorschriften 
erläßt, in der Handhabung derselben verschiedenerlei 
Möglichkeiten gegeben sind, ist ein entschiedener Vor 
zug; doch soll hier nicht versäumt werden anzuführen, 
daß trotz alledem der Art. 25 mit seinem Dachneigungs 
winkel von 45 0 vom ästhetischen Standpunkt aus zu ver 
werfen ist, da dadurch von der Straße aus ein Dach 
überhaupt nicht mehr gesehen würde. Den Standpunkt, 
daß das Gesetz eben nicht bis zur Grenze ausgenutzt 
werden soll, haben erfahrungsgemäß wirtschaftliche Gründe 
längst zur Illusion gemacht, und bei der immer mehr 
beschnittenen Baumöglichkeit wird derselbe erst recht 
illusorisch werden. Könnte nicht den wertvolleres Gelände 
bestimmenden Ortsbaustatuten Vorbehalten werden, daß 
dieselben wenigstens auf die Höhe eines Dachgeschosses 
einen Dachneigungswinkel gegen die Straße bis zu 60° 
gestatten dürfen? 
Ortsbautechniker. In Kreisen des Baugewerbes 
wurde es mit ganz besonderer Freude begrüßt, daß der 
Entwurf der neuen Bauordnung für die Gemeinden tech 
nische Berater vorsieht; dadurch würde das glorreiche Zeit 
alter der dreigliedrigen Ortsbauschau auf hören. Während 
nun allgemein die Meinung herrschte, daß ein Ortsbau 
techniker mindestens ein geprüfter Techniker sein soll, 
besagen demgegenüber die Motive des Entwurfs, daß die 
Betrauung ungeprüfter Bauhandwerker mit den Aufgaben 
des Ortsbautechnikers nicht auszuschließen sei. Die Motive 
drücken sich dann wörtlich folgendermaßen aus:
	        

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