2. November 1907
BAUZEITUNG
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„Wenn die Uebernahme von Privatarbeiten den Ober
amtsbaumeistern nach Art. 73 Abs. 6 des Entwurfs unter
sagt wird, werden sich gerade die letzteren zu Ortsbau
technikern vorzugsweise eignen, und die Ausnutzung der
Möglichkeit ihrer Berufung zu diesem Amte wird sich
für viele Gemeinden aus sachlichen und finanziellen
Gründen empfehlen, sofern sich in diesem Falle das
baupolizeiliche Verfahren am einfachsten, sichersten und
wohl auch am billigsten gestalten wird.“
Erfahrene Baumeister stehen vielfach auf dem
Standpunkt, daß nicht das Gesetz, sondern die Beamten
drückend empfunden werden, und der Ageordnete Schmid-
Neresheim selber erklärte, daß er der bestimmten Ueber-
zeugung sei, daß viele Klagen über die Bauordnung nur
daher rühren, daß die Bauordnung eine nicht richtige
Auslegung erfahren hat und daß nicht danach gesucht
würde, in welcher Weise das Bauen erleichtert werden
könnte und wie die Bauordnung in ihrer milderen, ge
rechteren und praktischeren Form — selbstverständlich
immer im Rahmen des Gesetzes — zur Anwendung ge
bracht werden kann.
Soviel kann hier festgestellt werden, daß schon unter
der Herrschaft der gegenwärtigen Bauordnung der Beamte
eine bedeutende Rolle spielte; betrachtet man nun erst
den Entwurf der neuen Bauordnung, so findet man,
daß hier weit mehr Anforderungen an den Beamten ge
stellt werden, abgesehen von der komplizierteren Bau
technik. Es ist deshalb dringend nötig im Interesse
einer gesunden Handhabung der Baupolizei, daß tech
nische Beamte, die das nötige Maß theoretischer Kennt
nisse und praktischer Erfahrungen besitzen, angeordnet
werden. Ohne auf dem Standpunkt zu stehen, die Fähig
keit nach der Schulbank und dem Examen zu taxieren,
muß doch anbetrachts solch einer verantwortungsvollen
Aufgabe im Interesse der Gemeinden und im Interesse
der der Herrschaft der Baupolizei unterstellten Bauhand
werker unbedingt verlangt werden, daß in der Befähi
gung ein Maßstab gesetzt wird und daß diese Ortsbau
technikerstellen nur mit geprüften Technikern besetzt
werden sollen.
Der Abgeordnete Schmid-Neresheim will, daß wenig
stens nur solche Leute als Ortsbautechniker bestellt
werden, die zur Führung des Meistertitels berechtigt
sind, bemerkt aber, daß er es für viel besser halten würde,
nur geprüfte Bauwerkmeister zu nehmen. Dieser Kom
promißgedanke, den übrigens die Motive auch schon er
wogen haben, bedeutet aber herzlich wenig. Was bietet
der Meistertitel der verzweigten Theorie und Praxis der
Baupolizei? Eben draußen auf dem Lande besteht das
Bedürfnis, daß eine alle Bauhandwerksberufe prak
tisch und theoretisch verstehende Persönlichkeit
beratend und gebietend vorhanden ist. Möchte die Regie
rung und die Kammer diese schwerwiegende Angelegen
heit zur Genüge prüfen! (Fortsetzung folgt)
A Vom Holzmarkt
Man berichtet uns aus Fachkreisen: Wenn auch im
allgemeinen der rheinische Holzmarkt ein etwas zuver
sichtlicheres Gepräge zeigt als vor Wochen, so ist doch
der Verkehr in letzter Zeit wieder zurückgegangen. Das
ist auf die Abnahme der Tätigkeit im Baufache zurück
zuführen, die angesichts der vorgeschrittenen Jahreszeit
einerseits, anderseits aber auch infolge des unverändert
hohen Geldstandes sich nicht weiterentwickeln konnte.
Wohl haben ja im allgemeinen die Preise unter dem
Einfluß des rückgängigen Verkehrs an Stabilität eine Ein
buße nicht erlitten, indessen war aber auch eine weitere
Befestigung nirgends wahrzunehmen. Mit einer Ver
mehrung des Verkehrs kann jetzt auf keinen Fall mehr
gerechnet werden. Ara Brettermarkte des Rheins merkte
man eine Regung im Handel nicht. Die rheinischen und
westfälischen Sägewerke haben mit ihren Bezügen in
letzten Wochen sehr zurückgehalten, weil sie die außer
ordentlich hohen Frachten nicht anlegen wollen, die all
gemein bei Verladungen per Schiff verlangt werden.
Uebrigens rechnen die betreffenden Abnehmer auch nicht
mit besonders großem Verbrauch während der Winter
monate. Was die einzelnen Sorten betrifft, so hat die
breite Ware nach wie vor das meiste Interesse auf sich
gezogen. Weit weniger gesucht waren schmale Bretter,
worin es auch an Angebot nicht fehlte. Bukowinische
und galizische Bretter haben zwar nicht in zu großen
Posten am Markte gelegen, indessen war immer Ware
genügend vorhanden, so daß der Bedarf darin schlank
gedeckt werden konnte. Reine Ware dieser Provenienzen
war immer gesucht, obgleich sie bei den Konsumenten
weniger gut im Ansehen steht als die süddeutsche, worin
aber reine Ware nur in beschränkten Posten angeboten
wird. Aus letzterem Grund ist aber auch die süddeutsche
saubere Ware im Werte höher als die ausländische. Der
Markt in geschnittenen Kanthölzern hat sich im all
gemeinen nicht recht entwickeln können, weil Bedarf
fehlte. Das Angebot darin ist gegenwärtig viel zu groß
gegenüber der Nachfrage, woher es auch kommt, daß die
Preise gedrückt sind. Der Markt in Hobelbrettern zeigte
die bisherige Haltung. Dadurch, daß die Frachten gegen
wärtig so hoch sind, stellen sich die Einstellungspreise
entsprechend höher, und die billigen Offerten verschwinden
deshalb mehr und mehr von dem Markte. Der amerikanische
Pitch-Pine-Markt tendiert gegenwärtig sehr fest, und es
werden von drüben allgemein höhere Preise verlangt. Das
gleiche gilt auch von Red-Pine. Die Beschäftigung der
Hobelholzindustrie des Rheins ist wie immer in dieser
Jahreszeit mäßig.
Y ereinsmitteiliingen
Württ. Baubeamten-Verein. Einladung. Am
Dienstag, den 5. November, abends 7 Uhr, be
ginnen die monatlichen zwanglosen Zusammenkünfte im
Vereinszimmer der „Bauhütte“, Stuttgart, Büchsen
straße 53, I. Stock. Die verehrlichen Mitglieder und
Freunde des Vereins werden hierzu herzlich eingeladen.
Der Ausschuß.
Deutscher Arbeitgeberbund für dasBaugewerbe.
In Norderney sind sämtliche Maurer, Zimmerer und
Bauhilfsarbeiter wegen nicht bewilligter Lohnforderungen
in den Streik eingetreten. In Blankenburg (Schwarza
tal) ist der Maurerstreik im Sande verlaufen. Die Arbeiten
konnten durch Arbeitswillige ausgeführt werden, die
Streikenden sind bisher nicht wieder eingestellt worden.
Die geführten Einigungsverhandlungen scheiterten an der
nicht bewilligten Erhöhung des Lohnsatzes. In Cottbus
ist der Zimmererstreik nach 21wöchiger Dauer durch
die Streikleitung der Gesellen für beendet erklärt worden.
Er ist für letztere ohne jeden Erfolg geblieben, da sich
die Zimmermeister zu keinem Zugeständnis herbeiließen
und den aufgedrungenen Kampf beharrlich und unentwegt
durcbführten. In Saarbrücken ist der am 24. Juli
ausgebrochene Streik der Zimmerer nach zehnwfichiger
Dauer beendet. Der Streik endete mit einer vollständigen
Niederlage der Arbeitnehmer, indem sie die Arbeiten
bedingungslos wieder aufnehmen mußten. Ein Vertrag
ist nicht wieder abgeschlossen worden. In Straßburg i. E.
ist der Streik der Bauhilfsarbeiter durch den Abschluß
eines bis zum 31. März 1910 laufenden Tarifvertrages
beendet.
Wettbewerbe
Gesellschaftsbaus für die Aktiengesellschaft
Bonner Bürgerverein. Es wurden zwei Preise von
je 1000 M. den Architekten Schreiterer & Below in Köln
und Heinrich Mattar in Leipzig-Köln und zwei Preise