FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL
SAS S - LOTHRINGEN*
Stuttgart, 16. März 1907
Inhalt: Die Herstellung und Unterhaltung unsrer Straßenfahrbahnen. — Kritik des Stuttgarter Baupolizei
wesens. — Kuranstalt Glotterbad bei Preiburg i. Br. — Entwürfe für einen Gartenpavillon. — Vora’Holz-
markt. — Baupolizeiliche Behandlung der Bauten von Fabriken und ähnlichen gewerblichen Anlagen. —
Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen.
-HALIB'I hllN-
Alle Rechte Vorbehalten
Die Herstellung und Unterhaltung unsrer Straßenfahrbahnen
Trotzdem die Herstellung und Unterhaltung der Straßen
fahrbahnen zu den finanziell und hygienisch bedeutendsten
Aufgaben der Staats- und Gemeindeverwaltungen gehört,
ist doch noch verhältnismäßig wenig über die praktischen
Erfahrungen bekannt geworden, die im Lauf der letzten
Jahrzehnte gemacht worden sind. Insbesondere sind es
die Steinschlagfahrbahnen, deren neuzeitliche Ausbildung
noch wenig Verbreitung gefunden hat.
Während man in der Ausführung der Holzpflaster,
Steinpflaster und Asphaltstraßenkörper zu einer gewissen
Vollendung gelangt ist, sind die Fortschritte in der Be
handlung der Makadamstraßendecken verhältnismäßig ge
ring. Es ist dies insofern ein Mangel, als diese Straßen
wesentlich billiger als die definitiven Beläge sind und
weil sie für provisorische Zustände auch neben den ge
nannten Ausführungsweisen nicht entbehrt werden können.
Dann aber kommt wesentlich in Betracht, daß die seit
herige Behandlungsweise den Anforderungen unsers
Jahrhunderts an die Verkehrswege nicht mehr genügt.
Sind sie auch bei
günstiger Witte
rung durch ge
nügende Festigkeit
und nebenher
gehende Elastizität
sowie durch gute
Eigenschaften für
die Zugtiere sehr
angenehm zu be
fahren und daher
allgemein beliebt,
so ändert sich die
Sachlage, sobald
einerseits heftige
Staubauf wirblung
bei anhaltend trok-
kenem Wetter und
anderseits starke
Schmutzbildung in
Regenperioden
oder gar in Zeiten
wechselndenFrost-
und Tauwetters die
Straßen in Sand
wüsten oder in
Schlammflächen
mit Ackerfeldbeschaffenheit umwandelt. Alle Mittel,
die man seither angewandt hat, um diese Zustände zu
verbessern, haben gegenüber den wachsenden Forderungen
des Verkehrs nicht den wünschenswerten Erfolg gehabt.
Zunächst wurde die Unterlage verstärkt, aber auch der
festeste Unterbau vermochte die Auflösung der Ober
fläche nicht zu verhindern. Dann wurde die Walzarbeit
verbessert. Dampfwalzen von wohl abgewogenem Gewicht
stellten vollständig feste und glatte Oberflächen her und
auf die Auswahl des besten Steinschlagmaterials wurde
durch Verwendung von Porphyr und Basalt die größte
Sorgfalt verwendet.
Fragt man sich, warum trotz all dieser Anstrengungen
und Mehraufwendungen immer noch keine genügenden
Ergebnisse erzielt werden, so muß dem beobachtenden
Praktiker auffallen, daß durch diese Bearbeitungsweise
eine Hauptbedingung für die Gewinnung und Erhaltung
einer vollkommenen Straßendecke nicht erfüllt wird, näm
lich die unverrückbare Lage der einzelnen Stein
brocken im
Straßenkörper
zueinander. So
widerstandsfähig
ein harter Stein
ist, wenn er eine
feste, unverschieb
bare Lage zu sei
nem Nachbar ein
nimmt, so haltlos
und leicht zerstör
bar ist er, wenn
er gelockert, ge
dreht, aus seiner
ursprünglichen
Stellung verdrängt,
den reibenden und
stoßenden Kräften
der Räder schwerer
Fuhrwerke aus
gesetzt ist.
Das Binde
mittel ist es also,
das den Aufgaben
des neuen Verkehrs
nicht mehr ge
wachsen ist. Das-