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Reichenweier
einzelne recht stattliche darunter. Insbesondere sind es
auch die Höfe, die von der Straße aus einen reizenden
Anblick gewähren; sie enthalten teilweise recht nette
Brunnen und sind zum Teil mit hölzernen Galerien ver
sehen. In ihnen entwickelt sich im Herbst reges Leben.
An Kirchen bietet Reichenweier nichts Besonderes;
das Rathaus am Ostende der Stadt ist ein eindrucksloser
Torbau aus dem Anfang des neunzehnten Jahrhunderts.
Auf weitere Einzelheiten soll hier nicht eingegangen
werden, es wird vielmehr auf den Führer für Reichen
weier und Umgebung, herausgegehen vom Yogesenklub,
Sektion Reich enweier, verwiesen.
Wessen Gemüt sich für heitere landschaftliche Szenen,
verbunden mit Architekturstückchen erwärmt, möge sieb
selber von den Reizen Reichenweiers und seiner Um
gebung überzeugen. Jüngern der Kunst aber sei das
Städtchen besonders empfohlen. de Pay.
Der Verband Deutscher Kunstgewerbe-
yereine
hielt am 28. März seinen 19. Delegiertentag unter Vor
sitz des Geheimrats Muthesius-Berlin in Halle a. S. ab.
Vertreten waren 39 Vereine mit 60 Stimmen. Nach Be
grüßung durch die Vertreter der Regierungen von Bayern,
Baden, Hessen, der Hansestädte Lübeck und Bremen,
der Universität und des Magistrats von Halle erstattete
Professor Dr. Lehnert-Berlin den Bericht des Ausschusses
für Beratung einer Gebührenordnung, der noch
einige Aenderungen des Entwurfs der Eisenacher Ord
nung vorschlug. In der Beratung über diesen Gegen
stand gab der Vorsitzende der Meinung Ausdruck, daß
es sich zunächst um einen Versuch handle und man auch
noch nicht wisse, ob der Richter die Gebührenordnung
sofort zur Grundlage seiner Entscheidungen nehmen
werde, ein Ziel, das im übrigen anzustreben sei. Baurat
Professor Haupt-Hannover beantragte, die Gebühren
ordnung anzunehmen und, wie der Berichterstatter vor
geschlagen habe, auf zwei Jahre einzuführen. Gegenüber
den Bedenken über die anscheinend zu hohen Forde
rungen wurde auf die aufgestellte Staffel verwiesen, nach
welcher sich mit wachsenden Gesamtkosten die Ent
wurfsgebühren gleichmäßig verringerten. Die Eisenacher
Früheres herzogl. württemb. Schloß, jetzt Schule
Gebührenordnung fand Annahme; und damit wurde ein
lange vorbereitetes verdienstvolles Werk, das dem engeren
Zusammenwirken des Kunsthandwerkers mit dem Künstler
und auch zur Klärung des Verhältnisses des Kunst
gewerblers zum Besteller dienen soll, zum formalen Ab
schluß gebracht. Es bildet einen Markstein im deutschen
Kunstgewerbe.
Der Direktor des Statistischen Amts, Dr. Wolff-Halle,
hielt einen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag
über Volkskunst. Es sei dies noch ein wirtschaftlich
ästhetisches Problem. Er stellte den Begriff ungefähr
fest als Ausschmückung von Gebrauchsgeräten und
Schöpfung von Phantasieluxusgegenständen, vom Volke
erdacht und vom Volke ausgeführt, und legte dies des
näheren dar. Bei der Besprechung dieses Gegenstandes
fand Dr. Pabst, daß der Begriff zu sehr von der wissen
schaftlichen Seite gefaßt sei. Herr Lademann-Berlin
wendete sich gegen die Bemerkung, die Volkskunst sei
tot. Sie zeige sich in den Großstädten und nehme nur
andre Formen an. Herr Weiß und Baurat Professor
Haupt stimmten den Ausführungen des Vortragenden bei.
Dr. Dohrn begrüßte den Vortrag als den Anfang einer
künftigen besseren Praxis. Mit dem Worte „Volkskunst“
werde Unfug getrieben. Nach einem Schlußwort des
Vortragenden wurde der Antrag angenommen, den Vor
trag im Verbandsbericht zu veröffentlichen.
Das Referat des Kunstgewerbevereins zu Magdeburg
über die Mitwirkung der Kunstgewerbevereine auf dem
Gebiete des Denkmalschutzes und des Städte
baues gab Dr. Schmidt-Magdeburg und empfahl tat
kräftige Mitarbeit an den Bestrebungen des Denkmal
schutzes und an der Abfassung von Ortsstatuten zur
Verhinderung ungeeigneter Straßenbilder und Förderung
durch Halten von Vorträgen und Veranstaltung von
Preisausschreiben und durch Verbindung mit andern
Vereinen ähnlicher Richtung. Als Mitberichterstatter
legte Museumsdirektor Dr. Sauerlandt dar, daß der
Hallesche Kunstgewerbeverein bereits in dieser Ange
legenheit vorgegangen sei und eine Reihe Abbildungen
von Kunstdenkmälern herausgegeben habe. Professor
Beuhne-Hamburg unterstützte diesen Antrag; in Ham
burg habe man damit auch schon angefangen. Professor
Högg-Bremen wollte den Nachdruck darauf gelegt wissen,
daß die Kunstgewerbevereine auch einen gewissen Ein-