Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

23. Februar 1907 
BADZEITUNO 
63 
landwirtschaftliches Bau 
wesen für Oberamtshau 
techniker in die Wege zu 
leiten. 
Das sieht in der Tat 
aus, als ob uns offiziell 
und öffentlich das Zeugnis 
ausgestellt werden sollte, 
daß wir mit Bezug auf 
landwirtschaftliches Bau 
wesen an besonderer 
Rückständigkeit leiden, 
eine Annahme, gegen die 
Stellung zu nehmen doch 
wohl ebenso unser Recht 
wie unsre Pflicht ist. 
Die Einrichtung der 
artiger Kurse mit dem 
Hinweis auf die für Ober 
amtstierärzte bestehenden 
Seuchenkurse zu begrün 
den scheint uns wenig Entwurf zu einer Friedhofskapelle 
stichhaltig zu sein, denn 
wenn die Art und Weise der Bekämpfung einer Seuche 
in der Regel auf ein bestimmtes, einheitliches Verfahren 
sich gründen wird, das je nach dem Stande der Wissen 
schaft sich ändert und daher den beteiligten Veterinären 
in einigen Vorträgen übermittelt werden kann, so liegen 
die Verhältnisse beim Bauen, wie sich aus dem weiter 
Obengesagten von selber ergibt, wesentlich anders. 
Wir bezweifeln also, ob der im Schoß der Kgl. Zentral 
stelle für die Landwirtschaft empfohlene Weg, bessere 
Kenntnisse im landwirtschaftlichen Bauwesen zu ver 
breiten, der richtige ist, noch mehr aber, daß bei unsern 
Kollegen große Geneigtheit bestehen wird, denselben zu 
betreten. Man könnte uns doch sonst mit gleichem und 
zum Teil mit größerem Recht in unsern vorgeschrittenen 
Jahren noch Kurse in den viel schwierigeren Gebieten 
des Schulhausbaues, des Krankenhausbaues, im Bau von 
Rathäusern u. s. w. zumuten. 
Soll uns dagegen ein Vorschlag gestattet sein, so ginge 
er dahin, die Fachpresse, welche sich mit landwirtschaft 
lichem Bauwesen allerdings sehr 
wenig ahgibt, auf diesem Gebiete 
zu einer etwas regeren Tätigkeit an 
zuspornen, und sicher wären nicht 
nur die Oberamtsbaumeister, sondern 
noch mancher andre Leser unsrer 
„Bauzeitung“ dafür dankbar, wenn 
der Herr Landestechniker sich dann 
und wann mit guten, in der Praxis 
zweifellos erprobten Neuerungen auf 
seinem Gebiet als Mitarbeiter bei 
derselben einstellen würde. 
Anmerkung der Redaktion. 
Die vorstehenden Ausführungen 
scheinen zum Teil auf einer miß 
verständlichen Auffassung zu be 
ruhen. Nicht der Laudestechniker 
hat den Antrag zur Errichtung frei 
williger Kurse über landwirtschaft 
liches Bauwesen für Oberamtsbau 
techniker gestellt, sondern die An 
regung kam von andrer Seite — 
aus der Mitte des Kollegiums. Was 
sodann diese Kurse selbst betrifft, 
so steht es ja jedem Oberamtsbau 
techniker frei, sich an denselben zu 
beteiligen oder nicht. AVir glauben 
überhaupt, daß die Kurse in erster 
Linie für jüngere Techniker, die ihr 
Beruf auf das Land führt, 
bestimmt sind. Es ist 
keine Frage, daß gerade 
das landwirtschaftliche 
Bauwesen vielfach an der 
Sucht krankte, die Stadt 
zu kopieren. So ver 
schwanden auf manchen 
Dörfern die alten charak 
teristischen Bauernhäuser, 
um Bauten von städti 
schem Aussehen und 
Prunk Platz zu machen, 
die in die dörfliche Um 
welt gar nicht hinein 
passen. Hier wieder eine 
Wandlung zum Bessern, 
eine Rückkehr zum Ein 
facheren zu schaffen, ist 
dringend nötig, und wir 
haben selbst in der 
Architekt B. Föhre, Metz „Bauzeitung“ wiederholt 
Gelegenheit genommen, 
durch Bild und Wort in dieser Richtung zu wirken. 
Eine lange Reihe von Kleinwohnungsbauten, preis 
gekrönte Arbeiten, die ihren Lauf nicht allein durch 
ganz Deutschland, sondern auch ins Ausland nahmen, 
wurde von uns im Jahrgang 1906 veröffentlicht, nebst 
der inhalts- und gedankenvollen Darstellung einer hervor 
ragenden Autorität über die ästhetische und praktische 
Ausgestaltung des Kleinwohnungsbaues (siehe Nummer 28, 
29, 30). Es sollte daran gezeigt werden, daß sich 
mit der Einfachheit ganz gut eine ästhetische Wirkung 
vereinigen läßt. Und wer einfach baut, baut auch 
billig. Daß wir auch dem Bauernhaus unsre Aufmerk 
samkeit zuwenden, dürfte schon die nächste Zeit zeigen. 
Wir werden Beispiele von ländlichen Bauten ver 
öffentlichen, die sicher Interesse und Beachtung finden 
werden, und in den beteiligten Kreisen wird es nicht 
ohne Genugtuung aufgenommen werden, daß der 
Landestechniker selbst seine Mitwirkung freundlichst 
zugesagt hat. 
Y ereinsmitteilungen 
Architekten-Klub Stuttgart. 
Vor einer zahlreich besuchten Ver 
sammlung am 18. Februar d. J. hielt 
Architekt P. Bonatz, Assistent der 
Technischen Hochschule, einen sehr 
interessanten Vortrag über den unter 
seiner Leitung im Bau begriffenen 
Krankenhauskomplex in Straßburg. 
Die ausgestellten Modelle und Zeich 
nungen erläuterten in vorzüglicher 
Weise die Darlegungen des Redners. 
Die ganze Anlage zerfällt in zahl 
reiche Einzelbauten, die in groß 
zügiger Art künstlerisch durchgebildet 
sind. Auf drastische Weise wurden 
die Vorzüge des Korridorsysteras 
gegen die des Pavillonsystems bei 
derartigen komplizierten und um 
fangreichen Krankenhausprojekten 
dargelegt. Die Heizungs-, Abwasser- 
und Beleuchtungsanlagen wurden 
eingehend durchgesprochen, ebenso 
die in ihrer musterhaften Anordnung 
vorbildlichen Verwaltungs- und Wirt 
schaftsanlagen. Reicher Beifall lohnte 
den Redner für die äußerst klaren 
und lehrreichen Ausführungen. 
Entwurf zu einer Friedhofskapelle, Grundriß
	        

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