29. Mai 1909
BAUZEITUNG
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nis, weshalb sie sich bewähren, liegt in der Tat
sache, daß guter Mörtel verwandt wird.
Oaptain Sewell, Vertreter des Kriegsministe
riums der Vereinigten Staaten, äußert sich wie
folgt: Das Ergebnis in Baltimore und San Fran-
zisko zeigt in keiner Weise, daß Ziegel oder Beton
unter allen Umständen schlecht oder gut seien.
Beide Feuersbrünste zeigten ganz deutlich, daß
in der Verwendung beider Baustoffe die handels
üblichen Methoden ungenügend sind . . . daß also
auch gute Ergebnisse mit beiden Stoffen erzielt
werden können. Ein Brand ergibt niemals genau
vergleichbare Ergebnisse, aber soweit solche vor
handen sind, denke ich, daß ohne Frage der beste
zurzeit zur Verfügung stehende Stoff guter ge
brannter Ton ist. AVas den Beton betrifft, so kann
nicht bezweifelt werden, daß guter Klinkerbeton
aus gutgebrannten Klinkern, Portlandzement und
Sand ein ausgezeichnetes feuersicheres Material
ist. Er ist besser als irgend etwas andres, aus
genommen die besseren Arten gebrannter Ton
erzeugnisse, aber die Art, in der Schlackenzement
gewöhnlich angewandt wird, ist im ganzen nicht
besser als der minderwertige Ziegelbau, mit dem
er in Wettbewerb steht; tatsächlich ist es nicht
sicher, daß er nicht noch schlechter sei. P. P.
Die neue Bauordnung in der Ersten
Kammer
Auch bei diesem Abschnitt haben die Be
schlüsse der Zweiten Kammer Aenderungen er
fahren, und zwar größtenteils in günstigem Sinne.
Der Art. 4 ist im wesentlichen beibehalten
worden; sein Abs. 6 ist ziemlich bedeutungslos
für die Praxis, weshalb es der Einfachheit des
Vollzugs wegen besser ist, wenn nicht der schwerfällige
Apparat eines Gemeinderats, sondern der Ortsvorsteher
befugt ist, Anordnungen zu treffen, um die nötigen
vorbereitenden Handlungen zur Feststellung eines Orts
bauplans vornehmen zu können.
Der Art. 5 handelt von der Feststellung der Orts
baupläne. Die grellste Differenz bildet auch hier die
Frage der Zuständigkeit. Die Zweite Kammer will den
Bezirksrat bzw. das Ministerium als Vollziehbai'keits-
instanz, die Erste Kammer aber räumt diesen Behörden
das Recht der Genehmigung ein, und wenn keine Ein
sprachen vorliegen, kann sogar das Oberamt an Stelle
des Bezirksrates treten, was sehr zu begrüßen ist im
Interesse einer raschen Erledigung. Auch hier wahren
die Beschlüsse der Ersten Kammer die Interessen der
Techniker und deren Bauherren besser als jene der
Zweiten Kammer. Es übt ein Ortsbauplan sehr bedeu
tende wirtschaftliche Wirkungen aus. Die naheliegende
Gefahr, daß dominierende Männer einer Gemeinde oder
eines Oberamts eine Gewaltherrschaft — wenn auch
hinter geschlossenen Türen — ausüben könnten, ist nun
in der Hauptsache beseitigt.
Die in Art. 5b und 5c angeführte, über ganze Be
zirke zu verhängende Bausperre ist nach der Zweiten
Kammer ein Gewaltmittel für die Gemeindekollegien;
niemand konnte sich gegen dieselbe wehren, und nach
drei Jahren endlich würde sie außer Kraft treten, um
allenfalls in etwas geänderter Form wieder aufs neue in
Tätigkeit zu treten. Eine köstliche Waffe für den Bureau-
kratismus im Kampfe gegen den Fortschritt! Mit Recht
ändert hier die Erste Kammer, verlangt Gründe, kürzt
die Fristen und schafft ein Beschwerderecht. Im Gegen
satz zu andern Veröffentlichungen sei hier gesagt, daß
Vorzimmer im Landhaus Eigot Varembe bei Genf
es sehr erfreulich ist, wenn bei der Schaffung von Orts
bauplänen die angrenzenden Besitzer hiervon besonders
benachrichtigt werden; dies ist bezüglich der Lasten in
Art. 15 eine der Ordnung und Gerechtigkeit entsprechende
Notwendigkeit, und wenn der Zeitaufwand auf Kosten
unnötiger Zustellungen geht, dann wirkt die Vorschrift
doppelt wohltätig.
Es sollen nur Beteiligte an den Ortsbauplänen ein
Einspruchsrecht haben. Wer ist aber beteiligt? Sind
hier nur die Grundbesitzer gemeint? Es wäre dies zu
bedauern im Hinblick darauf, daß auch ästhetische Werte
auf dem Spiel stehen und daß durch langjährige Miets
kontrakte auch die nichtbesitzende Klasse vielfach ein
Interesse an der Feststellung oder Abänderung von Orts
bauplänen hat. Eine präzisere Passung dürfte deshalb
hier angezeigt sein.
Ueber die Herstellung und Unterhaltung der Orts
straßen soll nach Art. 10 im Verordnungsweg Bestim
mung getroffen werden. Soweit nicht die Wegordnung
hier in Betracht kommt, sollten diese lokalen Bedürfnisse
den Gemeinden überlassen werden. Nur nicht überall
Zwang, lieber Verantwortung auferlegen!
Der Artikel 15 ist genügend bekannt. Naturgemäß
würde der Techniker seine Gelder gerner zur Raum
schaffung als zu öffentlichen Straßen verwenden. Es
ist zu hoffen, daß die Ortsbausatzungen keine indirekte
Steuer aus demselben konstruieren und darauf Rücksicht
nehmen, daß die Straßenbeiträge entsprechend der Wert
steigerung der angrenzenden Grundstücke durch die
Straßendurchführung und die Anbauvorschrifteu festge
stellt werden und daß beispielsweise die allseits angestrehte
weiträumige Bauweise nicht auch hier einem Hindernis
begegnet. Dieser leidige Widerspruch, daß bei dichter