Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

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bauzeitunu 
Nr. 45 
wickeln könnten, die bei schönem Wetter sich ins 
Grüne ausbreiten dürften; angenommen ferner, daß 
der neue Lustgarten abends in glänzendem Licht er 
strahlte, daß Konzerte stattfänden und die Menge hier 
unbelästigt von Wagen und Automobilen mit Vorliebe 
promenierte, so wäre dieser neue Lustgarten mit dem 
Kgl. Hoftheater im Hintergründe wohl eine Lösung 
der ganzen Frage. Das Zentrum des städtischen Verkehrs 
wäre um einiges nach Norden verschoben, doch dürfte 
die Trambahn die Entfernung verschwinden machen. 
Die Hauptschönheit der oberen Anlage, der Teich und 
die Platanenallee, sowie der Botanische Garten bleibt 
nach diesem Projekt bestehen, so daß Ausdrücke in 
Tageszeitungen, wie Vandalismus, rohe Gewaltsamkeit 
u. s. w., keineswegs am Platze sind. Klatte. 
Wohn- und Geschäftshaus in Degerloch 
Architekt Gr. ß e z - Degerloch 
In den Vororten unsrer Großstädte finden wir die 
eigenartigsten Ärchitekturkompromisse. Da steht ein 
vollständiges Stadthaus neben alten Bauernhäusern; leder 
gelbe Verblenderfassaden wirken schreiend neben den 
hellen Putzflächen der Fachwerkbauten. Es tut förmlich 
weh, wenn man reizende Btraßenbilder in so roher Weise 
zerstört sieht. Um so erfreulicher ist es, Neubauten unter 
alten Häusergruppen zu finden, die mit Liebe und Ver 
ständnis in die Umgebung eingepaßt sind. Unsre modernen 
Bedürfnisse und die gesteigerten Grundstückspreise be 
dingen zwar manche andre Lösungen, aber es ist doch 
stets möglich, etwas zu schaffen, was das allgemeine Bild 
nicht unschön zerreißt. Wir werden auf Veröffentlichungen 
dieser Art besonderen Wert legen. 
Das an der Löwenstraße erbaute Wohn- und Geschäfts 
haus erstand an Stelle eines alten baufälligen Wohn- und 
Oekonomiegebäudes. Da in der Umgebung größtenteils 
ältere Gebäude mit schönen übersetzten Giebeln sich be 
finden, wurde beim Entwurf darauf Bedacht genommen, 
den Neubau in diese Umgebung hineinzupassen. Um den 
sehr tiefen Bauplatz auszunutzen, wurde das Gebäude 
als Doppelhaus mit gesonderten Eingängen und Treppen 
häusern ausgebildet, im Vorderhaus befinden sich im Erd 
geschoß zwei geräumige Läden mit Ladenzimmer, in den 
übrigen Stockwerken je eine geräumige dreizimmeiige 
Wohnung mit reichlichem Zubehör. Im Hinterhaus ist 
in jedem Stockwerk eine dreizimmrige Wohnung ein 
gebaut. Des schiefen Verlaufs der Eigentumsgrenze wegen 
und um -die im Ortsbaustatut verlangten Abstände ein 
zuhalten, mußte der Grundriß des Hinterhauses abgestuft 
werden. Die Baukosten betragen ca. 
46 000 M. Das Gebäude ist massiv erbaut, 
mit hellem rauhem Putz versehen, Fenster 
weiß und Läden blaugrün gestrichen. Die 
Hausteine der vorderen Giebelseite sind 
aus Fildersandstein. Das Dach ist mit 
Biberschwänzen als Doppeldach gedeckt. 
Wohn- und Geschäftshaus in Degerloch 
Architekt G. Bez, Degerloch 
Wer ist befähigt, die Unter 
weisungen im Bangesetz an der 
Bangewerksclinle zu erteilen? 
Die Direktion der Kgl. Baugewerk 
schule in Stuttgart hat wie in früheren 
Jahren so auch für das laufende Winter 
semester einen Beamten der Stadtgemeinde 
Stuttgart, der mit der Kontrolle über die 
Einhaltung der bestehenden Bauvorschriften 
betraut ist, mit zwei Wochenstunden in 
den Stundenplan aufgenommen. Dieser 
Beamte hätte mit den Schülern der obersten 
Klasse unter anderm hauptsächlich die 
württembergische Bauordnung durchzu 
sprechen. Natur- und erfahrungsgemäß 
ist die beste Kenntnis der ganzen Bau 
ordnung aber nur bei den Beamten an 
zutreffen, welche die Beobachtung der ge 
samten Baugesetze zu kontrollieren haben; 
wie man es auch bei andern ßechtsgebieten 
gewöhnt ist, daß gewisse Gesetze nur der 
jenige in vollem Umfange kennt und an 
zuwenden weiß, dessen Aufgabe es ist, die 
Beobachtung derselben zu prüfen. Für 
diesen Unterricht war von genannter 
Direktion ein Beamter der Stuttgarter Bau 
polizei in Vorschlag gebracht und es wurde 
ein diesbezüglicher Antrag an die Stadt 
verwaltung gerichtet. Letztere aber ver 
weigerte der Direktion der Baugewerk 
schule den betreffenden Beamten mit der 
Begründung, daß diese Belehrung irgend 
ein andrer Baufachmann gerade so gut 
ausüben könne.
	        

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