Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

396 
Darmsheim 
Skizzen alter Fachwerkbauten 
BAUZEITUNÖ 
Markgröningen 
Nr. 50 
Dahenfeld 
Architekt W. Remppis, Stuttgart 
wie auch als geeignete Tunnels für die Aufnahme tele 
phonischer, telegraphischer und andrer Leitungen, liegt 
nahe, und die Stadtverwaltung von Chicago zeigte denn 
auch bald ein großes Interesse für die Errichtung dieser 
unterirdischen Gewölbe, die nicht nur dazu berufen sein 
sollten, den Verkehr auf den Straßen wesentlich zu ent 
lasten, sondern durch die in Zukunft auch die unlieb 
samen Störungen bei der Anlage telephonischer, tele 
graphischer oder elektrischerLeitungen auf einmal beseitigt 
werden konnten. Die Erlaubnis und Befugnis zur Aus 
führung des unterirdischen Tunnels wurde denn ursprüng 
lich und namentlich auch nur für die Errichtung unter 
irdischer Telephonanlagen gegeben, um der Sache einen 
möglichst harmlosen Anstrich zu geben. Daher kam es 
auch, daß die Grundbesitzer sich keine Gedanken darüber 
machten, was sich eigentlich unter ihren Häusern zutrug. 
Erst nach Vollendung des unterirdischen Tunnels ver 
nahmen sie mit großem Erstaunen, daß vor den Türen 
ihrer Keller wirkliche Wagen Halt machten, die Kohlen 
und Vorräte herbeischafften oder Asche und Abfälle weg 
führten. Aus dem gleichen Grunde erklärt es sich, daß 
die unternehmende Gesellschaft, die erst den Namen 
„Illinois Telegraph and Telephone Co.“ führte, sich jetzt 
in die „Illinois Tunnel Co.“ umgewandelt hat. 
Die Tunnels dieser in ihrer Art einzig dastehenden 
Bahnanlage bilden einen gewaltigen ovalen Bing, der die 
Güterbahnhöfe der in Chicago mündenden großen Eisen 
bahnlinien verbindet. Von den Haupttunnels zweigen 
sich Nebentunnels ab, in denen Waren aller Arten in 
alle Teile der Stadt befördert werden, wo die Bedürf 
nisse dafür größer sind. Die Haupttunnels sind 3,80 m 
hoch bei einer Breite von 3,40 m, während die Neben 
tunnels nur 1,80 m Höhe bei 2,30 m Breite besitzen. Die 
Tunnels haben die bekannte ovale Form, sie sind in Beton 
gebaut, der die stählernen Gerippe verkleidet. In den 
Hauptlinien ist die Bahn zweigleisig, während in den 
Nebenlinien nur ein Schienenweg vorgesehen ist. 
Wie schon zu Anfang gesagt, erfolgte die gesamte 
Bauausführung der Bahn in der Weise, daß über der 
Straße davon durchaus nichts gemerkt wurde; die Weg 
schaffung der Erde und die Herbeibringung der Bau 
materialien erfolgte durch die schon bestehenden Tunnels, 
in denen natürlich sofort fliegende Gleise angelegt wurden. 
Bemerkt mag hierbei werden, daß der Vorteil vorhanden 
war, die Tunnelarbeiten in leichter toniger Erde aus 
führen zu können, die den Untergrund Chicagos bildet. 
Die Stadtverwaltung hatte für die Zukunft einer etwaigen 
späteren Umwandlung der Bahn in eine Untergrundbahn 
zur Personenbeförderung, wenn dies sich später als not 
wendig erweisen sollte, durch die Forderung vorgesorgt, 
daß das Gleis sich mindestens 8 m unter der Straßen 
ebene befinden müsse. Bei der Ausführung wurde die 
Hilfe der komprimierten Luft verwertet, besonders auch 
um sich gegen Unfälle zu schützen, die sich durch eine 
Unterbrechung der Arbeit durch Streiks der Arbeiter, 
die in den Vereinigten Staaten bekanntlich häufiger und 
unerwarteter auftreten als in Europa, ergeben konnten. 
Die Arbeiten in den verschiedenen Tunnels schritten für 
den Tag im Durchschnitt um 6 m vor. 
Wie erwähnt, ist der Betrieb der Bahn elektrisch. 
Es ist das Dreischienensystem Morgan für die Verteilung 
des Stromes verwendet. Die Lokomotiven ähneln den 
bekannten Bergwerkslokomotiven, denn die Spurweite der 
Gleise beträgt nur 600 mm. Die Steigungen kommen im 
großen und ganzen nicht über 1,75:100. An den End 
punkten jedoch, wo die Züge das Straßenniveau erreichen, 
um das Auf- und Abladen von Waren in den Bahnhöfen zu 
erleichtern, erreichen diese Steigungen bis 12:100. Die 
Krümmungen in diesem unterirdischen Netze sind sehr 
scharf und gehen bis zu 5 m Radius. Bemex-kt muß noch 
werden, daß auf gewissen Teilen der Strecke, besonders 
in den Nebentunnels, die oberirdische Leitung benutzt 
wird. Die Lokomotiven besitzen zum Teil einen Motor 
von 75 PS., zum Teil zwei Motoren von 80 PS.; ihr Ge 
wicht beträgt 3 oder 5 t. 
Das Wagenmaterial besteht aus einer einheitlichen 
Gattung, die die Amerikaner „combination car“ nennen. 
Es sind Wagen mit großer Verwandlungsfähigkeit, die 
als vollkommen sicher geschlossene Wagen zur Beför 
derung der Postsachen dienen können oder als gedeckte 
Wagen mit hohen Seitenwänden, die einen Kasten 
wagen von großer Fassungskraft bilden, oder auch 
als Plattformwagen. Die Bodenfläche der Wagen ist 
3,16:1,20 m. Die Wagen sind gänzlich in Eisen und 
Stahl ausgeführt und besitzen eine Tragfähigkeit von 
13 600 kg. 
Wie aus vorstehendem hervorgeht, ist es wohl zu 
verstehen, daß die Grundeigentümer, als sie sahen, daß 
sie alle Materialien, die sie früher nur mit großen Kosten, 
Unannehmlichkeiten und Zeitverlust bekommen konnten,
	        

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